Der schwedische Rüstungskonzern Saab könnte im Rahmen eines geplanten Großauftrags aus Kiew erstmals eine Produktionsstätte in einem aktiven Kriegsgebiet errichten.
Saab erwäge die Eröffnung einer Montagestätte in der Ukraine, sollte das geplante umfangreiche Geschäft über bis zu 150 Gripen E zustande kommen, erklärte Konzernchef Micael Johansson gegenüber der Financial Times.
Der angedachte Vertrag über 100 bis 150 Kampfjets würde die Produktionsanforderungen für die Gripen verdoppeln, so Johansson. Trotz der massiven Herausforderungen durch den anhaltenden Krieg sei es ein erstrebenswertes Ziel, zumindest Kapazitäten für die Endmontage, Testläufe und möglicherweise auch für die Teilefertigung direkt in der Ukraine aufzubauen.
Absichtserklärung unterzeichnet, Finanzierung offen
Vor rund zwei Wochen setzten der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson ihre Unterschriften unter eine Absichtserklärung für den Kauf der Gripen-Jets. Die Finanzierung des Milliardendeals steht jedoch noch aus.
Ministerpräsident Kristersson führt derzeit Gespräche mit anderen EU-Führern über mögliche Finanzierungsmodelle. Eine diskutierte Option ist die Verwendung eingefrorener russischer Vermögenswerte. Allerdings gibt es dabei Widerstand aus Belgien, und einige rechtliche Bedenken.
Johansson räumte ein, dass noch Klärungsbedarf bestehe: Wie viel finanzielle Last und Risiko würde Schweden selbst tragen? Welcher Anteil könnte auf andere Länder verteilt werden? Und inwieweit könnten beschlagnahmte russische Gelder genutzt werden? Diese Fragen würden derzeit auf politischer Ebene verhandelt.

Präsident Selenskyj lobte bei der Unterzeichnung der Kaufabsichtserklärung die Fähigkeiten der Gripen bei der Drohnenabwehr.
Die Ukraine hat bereits einige F-16 aus den USA und Mirage 2000 aus Frankreich erhalten. Präsident Selenskyj sieht die modernere Gripen E allerdings als besser geeignet für die Bedürfnisse der ukrainischen Luftwaffe an. Die schwedischen Jets kommen mit zeitgemäßer Ausrüstung und wären eine langfristige Investition in eine zukunftsfähige ukrainische Luftwaffe.
Außerdem preist Saab die Gripen E als wie geschaffen für Einsätze unter erschwerten Bedingungen, wie etwa von gewöhnlichen Straßen und Flugplätzen mit wenig Infrstruktur. Der schwedische Fighter gilt darüber hinaus als weniger wartungsintensiv.
Produktionskapazitäten sollen massiv ausgebaut werden
Für Saab würde der ukrainische Auftrag einen erheblichen Schub bedeuten. Bisher hat das Unternehmen 60 Gripen-Jets der neuesten Generation an Schweden verkauft, 36 an Brasilien und vier an Thailand. In vielen anderen potentiellen Exportländern hat dagegen die F-35A von Lockheed Martin die Nase vorn.
Saab-Chef Johansson bestätigte, dass ein ukrainischer Vertrag die Kapazitätsanforderungen nahezu verdoppeln würde. Parallel investiert Saab bereits in Brasilien, um dort die Jahresproduktion auf 20 bis 30 Maschinen zu steigern. Auch Standorte in Kanada und diversen europäischen Ländern werden als mögliche Produktionsstätten geprüft; fest steht allerdings noch nichts.





