Vorschrift oder Fahrlässigkeit - Warum parkt Russland seine Bomber im Freien?

Auch die USA stellen ihre B-1 und B-52 draußen ab
Warum parkt Russland seine Bomber im Freien?

Veröffentlicht am 05.06.2025

Weitere Satellitenfotos der russischen Bomber-Basen in Belaja und Olenja zeigen ausgebrannte Wracks mehrerer Tupolew Tu-95MS und Tu-22M. Allerdings offenbaren sie auch, dass das russische Militär bemüht ist, die Überreste so schnell wie möglich zu entfernen und teilweise sogar intakte Flugzeuge auf die identische Position zu stellen, um die Beobachter aus dem All zu verwirren. Mittlerweile scheint die Zerstörung von sechs Bears und vier Backfires gesichert. Ein neues vom ukrainischen Sicherheitsdienst SBU veröffentlichtes Video zeigt mehrere Anflüge von Drohnen auf ihre Ziele.

Dabei ist klar zu erkennen, dass die Drohnen Kurs auf verwundbare Stellen wie Flügelkästen, Treibstofftanks oder Bewaffnung nehmen. Laut SBU erfolgte die Steuerung teilweise mit Hilfe von künstlicher Intelligenz. In einem Fall flog eine Drohne den an einer Tu-95 montierten Ch-101-Marschflugkörper an. Allerdings scheint es sich bei einigen der getroffenen Maschinen um eingelagerte beziehungsweise länger abgestellte Flugzeuge zu handeln. Dies dürfte auch bei den zwei angegriffenen Beriew A-50 in Iwanowo der Fall sein, die ebenfalls im neuen Video zu sehen sind. Dafür sprechen unter anderem die verwitterten Radome, auf denen die Drohnen gelandet sind.

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Fahrlässigkeit oder Vorschrift?

Nichtsdestotrotz stellen die Angriffe einen herben Schlag für Russland dar. Nicht nur in den sozialen Netzwerken werden Vorwürfe laut, die wertvollen Waffen ungeschützt im Freien abzustellen. Diese Praxis ist nicht nur in Russland seit jeher üblich, auch in den USA stehen die B-1B und B-52 unter freiem Himmel, wenn sie nicht gerade im Wartungshangar sind. Dies wirft die Frage auf, ob dieses Verfahren aufgrund von Abrüstungsvereinbarungen zwingend vorgeschrieben ist.

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Überprüfbare Rüstungsbeschränkung

Als Nachfolger der SALT-Rüstungsbeschränkung (Strategic Arms Limitation Talks) einigten sich Russland und die USA im neuen START-Vertrag (Strategic Arms Reduction Treaty) auf weitere Reduzierungen. So schreibt der am 8. April 2010 von beiden Seiten unterzeichnete Vertragstext vor, dass die Zahl schwerer Bomber jeweils nicht höher als 800 sein darf. Explizit nennt der Text auf US-Seite die B-52G und B-52H Stratofortress, die B-1B und die B-2A. Für Russland sind es die Tu-95MS und Tu-160.

Inspektionen vor Ort

Zur Überprüfung haben beide Seiten das Recht zu Inspektionen vor Ort sowie zu "nationalen technischen Verifikationsmöglichkeiten", die den generell anerkannten Prinzipien des internationalen Rechts entsprechen. Dies schließt die Überwachung mit Hilfe von Satellitenaufnahmen ein. Der Vertrag besagt zwar, dass die Flugzeuge am Boden nicht getarnt oder versteckt werden dürfen. Aber eine Klausel, sie immer im Freien abstellen zu müssen, gibt es nicht. Die Gültigkeit des Vertrages läuft zwar noch bis zum 5. Februar 2026, jedoch suspendierte Russland seine Teilnahme am 21. Februar 2023. Also wäre Russland sowieso nicht an etwaige Vorschriften gebunden.

Satellitenaufnahme im Freien abgestellter B-52 Stratofortress
Google Maps (Airbus, Maxar)

Kein Zwang im Freien

Das der Vertrag kein Abstellen unter freiem Himmel vorsieht, zeigt sich auch in der Tatsache, dass die B-2-Flotte der US Air Force auf der Whiteman AFB in Missouri in festen Hangars parkt. Jeder Stealth-Bomber besitzt seinen eigenen Unterstand. Lediglich der Vorgänger-Vertrag schrieb die Lagerung unbrauchbar gemachter Bomber im Freien vor. So ließ die US Air Force mehr als 360 B-52-Bomber in Davis-Monthan mit einer Guillotine zerstückeln. Zur Verifikation per Satellit mussten die Überreste 90 Tage unter freiem Himmel bleiben, bevor sie entsorgt werden durften.

Zerstückelte B-52-Bomber in der Wüste Luftaufnahme
Patrick Hoeveler

Neue Schutzmaßnahmen

Also hat das Abstellen im Freien einfach praktische Gründe, denn Schutzbauten für große Bomber sind teuer und beanspruchen viel Platz. Außerdem schienen die teilweise tief im eigenen Land liegenden Stützpunkte sicher vor äußeren Angriffen aus der Nähe (auf beiden Seiten). Daher hat sich Russland während des Ukraine-Kriegs auf aufgemalte Flugzeug-Silhouetten am Boden sowie Autoreifen auf den Fluggeräten zur Tarnung verlassen. Nun sollen improvisierte Überdachungen mehr Schutz bieten.

In den USA soll demnächst das Manöver Fly Trap beginnen, bei der die Streitkräfte speziell das Vorgehen gegen Drohnen üben wollen. Zur Abwehr setzen die USA auf Störsysteme, Laser, Mikrowellen und Maschinengewehre. Auf dem Fliegerhorst Langley schützen spezielle Netze die F-22-Raptor-Jäger vor Drohnen, nachdem es zu mehreren Vorfällen mit zu neugierigen Fluggeräten unbekannter Herkunft gekommen war.