Wenn die Soldaten des Kommandos Spezialkräfte per Helikopter in den Einsatz gebracht werden, benötigen sie ein agiles Muster mit kleiner Silhouette, das auch enge Landezonen insbesondere im urbanen Umfeld nutzen kann. MG-Bewaffnung, Aufklärungssensoren und guter Selbstschutz gehören ebenso zu den Anforderungen wie eine schnelle Verlegbarkeit per Lufttransport. All dies konnte die Bo 105 nicht bieten, mit der man einen Rüstsatz (Swooper) testete, bei dem die Soldaten seitlich am Rumpf im Freien saßen. Auch die anderen Hubschrauber im Bestand der Bundeswehr erfüllen jeweils nur teilweise die Forderungen der Spezialkräfte.
Ein „leichter Mehrzweckhubschrauber zur Verbringung von Spezialkräften“ (LUH SOF = Light Utility Helicopter Special Operations Forces) stand also schon lange auf der Wunschliste der in Calw beheimateten Einheit. Und dieser Wunsch wurde nun erstaunlich schnell erfüllt: Knapp zweieinhalb Jahre nach Auftragserteilung übergab Airbus Helicopters im Dezember die ersten beiden H145M an die Luftwaffe, die das neue Muster beim Hubschraubergeschwader 64 in Laupheim betreiben wird.
„Die Beteiligten des Projekts haben an einem Strang gezogen, und wichtige Entscheidungen wurden rasch getroffen“, lobte Klaus Przemeck, Leiter des militärischen Unterstützungszentrums bei Airbus Helicopters in Donauwörth. Zudem handelt es sich bei der H145M nicht um eine Neuentwicklung, sondern um die von Airbus Helicopters schon seit vielen Jahren angebotene Anpassung des zivilen Musters H145 (früher EC145) an militärische Erfordernisse. Dabei dient nun die mit einem Fenestron und stärkeren Arriel-2E-Triebwerken von Turbomeca ausgerüstete Variante (früher EC145 T2) als Basis. Sie erhielt am 16. April 2014 ihre Zulassung und wird seit Juli 2014 vor allem für Luftrettungs- und Polizeieinsätze geliefert.
Auch die H145M der Luftwaffe verfügen über eine EASA-Zulassung, und zwar mit einer um 50 auf 3700 Kilogramm erhöhten maximalen Abflugmasse. Sie wurde am 15. Mai 2015 erteilt und umfasst alles, was zivil zertifiziert werden kann. Die zusätzliche militärische Ausrüstung wird durch eine Musterzulassung des Luftfahrtamts der Bundeswehr vom 29. Oktober 2015 abgedeckt.
Zu den Unterschieden der Militärausführung zählen verstärkte Frontscheiben, ein selbstdichtender Supply Tank und das Flugführungssystem CMA-9000. Auch Befestigungspunkte für seitliche Waffenträger sind vorhanden, werden aber von den Bundeswehrmaschinen nicht genutzt. Das Cockpit mit seinen großen Farbdisplays (15,2 x 20,2 cm) kann auch mit Nachtsichtbrillen bedient werden. Darüber hinaus ist die Verwendung von Helmdisplays möglich.
Für die Einsatzkräfte lassen sich in der Kabine bis zu neun Sitze installieren. Das Absetzen der Soldaten erfolgt nicht nur durch die großen Schiebetüren, sondern auch über eine Abseilanlage (Fast Roping), die auch schwer ausgerüstete Soldaten bewältigt. Dazu verfügt die H145M über eine Rettungswinde und einen Lasthaken, an dem auch Personen transportiert werden dürfen. Für die Feuerunterstützung lässt sich in der Kabine ein schwenkbares MG befestigen, im Falle der Bundeswehr das M134 (7,62 mm Gatling).
Als elektronisches Selbstschutzsystem wird das MILDS (Raketenwarner AN/AAR-60) verbaut, kombiniert mit vier Tauschkörperwerfern seitlich des Rumpfs. Für Aufklärungs- und Beobachtungsaufgaben werden die Sensorbehälter MX-15 mit TV-Kamera und Infrarotsensor eingesetzt. Dank verschiedener Rüstsätze lässt sich die H145M an die Erfordernisse spezifischer Missionen anpassen. Gemeinsame Einsätze unterschiedlich ausgerüsteter Hubschrauber sind kein Problem.
Insgesamt 15 H145M werden von der Luftwaffe beschafft. Wie eingangs erwähnt, wurden die ersten beiden termingerecht und innerhalb des geplanten Kostenrahmens von 219 Millionen Euro am 8. Dezember in Donauwörth offiziell übergeben. Sie gingen allerdings nicht direkt zur neu aufgestellten 4. Staffel des Hubschraubergeschwaders 64, sondern werden wie geplant zunächst für die Pilotenausbildung verwendet. Zehn erfahrene Flugzeugführer hatten bis Dezember bereits die Theorie absolviert und durchlaufen nun in Manching den praktischen Teil.
Die nächsten beiden H145M sollen dann im März nach Laupheim gehen. Parallel zur Produktion sind noch eine Reihe weiterer Testpunkte abzuhaken. Dazu gehört unter anderem die Qualifizierung des M134-MGs im Frühjahr.
Für den Flugbetrieb hat die Bundeswehr im Sommer 2015 mit Airbus Helicopters einen „umfangreichen Full-Service-Vertrag“ über eine Dauer von sieben Jahren abgeschlossen. Eingeschlossen sind dabei die Organisation und Durchführung von Wartungs- und Reparaturarbeiten wie auch die Ersatzteilversorgung. Militärisches Wartungspersonal für den Betrieb der H145M wird bereits ausgebildet, und zwar nach EASA-Richtlinien.
Wenn sich der Flugbetrieb in Laupheim eingespielt hat und alle 15 Hubschrauber bis Juni 2017 geliefert sind, wird die Bundeswehr als Vorzeigekunde für die H145M dienen. So erhofft sich Airbus Helicopters über die Bestellungen der Royal Thai Navy (5) hinaus weitere Verkäufe bereits in diesem Jahr. Absatzpotenzial sieht der Hersteller bei anderen NATO-Ländern in Europa, aber auch in Nahost, Asien und Südamerika.
Um die Verkaufschancen zu erhöhen, wird derzeit an weiteren Bewaffnungsmöglichkeiten gearbeitet. Ein generischer Waffenrechner soll auch 12,7-mm-MGs und Raketenwerfer an seitlichen Auslegern kontrollieren können. Bis zu 200 Kilogramm schwere Massendummys wurden bereits 2015 im Flug getestet. Ebenfalls noch zugelassen werden soll das bewegliche MG MAG58 von FN Herstal. Damit dürfte die H145M für alle Anforderungen an einen leichten militärischen Mehrzweckhubschrauber gerüstet sein.
Technische Daten
Airbus Helicopters H145M
Hersteller: Airbus Helicopters, Donauwörth
Besatzung: 2, Soldaten: 4 bis 9, Außenlast: 1,5 t
Antrieb
Triebwerke: 2 x Turbomeca Arriel 2E
Startleistung: 2 x 667 kW (894 shp)
Dauerleistung: 2 x 575 kW (771 shp)
Notleistung für 2 min: 2 x 775 kW (1038 shp)
Abmessungen
Länge über alles: 13,64 m
Breite über Landekufen: 2,40 m
Höhe über Heck: 4,00 m
Hauptrotordurchmesser: 11,00 m
Durchmesser Fenestron: 1,15 m
Kabinenlänge ohne Cockpit: 3,42 m
max. Kabinenbreite: 1,72 m
max. Kabinenhöhe: 1,27 m
Massen
Leermasse, Basisausstattung: 1920 kg
max. Zuladung: 1645 kg
Tankkapazität: 904 l
max. Startmasse: 3700 kg
Flugleistungen
Höchstgeschwindigkeit: 265 km/h
Reisegeschwindigkeit: 241 km/h
Dienstgipfelhöhe: 5410 m
Schwebeflughöhe im Bodeneffekt: 3930 m
Schwebeflughöhe ohne Bodeneffekt: 3020 m
Reichweite: ca. 650 km
max. Flugdauer: 3 h 40 min
FLUG REVUE Ausgabe 03/2016