Zufriedene Pilatus-Kunden bleiben Pilatus-Kunden – diese Firmenphilosophie wurde im letzten Dezember wieder bestätigt: „Die australische Luftwaffe bildet ihre Piloten bereits seit 28 Jahren mit Pilatus-PC-9-Trainingsflugzeugen aus und wird nun auf unsere hochmodernen PC-21 setzen: einmal Pilatus, immer Pilatus!“, freute sich Oscar J. Schwenk, Verwaltungsratspräsident des Schweizer Herstellers. „Der Auftrag ist äußerst wichtig für uns und sichert unsere Arbeitsplätze in Stans.“
Die Geschäfte mit militärischen Schulflugzeugen laufen derzeit für Pilatus sehr gut, sie trugen 2015 mit etwa zwei Dritteln zum Gesamtumsatz bei. In dem als äußerst zyklisch berüchtigten Markt hat das Unternehmen in den letzten fünf Jahrzehnten aber so manches Auf und Ab erlebt. Schon der Start war schwierig: Nach dem Ende der Produktion der mit einem Lycoming-Kolbenmotor bestückten P-3 versuchte man in den 1960er Jahren, die neue Propellerturbine PT6A für eine Leistungssteigerung zu nutzen. Der P-3-Prototyp (HB-HON) wurde umgebaut und flog mit Rolf Böhm am 6. April 1966 zum ersten Mal. Ein erster Auftritt der nun als PC-7 bezeichneten Maschine im Juni 1967 auf dem Pariser Aérosalon brachte aber keinen Erfolg.
1976 wurde die Produktion der PC-7 freigegeben
Erst die Ölkrise 1973/74 zwang auch die Militärs zu Sparmaßnahmen. Der Betrieb von Jettrainern verteuerte sich erheblich, und so sah Pilatus eine neue Chance. Man besorgte sich von der Schweizer Flugwaffe eine P-3 (A-871) und rüstete sie mit dem PT6A-25-Triebwerk aus, das auf 410 Kilowatt gedrosselt wurde. Chefpilot Hans Galli führte am 13. Mai 1975 den Erstflug durch. Zwar ergab die Erprobung noch diverse Änderungen wie ein nach hinten versetztes Seitenleitwerk, eine größere V-Stellung der Außenflügel und eine neue, einteilige Cockpithaube, doch das Interesse der Kunden war nun geweckt. Konzernchef Dr. D. Bührle gab am 13. Mai 1976 grünes Licht für den Serienbau.
Die Produktionsversion der PC-7 wurde auch strukturell gründlich überarbeitet, sodass es praktisch keine Gemeinsamkeiten mit der P-3 mehr gab. Das erste Serienflugzeug (HB-HAO) flog am 19. August 1978. Nach der Zulassung Anfang 1979 konnten die Lieferungen an den Erstkunden Birma (heute Myanmar) beginnen. Auch die Schweizer Luftwaffe hatte das Muster inzwischen getestet und unterschrieb im Mai 1981 einen Vertrag über 40 Maschinen. In den folgenden Jahren entwickelte sich die PC-7 zum Exportschlager, zumal mit der Beech T-34C Turbo-Mentor nur ein ernst zu nehmender Konkurrent existierte.
PC-9 bringt erhebliche Leistungssteigerung
Pilatus konnte sich aber nicht lange auf seinen Lorbeeren ausruhen. Steigende Anforderungen seitens der Luftstreitkräfte und Neuentwicklungen wie die Embraer EMB-312 Tucano erforderten eine Reaktion. In Stans begann man im Mai 1982 mit der Entwicklung der PC-9, die am oberen Ende des Leistungsspektrums angesiedelt sein sollte und ausdrücklich für dieFortgeschrittenenschulung gedacht war. So setzte Pilatus zwar weiter auf ein Triebwerk aus der bewährten PT6-Baureihe, verdoppelte aber die Startleistung von 410 auf 857 Kilowatt. Um die Leistung nutzen zu können, erhielt die Tragfläche ein neues Profil. Auch den Rumpf legte man neu aus. Die Piloten saßen nun in der Höhe gestaffelt auf modernen Martin-Baker-Schleudersitzen. Als Instrumentierung dienten neuartige Farbbildschirme von Collins.
Die erste, noch mit konventionellem Instrumentenbrett bestückte PC-9 startete am 7. Mai 1984 zum Jungfernflug. Nachdem man einzelne Modifikationen bereits zuvor in der PC-7 getestet hatte, wurde das Flugversuchsprogramm bis zur Zulassung im September 1985 zügig durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die PC-9 schon eine herbe Niederlage einstecken müssen. Die britische Royal Air Force wählte nämlich die Shorts Tucano als neuen Trainer. Die Marketing-Partnerschaft mit British Aerospace sorgte im Herbst 1985 endlich für einen Großauftrag aus Saudi-Arabien.
In Zusammenarbeit mit Beechcraft (später Raytheon) bot Pilatus die PC-9 Mk II für den JPATS-Wettbewerb der US-Streitkräfte an. In stark modifizierter Form wird die PC-9 nun als T-6A Texan II für US Air Force und Navy sowie für den Export gebaut, wofür Pilatus Lizenzgebühren kassiert. Fast parallel zu den US-Aktivitäten produzierte Pilatus in sehr kurzer Zeit eine Version mit deutlich reduzierter Triebwerksleistung, aber sonst mit allen Vorzügen der PC-9. Die PC-7 Mk II flog erstmals am 28. September 1992. Dieses Modell wurde im Januar 1993 von Südafrika für seinen Trainerbedarf gewählt.
Mit dem Erfolg der PC-9 beim JPATS-Wettbewerb hatte Pilatus praktisch selbst einen leistungsstarken Konkurrenten auf dem Markt platziert. Zudem stieß Embraer mit seiner Super Tucano mit starken Triebwerken in neue Leistungsbereiche vor. In Stans begann man daher mit intensiven Studien über zukünftige Ausbildungskonzepte, in denen ein von den Betriebskosten her günstiger Turboprop ein weites Spektrum abdecken sollte. Viel Aufmerksamkeit widmeten die Ingenieure der optimalen Vorbereitung des Flugschülers auf die neue Generation von Kampfflugzeugen, bei denen es mehr um das Management des Einsatzes als um die fliegerische Beherrschung des Trainers ging.
Die neu entwickelte PC-21 startete am 1. Juli 2002 mit Bill Tyndall im Cockpit zum Jungfernflug. Die zweite Maschine, die 2004 erstmals flog, stürzte allerdings beim Training für eine Flugvorführung am 13. Januar 2005 ab. Testpilot Andreas Ramseier kam dabei ums Leben. Zu diesem Zeitpunkt hatte Pilatus nach etwa 750 Flugstunden die zivile Schweizer Zulassung bereits erhalten.
PC-21 deckt weites Ausbildungsspektrum ab
Die Fertigstellung der ersten Serienmaschine wurde nach dem Unfall beschleunigt. Das Flugzeug flog am 29. August 2005, obwohl noch kein Auftrag vorlag. Erster Besteller war schließlich Singapur, das die PC-21 im November 2006 für das von einem Lockheed-Martin-Team angebotene „Basic Wing Course“-Programm auswählte. Die Schweizer Luftwaffe zog am 22. Januar 2007 nach und kaufte sechs Flugzeuge für ihr Jetpiloten-Ausbildungssystem (JEPAS), zu dem auch ein Simulator gehört. Die ersten Lieferungen der PC-21 erfolgten im Frühjahr 2008, und kurz danach begannen die ersten Pilotenkurse in Perth (Trainingszentrum Singapur in Australien) beziehungsweise in Emmen. In der Schweiz fliegen die angehenden Kampfflugzeugpiloten 30 Wochen auf der modernisierten NCPC-7 (neues Cockpit) und dann 45 Wochen auf der PC-21, bevor sie direkt auf die F/A-18 Hornet wechseln.
Dieser bisher einmalige Ausbildungsgang wird durch die speziellen Eigenschaften der PC-21 ermöglicht, zum Beispiel Rollraten von über 200 Grad pro Sekunde. Die elektronische Triebwerksregelung sorgt für ein jetähnliches Ansprechverhalten der Propellerturbine. Im Cockpit dominieren drei große Farbbildschirme, auf denen sogar simulierte Radarbilder und Waffenfunktionen dargestellt werden können. Eine Anpassung der Symbolik an verschiedene Einsatzmuster ist möglich. Mit diesen Eigenschaften hat sich die PC-21 eine Topposition im Trainermarkt gesichert, wie der eingangs erwähnte Auftrag aus Australien einmal mehr belegt.
FLUG REVUE Ausgabe 06/2016