Angesichts der Spannungen im Nahen Osten verlegen die US-Streitkräfte immer mehr Menschen und Material in die Region. Meist heißt es in den offiziellen Mitteilungen lediglich, dass sie im Zuständigkeitsbereich des US Central Commands (CENTCOM) ankommen. Bei dieser Einheit handelt es sich um ein regionales Hauptquartier aller US-Teilstreitkräfte ohne fest zugewiesene Verbände. Diese werden wie jetzt geschehen im Bedarfsfall unterstellt. CENTCOM vertritt die strategischen Interessen der USA in der zentralen Region zwischen Europa und Asien. Der Zuständigkeitsbereich erstreckt sich über 21 Nationen von Ägypten bis Kasachstan und Pakistan.
Einsatzgeschwader vor Ort
Das Central Command nutzt mehrere Basen im Mittleren Osten, auf dem sogenannte Air Expeditionary Wings (AEW) stationiert sind. US-Staffeln entsenden regelmäßig Kontingente zu den Stützpunkten, aus normalen Staffeln werden dann Expeditionary Squadrons. In der Regel erfolgen die Rotationen in einem Rhythmus von knapp sechs Monaten. Normalerweise sollten dem CENTCOM zu jeder Zeit zweieinhalb Staffeln mit jeweils zwölf Flugzeugen zur Verfügung stehen. Nach dem Rückzug der USA aus Afghanistan und die Verschiebung der Prioritäten nach Europa und Asien war dies zuletzt nicht mehr der Fall. Dies ändert sich nun aber rasant.

Die Flugplätze sind meist inmitten von Wüstengelände angelegt und bieten viel Platz.
Qatar: Die größte Basis
Südwestlich von Doha liegt die Al Udeid Air Base. Qatar hatte den Bau des Fliegerhorstes mit seinen zwei mehr als 3600 Kilometer langen Runways in den 90er Jahren in Angriff genommen – Kostenpunkt eine Milliarde Dollar. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Emirat schon die Amerikaner im Blick, und das mit Erfolg. Als sich die USA zu großen Teilen aus Saudi-Arabien zurückzogen musste ein Ersatz für die saudische Prince Sultan Air Base her. Dazu war Al Udeid mit seinem weitläufigen Areal geradezu prädestiniert. Im März 2002 gaben die USA erstmals ihre Präsenz auf dem Flugplatz zu. Mit mehr als 10000 dort stationierten Soldaten gilt sie als größte US-Basis im Mittleren Osten.
Hausherr der amerikanischen Nutzer ist das 379th Air Expeditionary Wing, das auch schon vor der aktuellen Krise viel zu tun hatte. Temporär unterstelle Einheiten nahmen im August an der Übung Agile Spartan teil. Dabei versorgten unter anderem KC-135-Tanker aus Al Udeid RC-135-Aufklärer. Die Rivet-Joint-Maschinen flogen Langstreckenmissionen von Souda Bay in Griechenland aus.

Die F-35 aus Hill sind derzeit in Al Udeid aktiv. Den Fliegerhorst teilen sich die USA unter anderem mit den F-15 der Hausherren aus Qatar.
Premiere für F-35 Lightning
Aktuell sind mehrere Lightnings in Al Udeid stationiert. Anfang September landeten die ersten F-35A der 421st Expeditionary Fighter Squadron aus Hill in Qatar. Zusammen mit A-10 und F-16 überwachen sie die wichtige Seestraße von Hormuz. Der Flugplatz ist aber auch ein wichtiger Stützpunkt der Luftstreitkräfte Qatars. Hier sind die F-15QA Eagle, die Transporter und einige Trainer beheimatet.

Die US-Tanker in der Region sind meist in Al Udeid zu finden.
Vereinte Arabische Emirate: die Nummer 2?
Mit rund 5000 Soldaten vor Ort ist die Al Dhafra Air Base südlich von Abu Dhabi der wohl zweitwichtigste Platz. Erst 2017 haben die USA ihre Präsenz hier öffentlich zugegeben, obwohl die Basis schon seit den 90er Jahren genutzt wird. Der Ort lief lange unter der Bezeichnung "undisclosed location" und verfügt über zwei mehr als 3600 Kilometer lange Runways. Für den US-Anteil ist das 380th AEW zuständig, das sich die Einrichtungen mit den F-16E/F und Mirage 2000-9 der VAE-Hausherren teilt. Al Dhafra ist oft Ausgangspunkt für Überwachungsflüge mit der Lockheed U-2 und beheimatet auch das Joint Air Warfare Centers. Hier führen die VAE, die USA und Verbündete regelmäßig gemeinsame Ausbildungen und Manöver durch.
A-10 Thunderbolt im Einsatz
Aktuell sind die Fairchild A-10 der 75th FS der Moody AFB aus Georgia vor Ort, die nun für die Dauer des Aufenthalts zur 75th Expeditionary Fighter Squadron geworden ist. Die Thunderbolts flogen Anfang April die ersten Einsätze. In der Regel verlegt eine Staffel für ein halbes Jahr, aber auch kürze Aufenthalte wie bei den Marines sind möglich. Die VMFA-115 war im vergangenen Jahr drei Monate vor Ort.
Saudi-Arabien: Comeback
Im Jahr 2003 verließen die USA die Prince Sultan Air Base für längere Zeit. In letzter Zeit wird der saudische Flugplatz aber wieder vermehrt genutzt. Schon 2018 kehrten die ersten Soldaten zur Vorbereitung zurück, so dass die Amerikaner am 17. Dezember 2019 das 378th AEW offiziell in Dienst stellen konnten, mit rund 1800 Personal und wechselnden Verbänden. Sie teilen sich den Platz mit den saudischen Tankern und Frühwarnflugzeugen.

Unterstände bieten Schutz vor der Sonne, aber trotzdem stellen Wüstenstaub und Hitze eine Herausforderung dar.
Konstantes Kommen und Gehen
Im Frühjahr 2023 nahm dort die 430th Expeditionary Electronic Communications Squadron "Black Wolves" mit ihren E-11A-Flugzeugen auf der Basis des Global-Business-Jets den Einsatz auf. Sie sollen als fliegendes Kommunikationszentrum dienen – quasi als Wi-Fi des Himmels. Zu diesem Zweck bekam die Staffel extra eine weitere E-11A. Der KC-10-Tanker verabschiedete sich dagegen nach anderthalb Jahren und 1300 Einsätzen und 9000 Flugstunden am 4. Oktober von der Air Base. Einen Monat früher kehrte die 457th Expeditionary Fighter Squadron mit ihren F-16C zurück zum 301st FW nach Fort Worth. Dies war das letzte Deployment mit der Fighting Falcon, da die Einheit auf die F-35A umrüstet. Die Jets flogen Einsätze im Rahmen der Operationen Inherent Resolve und Spartan Shield. Die Missionen dauerten jeweils bis zu sieben Stunden. Geflogen wurde jeden Tag. Dies stellte eine besondere Herausforderung für die Techniker dar, die trotz Hitze und Sand die betagten Jets in nur rund 4,5 Stunden für einen Einsatz vorbereiten mussten.

Drohnen wie die MQ-9 Reaper sind an einem "nicht genannten Ort in Südwestasien" stationiert.
Jordanien: Nach wie vor geheim?
Aufgrund ihrer geografischen Lage an den Grenzen zum Irak und Syrien steht die Muwaffaq Salti Air Base (Al Azraq) seit 2014 im Mittelpunkt der Einsätze gegen den Islamischen Staat. Unter anderem erfolgen von hier aus Drohnen-Einsätze mit der MQ-9 Predator. Obwohl die US-Präsenz kein wirkliches Geheimnis mehr ist, nennen die offiziellen Stellen die Basis aus Rücksicht auf den Hausherren nur einen "nicht genannten Ort in Südwestasien". Jordanien befürchtet Proteste seiner Bürger gegen eine offen zur Schau getragenen US-Militär-Präsenz im eigenen Land.

Die US Air Force Europe hat mehrere F-15E aus Lakenheath in den Mittleren Osten geschickt.
Strategisch wichtig
Seit 2017 haben die USA rund 265 Millionen Dollar in den Standort investiert, zuletzt für den Bau eines neuen Kontrollturms. Vorher hatte das Ingenieurkorps der US Army bereits die Startbahnen repariert und Unterkünfte für bis zu 280 Personen errichtet. Insgesamt sind rund 3000 US-Soldaten in Jordanien unter der Schirmherrschaft des 332nd AEW stationiert. Sie teilen sich den Fliegerhorst mit der jordanischen F-16-Flotte. In diesem Jahr war erstmals auch die Luftwaffe mit Eurofightern zu einem Manöver zu Gast. Aktuell sind F-15E Eagle aus Lakenheath vor Ort. Al Azraq gilt in einer weiteren Hinsicht als strategisch wichtig: im Fall einer Auseinandersetzung mit dem Iran wähnt man sich in etwas sicherer Entfernung als andere Basen. Dass durchaus eine allgemeine Gefahr besteht, zeigte ein Angriff auf Al Udeid von Anfang 2022. Aus dem Jemen wurde zwei Raketen auf die Basis abgeschossen.

Bei mehreren Tausend Soldaten in der Region sind Transportflugzeuge wie die C-17 enorm wichtig.
Kuwait: Logistischer Knotenpunkt
In Kuwait dient die Ali Al Salem Air Base als Umschlagpunkt für Truppenbewegungen. Daher beherbergt das hiesige 386th AEW mehrere Transporter der Muster C-17 Globemaster und C-130 Hercules. Die einheimischen Luftstreitkräfte haben hier ihre Eurofighter-Flotte stationiert.

Die US-Verbände üben auch mit den arabischen Einheiten vor Ort.
Weitere Möglichkeiten für den Notfall
Neben diesen Fliegerhorsten verfügen die USA aber noch über die Möglichkeit, bei Bedarf weitere Flugplätze in der Region zu nutzen. So hat man in Bahrain die Shaikh Isa Air Base in den letzten Jahren mit US-Mitteln (45 Millionen Dollar) ausgebaut, und im Irak gibt es noch die Al Asad Air Base, die nach dem Abzug 2011 jedoch wenig genutzt wird.

Das Personal ist in der Regel sechs Monate vor ort.
Neue Strategie
In Zukunft will die Air Force die Air Expeditionary Wings mit einem neuen Modell ersetzen. Sogenannte "XAB", Expeditionary Air Bases, sollen in einem Zwei-Jahres-Rhythmus jeweils für sechs Monate in das jeweilige Einsatzgebiet verlegen. Als einer der ersten Einheiten stellte das 437th Airlift Wing der Joint Base Charleston Mitte Oktober mehr als 250 Soldaten für den Einsatz auf der Ali Al Salem Air Base in Kuwait ab.