Premiere im Jahr 1988 - Als die MiG-29 den Westen verblüffte

Premiere in Farnborough 1988
Als die MiG-29 den Westen verblüffte

Veröffentlicht am 17.11.2024

Egal ob F-16, F/A-18 oder Mirage 2000: Auf der internationalen Luftfahrtmesse in Farnborough im September 1988 stahl ihnen ein Muster die Schau: Zum ersten Mal zeigte die Sowjetunion ihr modernes Kampfflugzeug von Mikojan im Westen. Gleich zwei MiG-29, ein Einsitzer und ein doppelsitziger Trainer, kamen nach Großbritannien, und sorgten dort für viel Aufsehen.

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Spektakuläres Manöver

Viele Besucher kamen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, als der damals im Westen noch unbekannte Testpilot Anatoli Kwotschur die MiG bei ihrer Flugvorführung in einer Höhe von 3000 Fuß (914 m) steil hochzog, immer mehr an Geschwindigkeit verlor und für einen Moment in der Luft stehen zu schien. Anschließend sackte der Jet rund 90 Meter rückwärts ab, bis die Nase abkippte, und der Star der Veranstaltung nahm wieder Fahrt auf. Dieser sogenannte Tailslide sollte zum Markenzeichen der von NATO als Fulcrum bezeichneten Maschine werden.

Zwei Mikojan MiG-29 mit An-124 im Hintergrund
Wolfdietrich Hoeveler

Ausgeklügeltes Einlaufsystem

Schon damals war der taktische Wert des spektakulären Manövers bestenfalls umstritten. Ein anderes Merkmal erschien da schon praktischer: das besondere Lufteinlaufsystem. Beim Rollen am Boden blieben die beiden Einläufe am Rumpf geschlossen, die Luft kam über geschlitzte Klappen auf der Rumpfoberseite in die beiden Triebwerke. So vermieden die Konstrukteure das gefährliche Einsaugen von Fremdkörpern. Schließlich hatten sie die MiG-29 in sowjetischer Tradition auch für den Einsatz von Behelfspisten ausgelegt.

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Wenig Innovation im Cockpit

Allerdings gab es auch Kritik. Angesichts der analogen und ziemlich konventionellen Ausstattung des Piloten-Arbeitsplatzes titelte etwa die Fachzeitschrift Interavia "Das Cockpit von gestern in der MiG-29 von heute". Westliche Piloten lobten dagegen die Flugeigenschaften, die im Gegensatz zu den eigenen Mustern ohne die Hilfe von Computern in Form einer Fly-by-Wire-Steuerung zustande kommen.

Auftakt von Glasnost

Der erste Ausflug der Fulcrum in den Westen dauerte ganze 14 Tage. Die sowjetische Delegation einschließlich Generalkonstrukteur Rostislaw Beljakow zeigte sich erstaunlich auskunftsfreudig. Der stellvertretende Minister für die Luftfahrtindustrie, Maxim Owski, sagte, dass die neue sowjetische Politik die eigenen Leistungen anderen Nationen zeigen wolle, genauso, wie man innerhalb der UdSSR Glasnost vorantreibe. Die beiden Jets kamen mit einem Zwischenstopp in Wittstock bei Neubrandenburg aus der Sowjetunion. Über der Nordsee empfingen sie zwei Abfangjäger der Royal Air Force. Die Tornado F3 eskortierten die MiGs bis nach Farnborough, wo sie vier Tage vor Beginn der Veranstaltung am 30. August landeten.

Premiere in Finnland

Der Einsitzer hatte zu diesem Zeitpunkt keine 150 Stunden auf der Uhr. Laut sowjetischer Delegation handelte es sich um die Standardversion ohne Modifikationen für die Vorführungen. Der Ausflug war jedoch nicht der erste Auftritt außerhalb des Warschauer Paktes. Bereits am 1. Juli 1986 – knapp drei Jahre nach der Indienststellung – kamen sechs MiG-29 der sowjetischen Luftstreitkräfte aus Kubinka zu einem viertägigen Freundschaftsbesuch nach Finnland, und zwar nach Kuopio-Rissala. Schon damals war das Aufsehen groß, aber erst in Farnborough zeigte die Sowjetunion ihr neues Flaggschiff einer breiten Öffentlichkeit. Schon ein Jahr später sollte die MiG-29 in Le Bourget wieder für Aufsehen sorgen – leider in einer unfreiwilligen Art. Aber das ist eine andere Geschichte.