Spaniens Luftraum und damit der vom routinemäßigen NATO Air Policing erfasste Bereich endet nicht etwa am Südzipfel Europas in Gibraltar, sondern reicht über 1200 Kilometer weiter nach Südwesten bis über die Kanarischen Inseln vor der Küste Afrikas hinaus (und übrigens weit nach Westen bis zu den zu NATO-Mitglied Portugal gehörenden Azoren). Die Ejército del Aire hat deshalb auf der Gando Air Base auf Gran Canaria das Geschwader Ala 46 mit etwa 20 Boeing F/A-18A+ Hornets sowie einigen CN235-Transportern und AS.332- und AS.532-Hubschraubern von Airbus stationiert. Ihre Aufgaben sind die Luftverteidigung der Inseln sowie der Such- und Rettungsdienst.
Seit 2004 sind die Ala 46 und das Mando Aéreo de Canarias (Luftkommando der Kanaren) Gastgeber für eine groß angelegte Übung des MACOM (spanisches Combat Air Command), denn südlich der Kanaren erstreckt sich eine der größten Luftkampfübungsgebiete Europas mit einer Ausdehnung von etwa 300 mal 370 km. Über dem Atlantik. Abseits bewohnter Gebiete gibt es so gut wie keine Beschränkungen, auch Überschallflüge sind kein Problem.

Ocean Sky 2021
Für "Ocean Sky 2021" verlegten die spanischen Luftstreitkräfte etwa 20 Kampfjets vom Festland auf die Kanaren. Beteiligt waren Ala 11 aus Morón und Ala 14 aus Albacete, beide mit dem Eurofighter. Dazu kamen die Ala 12 aus Torrejón und die Ala 15 aus Saragossa, die die EF-18M Hornet fliegen. Mit dabei waren auch Super Pumas der 802 Escuadrón. Als ausländische Gäste kamen diesmal vier F-16C/D der griechischen Luftstreitkräfte (Mira 343 und Mira 337) sowie eine E-3A der NATO aus Geilenkirchen, die für zehn Missionen zur Verfügung stand.
Dissimilar Air Combat Training
"Ocean Sky" lief vom 15. bis 29. Oktober, wobei nach der Verlegung zunächst eine Theoriephase mit Briefings zu den Fähigkeiten der Flugzeuge und den Kampftaktiken anstand. Die Flugphase umfasste ein "Dissimilar Air Combat Training" (DATC – Luftkampf unterschiedlicher Muster) und eine "Mixed Fighter Force Operation" (MFFO – gemischte Missionen) mit einer breiten Palette von Szenarien, in die eine große Anzahl von Flugzeugen integriert wurde, um die Interoperabilität der teilnehmenden Einheiten zu verbessern und die eingesetzten Taktiken, Techniken und Verfahren zu bewerten und zu verbessern. Täglich waren 46 Einsätze geplant, die sich auf ein Zeitfenster am Morgen und eines am Nachmittag verteilten.

European Air Refuelling Training
Diese umfassten Eins-gegen-eins- sowie Sechs-gegen-sechs-/acht-Einsätze, die Durchsetzung einer Flugverbotszone, den Schutz hochwertiger Flugzeuge wie E-3A AWACS und Tankflugzeuge sowie CSAR (Combat Search and Rescue). Eine Besonderheit der diesjährigen Übung war die Einbindung von Tankern des European Air Transport Commands, das sein EART (European Air Refuelling Training) erstmals außerhalb der Heimatbasis in Eindhoven abhielt. Fünf Tanker waren eingeplant, doch kurzfristig sagten die Luftwaffe (A400M) und die Italiener (Boeing KC-767A) ab, so dass noch ein spanischer A400M, ein Phénix (A330 MRTT der 31ème Escadre der Armée de l’Air et de l’Espace und eine A330 MRTT des Multinational MRTT Unit der NATO übrig blieben – Letzterer auch nicht die ganze Zeit.
Nur drei Tanker vor Ort
Die vom zivilen Airport in Lanzarote aus operierenden Tanker hatten also gut damit zu tun, die täglichen zwei Wellen der Fighter aus Gando zu unterstützen. Zudem ging es um Multitanker-Missionen und Tanker-zu-Tanker-Rendezvous-Verfahren. Ein weiterer Schwerpunkt der Übung waren die Verfahren im Bedrohungsfall, so Colonel Salvatore Delillo, der als Übungsdirektor des EATC fungierte. Mit dabei waren neben den Crews auch sogenannte Mentoren, unter anderem auch aus Australien (Airbus-A330-Tanker), die den Ablauf begleiteten und mit ihrer Erfahrung wertvolle Inputs lieferten. Zwei Tanker-Orbits wurden für die rund vierstündigen Missionen genutzt, wobei A400M und A330 MRTT in unterschiedlichen Höhen flogen.

EART 21
Ein sehr wichtiger Aspekt bei EART 21 war die Logistik der Verlegung und der Vorbereitungen vor Ort, denn der Treibstoffverbrauch am Flughafen in Lanzarote ging während der zwei Übungswochen natürlich deutlich in die Höhe. Zwischen den Flügen waren die Techniker – über die Vorbereitung der Flugzeuge hinaus – gefragt, weiter an vereinheitlichten Wartungsvorschriften für A400M (AXET Manual des EATC) und A330MRTT zu arbeiten. Diesbezüglich waren auch Warte der Luftwaffe vor Ort. Problem: Obwohl beide auch zivil zugelassenen Flugzeuge eigentlich auf standardisierte Wartungsvorschriften von Airbus zurückgreifen können, haben sich die Vorschriften und Verfahren bereits wieder auseinanderentwickelt, so dass formal zum Beispiel ein deutscher Techniker keine spanische A400M zum Flug freigeben darf.
Verfahren in der Luft und am Boden
Auch wenn sich das EATC-Portfolio mit der Einführung des A330 MRTT und der KC-130J sowie der A400M in der Tankerrolle erheblich erweitert hat und man nun über umfangreiche Einsatzoptionen verfügt, gibt es also noch viel zu tun. "Die Verfügbarkeit der Mittel ist nur eine Seite der Medaille. Unsere Verantwortung besteht eindeutig darin, unsere Nationen mit taktisch geschulten und qualifizierten Besatzungen auszustatten und die Verfahren in der Luft und am Boden zu harmonisieren," sagte Generalmajor Andreas Schick, der Kommandeur des EATC in Lanzarote.

F-18-Nachfolger gesucht
Neben dem Eurofighter haben die spanischen Luftstreitkräfte immer noch eine beachtliche Flotte an F-18 Hornet im Dienst. Die bei der US Marine gebraucht gekauften F-18A+ auf den Kanaren sind dabei die ältesten und müssen ab Mitte des Jahrzehnts ersetzt werden. In der Pole Position für das "Halcon"- Programm sieht Airbus neu gebaute Eurofighter, einen Fighter, der "bewährt ist, den Anforderungen entspricht und Spanien in wirtschaft- licher und politischer Hinsicht hilft, zum Beispiel durch eine bessere Auslastung im Werk Getafe", erklärte Raul Tena, Verkaufsleiter für Kampfflugzeuge in Spanien. Welche Spezifikation genau geliefert werden könne, hänge vom Timing ab, so Tena. Die Arbeiten müssten 2022 starten, wenn 2025 geliefert werden soll.
Derzeit ist der Eurofighter-Bereich in Getafe damit beschäftigt, 17 Eurofighter der Tranche 1 zu modernisieren. Drei wurden bisher geliefert, die Arbeiten dauern noch bis 2023. Andere Eurofighter-Länder gehen diesen Weg nicht, aber für Spanien ist eine Aufrüstung zu "angemessenen Kosten" vernünftig, so Tena. Es komme immer darauf an, was man von einem Upgrade erwarte, und immerhin bekämen die modernisierten Maschinen ein AESA-Radar (Mk 0-Standard).
F-35B für die Marine?
Mit mehr Eurofightern will Airbus auch Lockheed Martin F-35 erst einmal aus den Beständen der Ejército del Aire heraushalten. Die Marine des Landes braucht jedoch die F-35B, will sie ihre Harrier-Senkrechtstarter ersetzen und ihren Mini-Träger "Juan Carlos I" weiter vernünftig einsetzen. Zudem hat die spanische Luftwaffeweiteren F-18-Ersatzbedarf – ein neuer Ansatzpunkt für die F-35.