Mit mehr als 850 Kampfjets zählte die Royal Air Force (RAF) in der Endphase des Kalten Krieges zu den größten Luftstreitkräften der Welt. Die legendäre English Electric Lightning war gerade ausgemustert worden, dafür sorgten Tornado, F-4 Phantom II, Harrier und Jaguar sowie der Atombomber Handley Page Victor dafür, dass viele Nationen voller Ehrfurcht auf die Luftmacht des Königreichs blickten. 2007 war diese Luftmacht in der Breite bereits deutlich geschrumpft, die Aufgaben hatten sich geändert, zahlreiche Typen fanden sich auf dem Abstellgleis wieder. Statt mit 850 flog die RAF nun nur noch mit 210 Kampfjets – mehr als drei Viertel davon waren Tornados, denen 32 Eurofighter Typhoon zur Seite standen – schneller, wendiger und schwerer bewaffnet.

43 Prozent weniger Kampfjets als 2007
Mit der Ausmusterung des Tausendsassas Tornado im Frühjahr 2019 brach die Zahl der aktiven Kampffluzeuge der RAF jedoch nochmals dramatisch ein – und ist trotz gleichzeitiger Einführung der Lockheed F-35 geradeso dreistellig geblieben: Gegenwärtig besteht das britische Fighter-Arsenal aus lediglich 119 Flugzeugen, davon 102 Eurofighter und 17 F-35B Lightning II. Zumindest quantitativ ist das der niedrigste Wert, den es je in der 101-jährigen Geschichte der RAF gab, rechnet die Zeitung Daily Mail in einem Online-Artikel vor. Selbst im Ersten Weltkrieg waren die britischen Luftstreitkräfte demnach zahlenmäßig besser ausgestattet.

„Kein Flugzeug kann gleichzeitig an mehr als einem Ort sein“
Für die Leistungsfähhigkeit der Luftwaffe sei der zahlenmäßige Einbruch jedoch unerheblich, heißt es aus Kreisen der RAF. Tatsächlich sind die britischen Kampfjets nach wie vor international an vorderster Front aktiv. Ende Juni flogen die nagelneuen F-35B ihre ersten Kampfeinsätze gegen den Islamischen Staat (IS) über Syrien und dem Irak. Dennoch schlagen Analytiker wie der Luftfahrtjournalist Gareth Jennings laut Daily Mail Alarm: Trotz der hochentwickelten Fähigkeiten der heute eingesetzten Flugzeuge sei es klar, dass sich „kein Flugzeug, egal wie leistungsfähig es ist, zur selben Zeit an mehr als einem Ort befinden“ könne. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, bedeute die zahlenmäßige Schwächung des Kampfjet-Arsenals in Sachen Kampfkraft sehr wohl auch qualitative Einbußen.
Die Bedenken wiegen umso schwerer, als dass eine gravierende Änderung des Status Quo so schnell nicht eintreten wird. Zwar wird die Anzahl der eingesetzten F-35 in den nächsten Jahren weiter anwachsen – Großbritannien hat bei Lockheed insgesamt 138 Lightning II bestellt. Doch selbst bis die erste Charge von 48 Flugzeugen komplett geliefert ist, werden etwa fünf Jahre ins Land ziehen.

Royal Air Force bleibt gelassen
Die Streitkräfte selbst scheint dieser Umstand nicht aus der Ruhe zu bringen. Man verfüge nach wie vor über genügend Kampfflugzeuge, die man zur Erfüllung der globalen Verpflichtungen benötige, zitiert die Daily Mail einen RAF-Sprecher. Außerdem „investieren wir in eine Luftwaffe von Weltklasse, damit wir den Bedrohungen, denen wir in Zukunft ausgesetzt sein werden, entgegenwirken können“, so der Sprecher weiter. Mit der Kombination aus Typhoon und Lightning II sei die RAF zudem eine von nur wenigen Luftmächten weltweit, die Synergien von Kampfjets der vierten und fünften Generation nutzen könne. Großbritannien sei daher weiter voll und ganz dem Kampf gegen den IS und dem Beitrag der RAF zur globalen Koaltion verpflichtet – und ist offenbar trotz geschrumpfter Luftwaffe fähig und willens, diesen Worten weiter Taten folgen zu lassen.