Als die Lockheed Martin F-35A der 58th Fighter Squadron „Mighty Gorillas“ (Kennung 10-5015) am 23. Juni 2014 in Eglin AFB zum Start rollte, sah alles nach einem normalen Trainingsflug aus. Der Fluglehrer, der 33 Stunden Erfahrung auf der Lightning II hatte, schob den Schubhebel nach vorn, beschleunigte auf der Bahn 12 und hob das Bugrad vom Boden. Im selben Augenblick hörte er einen Knall, und die ENG STALL-Anzeige leuchtete auf. Daraufhin brach er den Start sofort ab und brachte die Maschine 2450 Meter vom Startpunkt entfernt zum Stehen. Nach 20 Sekunden verließ er das Flugzeug unverletzt. Bis die Feuerwehr den Brand im hinteren Bereich gelöscht hatte, dauerte es etwa sieben Minuten.
Mehr als 50 Millionen Dollar (44 Mio. Euro) Schaden konstatierten die Unfallermittler der USAF, deren Abschlussbericht Anfang Juni freigegeben wurde. Dieser weist die Ursache ganz klar dem F135-PW-100-Triebwerk von Pratt & Whitney zu. Bei einem vorhergehenden Flug (wann genau ließ sich nicht ermitteln) hatte sich das Triebwerk anscheinend bei einem Manöver mit speziellen Belastungen, die aber innerhalb der zulässigen Grenzen des Flugzeugs lagen, so verwunden, dass die beiden Dichtungszacken der dritten Stufe des Bläsers ex-trem an der Abdichtung des Stators gerieben hatten. Dies reichte aus, um das Metall so hohen Temperaturen auszusetzen, dass die Mikrostruktur der Legierung Schaden nahm und sich kleine Risse bildeten.
Diese Risse breiteten sich beim weiteren Betrieb des F135 zunächst im Zacken nach unten und dann nach vorn und hinten aus. Sie wurden nicht entdeckt, da eine boroskopische Kontrolle des betroffenen Bereichs im normalen Wartungsprogramm nicht vorgeschrieben war. Schließlich kam es zu einem großen Riss, und der komplette vordere Arm des in einem Stück produzierten Bläsers Nummer 3 wurde abgerissen. Die Fragmente, darunter zwei rund 1,5 Meter lange Stücke, durchschlugen das Fangehäuse oben links (8 x 28 cm großes Loch) und einen Tank, bevor sie auf dem Rumpfrücken austraten (Loch ca. 25 x 18 cm).
Im Tank wurden drei Kraftstoffleitungen ganz oder teilweise durchtrennt. Auch der Inverter/Konverter/Controller Nummer 2 wurde beschädigt. Darüber hinaus wurden drei Leitungen des Hy-drauliksystems B durchtrennt, sodass alle Flüssigkeit in 17 Sekunden ausgelaufen war. Hydrauliksystem A funktionierte normal und erlaubte eine problemlose Abbremsung der F-35A. Der auslaufende Kraftstoff und die Hydraulikflüssigkeit entzündeten sich und sorgten für den Brand im hinteren Rumpfbereich.
Während eine leichte Reibung an der Abdichtung vom Entwurf her vorgesehen ist, waren hier Werte aufgetreten, die weit über allen Erwartungen lagen. Deshalb gab es nach einem Flugverbot zunächst strenge Kontrollvorschriften nach jeweils drei Flugstunden. Das Intervall wurde im Dezember auf 13 Flugstunden verlängert. Als Zwischenlösung hat Pratt & Whitney die Spaltmaße in diesem Bereich etwas vergrößert. Die Auswirkungen sind laut Hersteller unbedeutend („ein paar Grad höhere Turbinentemperatur“). Für eine endgültige Lösung wie eine härtere Beschichtung der Dichtung laufen noch weitere Untersuchungen. Eine Entscheidung könnte im Sommer fallen.
FLUG REVUE Ausgabe 08/2015




