Kampfjet-Legende MiG-21: Ihre unglaubliche Karriere in Europa

65 Jahre an fast allen Fronten
Die unglaubliche Karriere der MiG-21 in Europa

Veröffentlicht am 19.04.2025

Am Ende der europäischen Karriere der MiG-21 ist vieles wieder so, wie an deren Anfang. Der Kontinent ist in zwei unversöhnliche Lager geteilt. Die Verschärfung der politischen Situation hat dazu geführt, dass die letzten MiG-21-Basen wieder zu den Sperrgebieten wurden, die sie einst im Kalten Krieg waren. Die wenigen öffentlichen Auftritte der MiG-21 beschränkten sich auf offizielle Anlässe. Nur eines hat sich geändert: die MiG-21 hat die Seiten gewechselt und flog zuletzt nur noch in der NATO. Mit Kroatien nahm Ende 2024 Europas letzter Betreiber Abschied von der MiG-21 – nach über 30 Jahren Einsatz, auch mit scharfem Schuss. Kroatien war zugleich Anfang der 90er-Jahre das letzte Land in Europa, das die MiG-21 in Dienst stellte. Lassen wir den Rückblick auf die lange europäische Karriere der MiG-21 also genau dort beginnen.

Letzter Neukunde ist letzter Betreiber

Im Dezember 1991, fünf Monate nachdem Kroatien seine Unabhängigkeit von Jugoslawien erklärt hat, werden die kroatischen Luftstreitkräfte gegründet. Sie verfügen zwar über qualifiziertes Personal, doch fehlt es ihnen an Kampfflugzeugen. Das ändert sich, als es im Februar und Mai 1992 drei kroatischen Piloten gelingt, mit ihren MiG-21 von jugoslawischen Flugplätzen zu desertieren und diese Maschinen ins Heimatland zu bringen. Zwar gehen wenig später zwei der drei "neuerworbenen" Maschinen verloren. Trotz der UN-Sanktionen gegen alle ex-jugoslawischen Staaten schafft es Kroatien jedoch, insgesamt 27 MiG-21 in Kirgisistan zu erwerben. Der schlechte technische Zustand der Flugzeuge – sie sind seit längerer Zeit abgestellt – erfordert allerdings erheblichen Aufwand zur Wiederherstellung.

Ihren großen Auftritt haben die kirgisischen Maschinen bei den siegreichen Operationen des Jahres 1995. Im Mai beginnt die Operation "Blitz" zur Befreiung Westslawoniens, im August folgt die Operation "Sturm". Vier Tage lang greifen die Kroaten auf einer Front von 700 Kilometern Länge die bosnisch-serbischen Truppen an, erobern die von diesen als Krajina bezeichnete Region zurück und erlangen die Kontrolle über die auch international anerkannten Landesgrenzen. Nach kroatischen Angaben fliegt dabei jede der eingesetzten MiG-21 mindestens sechs Einsätze pro Tag – ausschließlich in der Luft-Boden-Rolle. Luftkämpfe sollen nach übereinstimmender Aussage beider Seiten nicht stattgefunden haben.

Mikojan-Gurewitsch MiG-21 an allen Orten.
Holger Müller

Modernisierung und Korruption

Nach dem Ende der Kämpfe beginnt eine Phase der Konsolidierung. Der Schwerpunkt liegt jetzt auf der Ausbildung des fliegerischen Nachwuchses. Um die weitere Einsatzfähigkeit der angejahrten Maschinen zu sichern, beginnen Ende 90er-Jahre Planungen für eine Modernisierung der MiG-21-Flotte. Verhandlungen dazu werden sowohl mit SOKOL in Russland als auch mit IAI und Elbit in Israel geführt. 2002 vereinbart Kroatien schließlich mit Aerostar Bacău in Rumänien die Modernisierung von acht MiG-21bis und vier MiG-21UM. Die Modernisierungsmaßnahmen umfassen neben der Überholung von Zelle und Triebwerk neue Freund-Feind-Kennungs-, Funk- und Navigationsgeräte.

Die modernisierten Maschinen, die die Bezeichnung MiG-21bisD und MiG-21UMD erhalten, sind damit fit für ein weiteres Jahrzehnt. Da die Beschaffung eines Nachfolgemusters aber auch in der Folgezeit an fehlenden Mitteln scheitert, entschließt sich die kroatische Regierung 2013 zu einer erneuten Überholung der MiG-21 sowie zur Beschaffung einiger Ersatzmaschinen.

Diesmal geht der Auftrag diesmal nicht nach Rumänien, sondern an OdesAviaRemServis in der Ukraine – auf Grund massiver Korruption, wie sich später herausstellt. Entsprechend düster fällt das Ergebnis aus: von den fünf "neuen" Maschinen, die der ukrainische Auftragnehmer als Ersatz für abgeflogene Maschinen liefert und die eigentlich für den zahlungsunfähigen Jemen bestimmt waren, erweisen sich vier als ex-sowjetisch und ex-bulgarisch mit dubiosen Papieren und werden von den Kroaten dauerhaft abgestellt. Nur ein echter Neuzugang aus Algerien verfügt über eine korrekte Dokumentation – und fliegt in Kroatien bis zuletzt. Da auch ein Doppelsitzer nicht lange nach der Lieferung ausfällt, bleiben den Kroaten statt zwölf nur noch sieben Maschinen.

Nachdem ein Doppelsitzer Ende 2022 abstürzt und zwischenzeitlich alle anderen Betreiber ihre MiG-21 außer Dienst gestellt haben, sind schließlich in Europa nur noch die sechs kroatischen MiG-21 übrig. Mit Ankunft der ersten Dassault Rafale aus Gebrauchtbeständen der französischen Luftwaffe im Frühjahr 2024 in Zagreb landen auch diese letzten MiGs endgültig auf dem Altenteil.

Archiv FLUG REVUE

Ikone des Kalten Krieges

Dass die MiG-21 überhaupt so lange fliegen würde, scheint 65 Jahre zuvor, als die Einsatzgeschichte des Musters im europäischen Teil der Sowjetunion beginnt, fast unvorstellbar. Nachdem das Versuchskonstruktionsbüro Mikojan-Gurewitsch in Moskau die erste MiG-21-Generation zur Einsatzreife entwickelt hat, nimmt das staatliche Flugzeugwerk Nr. 21 (GAZ 21) "Sergo Ordschonikidse" in Gorki (Nischni Nowgorod) im zweiten Halbjahr 1959 die Serienproduktion auf.

Das erste Serienflugzeug MiG-21F wird am 8. Februar 1960 eingeflogen. Am 5. März 1960 beginnen Werkspiloten aus Gorki mit der Überführung von MiG-21F zum 32. Gardejagdfliegerregiment (GwIAP) in Kubinka bei Moskau, wo zwei Staffeln mit dem neuen Typ ausgestattet werden. Binnen zweier Monate starten alle Piloten der Einheit zum Erstflug auf dem Muster. Vorangegangen ist die Umschulung von Flug- und Bodenpersonal im Werk in Gorki sowie beim Versuchsinstitut der Luftstreitkräfte in Achtubinsk.

Die MiG-21F ist zugleich auch die erste MiG-21-Version, die bei den im europäischen Ausland stationierten sowjetischen Fliegertruppenteilen in Dienst gestellt wird. Bereits 1960 erhalten Regimenter in der DDR und Polen das neue Muster. Die deutschen Standorte Jüterbog und Köthen sowie das polnische Chojna sind die ersten MiG-21-Basen außerhalb der Sowjetunion. Binnen eines Jahres folgt mit der MiG-21F-13 bereits die nächste Variante, die nun auch in Zerbst und Wittstock fliegt.

Karrierestart im Ausland

Als 1962 die ersten Einheiten der 16. Luftarmee mit den MiG-21-Versionen der zweiten Generation ausgestattet werden, die anders als ihre Vorgänger ein Funkmessvisier besitzen, hat auch die Auslieferung an die Streitkräfte des Warschauer Vertrags begonnen. Erste Einzelexemplare treffen bereits 1961 in der CSSR und Polen ein. Während die tschechoslowakische Maschine als Musterflugzeug für die spätere Lizenzproduktion in Lande dient, wird die polnische zur Ausbildung von Piloten und Technikern im Lande verwendet. Das Personal der anderen künftigen MiG-21-Nutzer absolviert in der Zwischenzeit seine Ausbildung in der Sowjetunion, in Krasnodar im äußersten Süden Russlands. Am 11. April 1962 absolviert hier auch der erste Flugzeugführer der Nationalen Volksarmee seinen ersten MiG-21-Flug.

Im Laufe des Jahres 1962 erhält die DDR ihre ersten fünf MiG-21. Sie treffen im Mai 1962 beim Jagdfliegergeschwader 8 in Marxwalde ein. Lieferungen an die Luftstreitkräfte Polens (September), Ungarns (Oktober) und Rumäniens (Oktober) folgen. Zeitgleich werden die ersten Flugzeuge aus der Lizenzproduktion bei Aero Vodochody an die tschechoslowakischen Luftstreitkräfte ausgeliefert. Polen, das zuvor noch die MiG-17 in Lizenz gefertigt und Jugoslawien, dessen Führung ebenfalls den Wunsch nach einer eigenen Produktionslinie geäußert hatte, erhalten die Genehmigung zum Lizenzbau hingegen nicht.

Anders als bei den Vorgängermustern MiG-17 und MiG-19 gehören mit Jugoslawien und Finnland auch Staaten zum MiG-21-Kundenkreis, die nicht dem Warschauer Pakt angehören und die beide zuvor ausschließlich westliches Fluggerät im Bestand hatten. Vorerst letztes Mitglied im europäischen "MiG-21-Club" sind die bulgarischen Luftstreitkräfte, die die ersten MiG-21 im September 1963 erhalten.

Mikojan-Gurewitsch MiG-21 an allen Orten.
Holger Müller

MiG-21 an allen Orten

In den folgenden Jahren wachsen die europäischen MiG-21-Flotten immer weiter an. Immer mehr Regimenter werden mit dem Flugzeug ausgestattet. Als 1968 der Einmarsch der Truppen des Warschauer Vertrags in die CSSR den "Prager Frühling" beendet, sind unter den Invasionstruppen allein zehn MiG-21-Regimenter, von denen in der Folge zwei im Lande verbleiben. 1970 kommt – über Umwege – ein weiteres europäisches MiG-21-Nutzerland: Albanien, das Jahre zuvor mit der Sowjetunion gebrochen hat, erhält zwölf Maschinen aus China. Höchstwahrscheinlich handelt es sich dabei um aus der Sowjetunion an China gelieferte Teilesätze, die dort komplettiert worden sind.

Etwa zu dieser Zeit erreichen die Stückzahlen der MiG-21 in Europa ihren Höhepunkt. Während bei den sowjetischen Einheiten die ersten MiG-23 die Vorgängerversion ablösen, gehen die MiG-21-Lieferungen an die anderen europäischen Nutzer unvermindert weiter. Schließlich dürften es rund 4.000 MiG-21 gewesen sein, die Anfang bis Mitte der 70er-Jahre in rund 110 europäischen Regimentern flogen – darunter 73 sowjetische, ein albanisches, sechs bulgarische, sieben deutsche, drei finnische, vier jugoslawische, neun polnische, sechs rumänische, neun tschechoslowakische und drei ungarische. Während insgesamt gut 2.700 Maschinen bei den nichtsowjetischen Nutzer im Einsatz standen, lässt sich die Zahl der MiG-21, die im Laufe der Jahre bei den sowjetischen Einheiten in Europa flogen, kaum mehr ermitteln. Sicher ist aber, dass insgesamt mehr als die Hälfte der über 10.000 in der Sowjetunion gebauten MiG-21 von europäischen Basen operierte.

Mikojan-Gurewitsch MiG-21 an allen Orten.
Holger Müller

Gebrauchte Sowjet-MiGs

Die finalen Einsitzer MiG-21bis aus Gorki erhält Mitte 1986 Finnland, den letzten Doppelsitzer MiG-21UM aus der Fertigung in Tiflis Ende des gleichen Jahres Jugoslawien. Während also noch neue Maschinen ausgeliefert werden, wird die MiG-21 bei den sowjetischen Fliegerkräften in den 80er-Jahren Stück für Stück durch Flugzeuge der nächsten und übernächsten Generation ersetzt. Als 1986 die letzten sowjetischen MiG-21 die DDR und 1989 auch Polen verlassen, gibt es auch im europäischen Teil der Sowjetunion nahezu keine MiG-21-Einsatzregimenter mehr. Die Flugzeuge werden entweder an Schuleinheiten, in die mittelasiatischen Militärbezirke oder an Verbündete abgegeben. So erhält Bulgarien noch 1990 42 gebrauchte MiG-21bis und MiG-21UM. Gleichzeitig werfen kommende Ereignisse ihre Schatten voraus: im Rahmen der Abrüstungsinitiative des Warschauer Vertrags werden ganze Regimenter aufgelöst und ihre Maschinen außer Dienst gestellt. In der DDR ist das JG-7 in Drewitz betroffen, in der Tschechoslowakei das 4. slp in Pardubice und in Polen das 2. PLM in Goleniów.

Mikojan-Gurewitsch MiG-21 in DDR und BRD.
Guido E. Bühlmann

Erst in den Schrott, dann in die NATO

Als 1989/90 die politischen Umbrüche zunächst zum Sturz der kommunistischen Regierungen und 1991 schließlich zur Auflösung des Warschauer Pakts führen, ist die MiG-21 dennoch das zahlenmäßig dominierende Muster in den Luftstreitkräften Ost- und Südosteuropas. Allerdings schrumpfen die Flotten ab diesem Punkt mit größerer Geschwindigkeit. Zunächst werden alle 251 von insgesamt 556 MiG-21 der NVA, die in den Bestand der Bundeswehr übergehen, stillgelegt und größtenteils verschrottet. In allen anderen Nutzerländern sind zuerst die ältesten Versionen von der Ausmusterung betroffen. So stehen in Polen Ende 1992 noch rund 280 MiG-21 von einstmals 582 Maschinen im Einsatz und bei der Auflösung der Tschechoslowakei gehen 92 (Tschechien), beziehungsweise 70 (Slowakei) von ursprünglich 464 Flugzeugen an die Nachfolgestaaten über.

Die – bereits erwähnten – kroatischen und die jugoslawischen MiG-21 sind es, die in der ersten Hälfte der 90er-Jahre die Schlagzeilen bestimmen. Nach den Unabhängigkeitserklärungen der meisten Teilrepubliken im Sommer 1991 gehen die latenten Spannungen zwischen den Volksgruppen Jugoslawiens in offene Auseinandersetzungen über. Die serbisch dominierten Luftstreitkräfte werden immer stärker in diesen Konflikt verwickelt. Ihre Feuertaufe erleben die MiG-21 beim erfolglosen Versuch, die Abspaltung Sloweniens zu verhindern. Wesentlich umfangreicher ist jedoch die Rolle der MiG-21 im Krieg in Kroatien, der zur gleichen Zeit beginnt. Mehrere hundert Mal steigen die MiG-21 zu Einsätzen auf. Dabei verletzten sie mehrfach den Luftraum Österreichs und Ungarns, ohne dass es aber zu Auseinandersetzungen mit Jagdfliegern der Nachbarn kommt.

Im August 1991 zwingen jugoslawische MiG-21 eine ugandische Boeing 707, die Waffen für Kroatien transportiert, zur Landung. Im Januar 1992 schießt eine in Željava stationierte MiG-21bis einen italienischen Hubschrauber der EU-Überwachungsmission ab. Im weiteren Verlauf der Kämpfe sichern die MiG-21, die dazu auch auf vorgeschobenen Basen stationiert werden, den Abzug der Bodentruppen vor allem gegen kroatische Einheiten. Insgesamt sechs MiG-21 büßen die jugoslawischen Luftstreitkräfte im Kriegsverlauf durch die kroatische Luftabwehr ein, weitere zwei gehen ohne Feindeinwirkung verloren.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Langlebig im Einsatz

Während im ehemaligen Jugoslawien gekämpft wird, fallen anderenorts wesentliche Entscheidungen über das weitere Schicksal der – nach heutigen Maßstäben – immer noch umfangreichen MiG-21-Flotten. Dass die MiG-21 in nennenswerter Stückzahl weiterfliegt, verdankte sie schon in früheren Zeiten – neben ihren vergleichsweise günstigen Betriebskosten – der Tatsache, dass nahezu alle europäischen Nutzer über eigene Möglichkeiten für die industrielle Instandsetzung verfügten. DDR-Flugzeuge wurden in Dresden, tschechoslowakische in Prag-Kbely, polnische in Deblin, bulgarische in Graf Ignatiewo, rumänische in Bacau, jugoslawische in Zagreb (sowie später in Batajnica) und ungarische in Tököl instandgesetzt. Diese Werke arbeiten nicht nur für die eigenen Luftstreitkräfte: So sind am Himmel Europas zuweilen auch irakische, syrische oder ägyptische MiG-21 zu sehen. Die eine oder andere dieser Maschinen ist letztlich sogar hier gestrandet, wie die irakischen MiG-21, die infolge des Kriegs von 1991 nicht mehr ausgeliefert wurden und wohl noch heute im serbischen Batajnica stehen.

Die verfügbaren einheimischen Industriekapazitäten kommen dann auch ins Spiel, als sich in den 90ern einzelne Nutzer für eine mehr oder minder umfassende Modernisierung ihrer MiG-21 entscheiden. Das mit Abstand umfassendste Modernisierungsprogramm startet Rumänien, um angesichts eines beschränkten Budgets NATO-kompatible Flugzeuge zu erhalten. Mit Multifunktionsradaren bzw. Radarentfernungsmessern, Helmvisieren und Blickfelddarstellungsgeräten aus Israel, französischen und israelischen Raketen sowie zahlreichen weiteren westlichen Avionikkomponenten schaffen Aerostar Bacău und Elbit mit der MiG-21 LanceR eine Version, die zeitgenössischen F-16 ausrüstungsseitig weitgehend ebenbürtig ist. 1997 werden die ersten von insgesamt 111 MiG-21 LanceR an die Luftstreitkräfte ausgeliefert. In Tschechien werden seit Anfang 2000 zehn MiG-21 einer beschränken Avionik-Modernisierung unterzogen. Nicht mehr benötigte Komponenten werden entfernt, veraltete durch aktuelle westliche und russische Geräte ersetzt oder ergänzt. Radar und Bewaffnung bleiben allerdings unverändert, so dass sich der Kampfwert dieser als MiG-21MFN (N für NATO) bezeichneten Maschinen nicht erhöht.

Mit dem NATO-Beitritt Polens, Tschechiens und Ungarns am 12. März 1999 wird die MiG-21 Teil eines Bündnisses, zu dessen Abwehr sie einst entstand. Mit Bulgarien und Rumänien 2004 und Kroatien 2009 treten später weitere MiG-21-Nutzer dem Bündnis bei.

Mikojan-Gurewitsch MiG-21 an allen Orten.
Holger Müller

Abschied auf Raten

Während in Südosteuropa die Zukunft der MiG-21 vorerst gesichert ist, beginnt 1998 im Norden ihre Ablösung. Finnland, ohnehin der westliche Exot unter den europäischen Nutzern, wechselt den Lieferanten und stellt mit der F/A-18 ein zwei Generationen neueres Muster aus den USA in Dienst. Zuvor wird die MiG-21 und die mit ihr zu Ende gegangene Epoche aber noch finnisch-zünftig gefeiert. Im gleichen Jahr werden in Russland alle einstrahligen Einsatzmuster – und damit auch die MiG-21 – stillgelegt. In der Ukraine fliegen zu diesem Zeitpunkt nur noch Werksmaschinen. Die nächste Außerdienststellung folgt in Ungarn, wo die MiG-21 ersatzlos in Rente gehen und nur die parallel betriebene MiG-29 im Einsatz bleibt. Das Gleiche passiert 2002 in der Slowakei. Albanien legt zeitgleich im Rahmen einer Umstrukturierung alle Flächenflugzeuge der Luftstreitkräfte still. Ende 2002 hebt dort letztmalig eine MiG-21 zu einem kurzen Flug ab, eine förmliche Außerdienststellung gibt es nicht. Polen stellt seine MiG-21 2003 außer Dienst. Der Ersatz in Form von F-16 folgt allerdings erst mit drei Jahren Abstand – anders als in Tschechien, wo im Juli 2005 die JAS-39 Gripen bereits im Dienst steht, als die MiG-21 ihren Abschied feiert.

Damit sind noch Bulgarien und Serbien, wo die MiG-21 fast unverändert weiterfliegt, sowie Rumänien und Kroatien als Betreiber übrig. Bemerkenswert ist, dass die MiG-21 in jedem europäischen Nutzerland ihre Nachfolgerin MiG-23 überlebt hat und in zwei Ländern – Tschechien und Rumänien – sogar die zwei Generationen neuere MiG-29.

Mikojan-Gurewitsch MiG-21 an allen Orten.
Holger Müller

Absturz in Serbien

Nachdem sie zuvor – auch mit Hilfe von RSK MiG – zweimal eine Lebensdauerverlängerung erhalten hatten, werden im Dezember 2015 die letzten drei aktiven MiG-21 der bulgarischen Luftstreitkräfte – eine MiG-21UM und zwei MiG-21bis – mit einem Überflug über ihre Heimatbasis Graf Ignatiewo verabschiedet.

Der Absturz einer MiG-21UM – der wahrscheinlich letztgebauten MiG-21 aus sowjetischer Produktion – am 26. September 2020, bei dem die beiden Flugzeugführer ums Leben kommen, markiert das Ende der MiG-21 in Serbien. Nachdem die letzten MiG-21bis schon 2014 und 2015 außer Dienst gestellt worden sind, verblieben noch drei Doppelsitzer MiG-21UM im Bestand, von denen die abgestürzte die einzige aktive Maschine war. Zuvor hatte der Kommandeur der serbischen Luftstreitkräfte noch mitgeteilt, dass die vorhandenen MiG-21 bis 2025 in Dienst bleiben sollen. Der Absturz macht diese Pläne zunichte. Mit einer Zeremonie in Batajnica am 21. Mai 2021 wird der Einsatz der MiG-21 bei den serbischen Luftstreitkräften offiziell beendet.

Rumänien kauft F-16

In Rumänien kündigt sich mit der 2016 beginnenden Lieferung von 17 modernisierten F-16 aus Portugal der Abschied von der MiG-21 an. Mit rund 25 Exemplaren, die immer noch regelmäßig die industrielle Instandsetzung in Bacau durchlaufen, bildet die MiG-21 aber weiterhin das Rückgrat der Kampfjet-Flotte und hat durchaus genug Saft für einige Jahre weiteren Betrieb. Das ändert sich schlagartig, als am 2. März 2022 eine MiG-21 LanceR in Kreis Constanța abstürzt, der Pilot ums Leben kommt und bei der anschließenden Rettungsaktion alle sieben Besatzungsmitglieder eines Hubschraubers sterben. Daraufhin setzen die Rumänen den Flugbetrieb mit MiG-21 aus. Zwar kehren die MiGs schon einen Monat später wieder an den Himmel zurück – allerdings mit Ablaufdatum zum 15. Mai 2023. An diesem Tag landen jeweils drei MiG-21 aus Câmpia Turzii und Feteşti in Bacău, wo nach einer kurzen Zeremonie mehr als 60 Jahre MiG-21-Einsatz in Rumänien ihr Ende finden – und das, obwohl im Nachbarland Ukraine Krieg herrscht und die als Ersatz für die MiG-21 beschafften norwegischen F-16 frühestens zum Jahresende zur Verfügung stehen.

Mikojan-Gurewitsch MiG-21 an allen Orten.
Holger Müller

Schafft die MiG-21 70 Jahre Dienst?

Nach dem endgültigen Abschied in Europa Ende 2024 in Kroatien ist die MiG-21 auch weltweit auf dem Rückzug. Indien als einstmals zweitgrößter MiG-21-Nutzer wird seine letzten Maschinen spätestens 2025 außer Dienst stellen. Längerfristig dürfte nur der Betrieb in Nordkorea gesichert sein. Ansonsten könnten MiG-21 noch in Kuba, Libyen und Mosambik fliegen. Die syrischen MiG-21, die noch 2020 in Fernsehberichten bei Kampfeinsätzen zu sehen waren, werden kaum den Vormarsch der Rebellen, ganz sicher aber nicht die Luftschläge der Israelis überstanden haben. In Kuba standen zuletzt auf offiziellen Bildern drei, vier Maschinen an der Vorstartlinie. Ob sie noch fliegen, wer weiß? Libyen hatte zusätzlich zu den MiG-21bis, die den Bürgerkrieg überlebten, noch einige MiG-21MF aus Ägypten bekommen, die auch Kampfeinsätze flogen. Ob davon noch welche übrig sind? In Afrika ist es zudem gut zehn Jahre her, dass Mosambik acht komplett überholte Maschinen aus Rumänien bekommen hat. Früher hielt aus dem Ausland gelieferte Technik dort immer nur kurze Zeit. Ob es diesmal anders ist? Einige MiG-21 in privatem Besitz fliegen darüber hinaus in den USA und können sicher noch einige Zeit weiterbetrieben werden.

Etwas besser sieht es bezüglich der chinesischen MiG-21-Varianten J-7 (für den Inlandsbedarf) und F-7 (für den Export) aus, wo die letzten Exemplare erst 2016 die Werkhallen verließen. Außer in China fliegen diese Jets in Bangladesch, Iran, Myanmar, Namibia, Nigeria, Pakistan, Simbabwe, Sri Lanka und Tansania. Die einstmals großen Flotten in China und Pakistan sind zwischenzeitlich aber ebenfalls massiv geschrumpft und fliegen heute zumeist nur noch in der Trainingsrolle.

Trotz allem besteht gute Hoffnung, dass die MiG-21 im Jahr 2030 auch noch ihr 70. Einsatzjubiläum erreicht – nur eben nicht auf europäischem Boden.