Der Unfall geschah am 24. Januar 2022 um 1631L (GMT+08H) als ein der Staffel VFA-147 zugewiesenes Flugzeug des Typs F-35C Lightning II (Buno 169304) versuchte, an Bord der USS CARL VINSON (CVN 70) zu landen.
Beim Anflug auf das Schiff leitete der MP (Mission Pilot = Unfallpilot) ein beschleunigtes Einkurven in die Anflugrichtung ein. Ein beschleunigtes Manöver bedeutet, dass ein Luftfahrzeug entweder hinter dem Schiff oder über dem Schiff eine Kurve einleitet. Das beschleunigte Landemanöver ist in der Marinefliegerei gang und gäbe. Bei einer beschleunigten Landung nutzt ein Flugzeug die g-Kräfte, um im Verlauf einer 360-Grad-Kurve abzubremsen. Der Pilot hat weniger Zeit, das Flugzeug zu konfigurieren und Landechecks durchzuführen. Vor dem Unfallflug hatte der MP noch nie eine beschleunigte Landung über dem Schiff eingeleitet. Am 24. Januar war dies sein erster Versuch. Der MP war ein früherer Top-5-Nugget und ein Top-10-Ball-Flyer innerhalb des Trägerverbands CVW-2, was darauf hindeutet, dass seine Landeleistung für einen Junior-Offizier (JO) auf seiner ersten Fahrt außergewöhnlich war.
In diesem Fall allerdings prallte des Flugzeug gegen das hintere Ende des Decks der CVN 70 , wobei das Hauptfahrwerk abgerissen wurde. Der Piloten stieg mit dem Schleudersitz aus und wurde von dem zur Sicherheit in der Luft befindlichen Hubschrauber (Black Knight 615) mit einer Trage aus dem Meer gefischt.
Die genauen Zeiten des Hergangs waren:
1628L: Der Pilot übernimmt die Führung der Sektion, um Erfahrungen als Sektionsleiter in der Trägerumgebung zu sammeln.
1630:37: MP (Mishap Pilot = Unfallpilot)leitet das Einkurfen am Heck von CVN 70 ein
1631:04: MP fährt das Fahrwerk aus.
1631:20: MA beginnt den Endanflug
1631:25: Backup LSO (Landing Signal Officer) gibt den Ruf "Right for lineup".
1631:26: Der primäre LSO ruft über Funk "Wenig Schub".
1631:27: CAG Paddles ruft "Powe... Waveoff, Waveoff, Nachbrenner. Nachbrenner, Nachbrenner....Nachbrenner" Auch der MP erkannte, dass der Jet extrem wenig Schub hatte, als der Jet langsam wurde und weiter sank In diesem Moment drückte der MP den Gashebel manuell auf militärische Leistung und ging dann auf maximalen Nachbrenner, als er erkannte, dass sich das Flugzeug in einem gefährlichen Zustand befand. Die Flugdaten der F-35 zeigen, dass der maximale Nachbrenner etwa 2,6 Sekunden vor dem Aufprall eingeschaltet wurde. Vor dem Aufprall auf die Deckkante stieg die Geschwindigkeit um 3-4 Knoten.
1631:31.4: Die F-35C prallt auf das Ende des Flugdecks der CVN 70 , wobei das Hauptfahrwerk abgeschert wird und das Heck des Flugzeugs mit einer nach links gerichteten, mit der Nase nach unten gerichteten Komponente in die Luft geschleudert wird.
Das Flugzeug, dass laut Wartungsunterlagen alle Vorschriften eingehalten hatte, rutschte dann über das Deck und stürzte vom vorderen Teil der CVN 70 Landing Area (LA) ins Meer. Das Flugzeug wurde später (2. März 2022) im Südchinesischen Meer aus einer Tiefe von über 12.000 Fuß mit Hilfe eines ferngesteuerten Fahrzeugs an Bord des Tauchunterstützungsschiffs (DSCV) PICASSO geborgen.
Die Untersuchung ergab laut Navy-Bericht, dass die Ursache des Unglücks ein Pilotenfehler war. Der Pilot schwenkte auf den Endanflug ein und brachte den Schubhebel auf Flight IDLE, so dass das Flugzeug auf Anfluggeschwindigkeit abbremsen konnte. Sobald die Anfluggeschwindigkeit erreicht war, wurde die Lande-Checkliste der F-35C nicht vollständig ausgeführt. Insbesondere hatte der Pilot sogenannten Anflug-Leistungsausgleichsmodus (APC)/Delta-Flugweg (DFP) nicht aktiviert, so dass das Flugzeug mit den Flugsteuer-Modus für einen manuellen motorisierten Anflug (PA) betrieben wurde.
Während des Starts, in der Mitte und gegen Ende des Landeanflugs nahm der Pilot Korrekturen über die Steuerknüppel vor, in der Annahme, dass sich das Luftfahrzeug entweder im APC- oder DFP-PA-CLAW-Modus befand und damit der Schub automatisch geregelt wird. Bei diesen Korrekturen wurde allerdings das Triebwerk nicht hochgefahren, um zusätzlichen Schub zu erzeugen, da sich das Flugzeug immer noch im manuellen PA CLAW-Modus befand und der Schubhebel immer noch auf Flight IDLE stand. Das Flugzeug entwickelte während des Landeanflugs ein schnelles Sinken, und erst 2,6 Sekunden vor dem Aufprall wurde eine manuelle Triebwerksleistung angefordert. Diese späte Leistungsanforderung reichte nicht aus, um den Aufprall des Flugzeugs auf die Rampe zu verhindern.
Im Anschluss auf den Unfall und Wrackteile und unklaren Schäden an Deck wurden die noch in der Luft befindlichen Flugzeuge des Trägers CVN 70 zum CVN 72 umgeleitet.
An Bord der CVN 70 wurden sechs Seeleute verletzt. Der Schaden beläuft sich laut Navy auf 115,395 Millionen Dollar für das Flugzeug sowie weitere etwa 3,5 Millionen für Schäden, die durch herumfliegende Trümmerteile entstanden.
Empfehlungen
Die Unfallermittler empfehlen der Navy, in Absprache mit dem Hersteller der F-35C folgende Maßnahmen zu erwägen, die Piloten und LSOs bei zukünftigen Landungen helfen könnten:
a. Entwicklung einer internen Anzeige (HMD-Symbolik oder Signalton), um einen F-35C-Piloten darauf hinzuweisen, dass das Flugzeug im Power-Approach-Modus ohne APC/DFP-Einschaltung den Anstellwinkel bei Annäherungsgeschwindigkeit erreicht hat. Um diese Anzeige im Horizontalflug zu vermeiden, sollte diese Symbolik oder dieser Ton nur oberhalb einer bestimmten Sinkgeschwindigkeit und unterhalb einer bestimmten Höhe ausgelöst werden.
b. Entwicklung einer externen Anzeige für eine F-35C, die sich im Power Approach befindet und APC/DFP nicht aktiviert hat. Diese externe Anzeige muss für die LSOs sichtbar sein, während sich die F-35C im Endanflug befindet. Dies würde den LSOs die Möglichkeit geben, bei einem Landeversuch früher einzugreifen, um zu verhindern, dass sich ein ähnlicher Fall wiederholt, bei dem sich ein Flugzeug ohne ausreichendem Schub dem Schiff nähert.
Zudem könnten vom Naval Air Systems Command (NAVAIRSYSCOM) auch einige Änderungen der derzeitigen Politik und/oder Praxis in Betracht gezogen werden:
a. Aktualisierung des F-35C-Flughandbuchs, um zu verdeutlichen, dass F-35C-Piloten APC/DFP fliegen müssen, wenn sie an Bord eines Flugzeugträgers landen. Die aktuelle F-35C Lande-Checkliste, Schritt 4 lautet: APC/DFP – Wie gewünscht.
b. Aufrüstung der Flugzeugträger der Nimitz-Klasse auf das digitale ILARTS-System (Integrated Launch and Recovery Television Surveillance). Diese Aufrüstung hätte das Missgeschick auf CVN-70 nicht verhindern können, aber sie würde die LSO-Überwachung künftiger Landungen, Absturz- und Bergungsmaßnahmen und das allgemeine Situationsbewusstsein sicherlich verbessern.