Das Militärflugzeuggeschäft von Embraer ruht auf zwei Säulen: dem Transporter/Tanker KC-390 Millenium und dem Trainer/leichten Angriffsflugzeug A-29 Super Tucano. Für beide bieten sich im aktuellen Umfeld, in dem die Verteidigung für viele Länder neue Priorität erlangt hat und dementsprechend erhöhte Budgets zur Verfügung stehen, gute Chancen, zumal man gerade für die KC-390 einen deutlichen technischen Vorteil gegenüber der Konkurrenz sieht. Diese Konkurrenz heißt vor allem Lockheed Martin C-130J Hercules, die Embraer aber trotz aller Modernisierungen als Produkt aus den 1950er Jahren betrachtet, das mit einer aktuellen Konstruktion (Erstflug der KC-390 am 3. Februar 2015) nicht mithalten kann. So liege die Verfügbarkeit der Millenium bei den brasilianischen Luftstreitkräften bei etwa 80 Prozent, und 99 Prozent der Einsätze würde auch ohne Pannen abgeschlossen, sagt der Hersteller. Anfang April wurde die volle Einsatzfähigkeit (FOC = Full Operational Capability) erreicht. Diese wurde bei einer Zeremonie im Werk Gavião Peixoto vom Institut für industrielle Entwicklung und Koordination, der brasilianischen Behörde für die Zulassung von Flugzeugen für militärische Zwecke, durch ein FOC-Zertifikat bestätigt.

Portugal soll seine erste KC-390 noch in diesem Jahr erhalten.
Kunden in Europa
Neben den lange bekannten Kunden Portugal (5) und Ungarn (2) konnten so zuletzt auch die Niederlande (5) als Abnehmer an Land gezogen werden. Zudem ist man im Wettbewerb in Österreich um den Ersatz von drei gebrauchten C-130K Hercules im Rennen. Insgesamt laufen derzeit Verkaufskampagnen in acht Ländern, sagte Embraer-Chef Francisco Gomes Neto Ende Mai bei einem Pressebriefing in Alverca. Maschinen für den europäischen Markt werden bei OGMA in Alverca nahe Lissabon auf die Auslieferung vorbereitet. Die erste Lieferung an Portugal ist noch für dieses Jahr vorgesehen, nachdem die derzeit laufende Integration der NATO-Ausrüstung und die anschließend notwendige Zertifizierung durch die nationale Luftfahrtbehörde abgeschlossen sind. Die erste portugiesische Besatzung hat den Qualifikationskurs im November 2021 erfolgreich beendet. Seit April läuft die Ausbildung von sechs Lademeistern, Wartungspersonal und weiteren Piloten bei Embraer in São José dos Campos. Sie sollte bis Ende Mai abgeschlossen sein.

In den USA wird die KC-390 als „Agile Tanker“ angeboten.
Markt-Möglichkeiten
Insgesamt sieht Embraer für die KC-390 einen Markt für etwa 490 Flugzeuge im Wert von über 60 Milliarden Dollar (56,1 Mrd. Euro), auf dem man konkurrieren kann. Dies schließt auch Indien ein. In den USA wiederum hat man seit letzten September eine Partnerschaft mit L3Harris Technologies zur Entwicklung eines "Agile Tanker", den man der US Air Force anbieten will. Um die Anforderungen des Buy American Act zu erfüllen, prüfen die Parteien die Produktion des Agile-Tanker-Programms mit Endmontage in den USA, gefolgt von der Ausrüstung des Flugzeugs mit Missionssystemen im Flugzeugmodifikationszentrum von L3Harris in Waco, Texas.

Embraer arbeitet an einer „NATO-Version“ der A-29 Super Tucano.
NATO-Version A-29N
Unterdessen wurde für den Turboprop-Trainer A-29 Super Tucano die Entwicklung einer NATO-Version (A-29N) gestartet. Dabei geht es vor allem um die Integration angepasster Kommunikationssysteme und Datenlinks. Die A-29N wird dabei als vielseitig verwendbarer Trainer, auch für die Ausbildung von JTACs (Joint Terminal Attack Controller), und als Aufklärer angeboten. Noch in diesem Jahr hofft man auf den ersten Auftrag aus Europa (vielleicht Portugal). Insgesamt sieht Embraer in den nächsten 20 Jahren Absatzmöglichkeiten für bis zu 500 Flugzeuge im Wert von 6,3 Milliarden Dollar (5,9 Mrd. Euro). Schon bisher ist die A-29 mit 260 Bestellungen von 16 Luftstreitkräften recht erfolgreich. 53 500 Flugstunden wurden erflogen.