"Je früher, desto besser", wünscht sich Broder Nielsen, Kommandeur der Marineflieger in Nordholz, die Ablösung des Sea Lynx durch den Sea Lion, denn "die Gefahr durch gegnerische U-Boote ist real, Russland ist da gut ausgestattet". Deshalb darf es auch keine Fähigkeitslücke geben. Momentan sieht es gut aus, denn "wir sind im Zeitplan", versicherte Axel Aloccio, derzeit Chef der Herstellerfirma NHI (Gemeinschaftsunternehmen von Airbus, Leonardo und Fokker) bei der Vorstellungen des ersten Sea Tiger bei Airbus Helicopters in Donauwörth Ende November 2023.

Bis zum Lieferbeginn Ende 2025 steht noch ein umfangreiches Qualifizierungsprogramm auf dem Plan.
"Verzug ist keine Option"
Noch steht allerdings ein herausforderndes Flugtestprogramm für den "modernsten Marinehubschrauber" an. Auch diese nächste Phase soll durch eine "vorbildliche" Zusammenarbeit aller Beteiligten gemeistert werden, sagte Stefan Thomé, Vorstandsvorsitzender von Airbus Helicopter Deutschland. Angesichts der gegenwärtigen "Zeitenwende" sei ein "Verzug keine Option". Gedacht ist an zehn bis 14 Monate für die Systemtests und anschließend zehn Monate für die Qualifikation.

"Die Einführung muss so schnell wie möglich gehen." - Broder Nielsen, Kommandeur der Marineflieger
Internationale Zusammenarbeit erleichtert Einführung
Die Auslieferungen sollen im November 2025 beginnen, wobei Nielsen eine deutlich einfachere Einführung als beim Sea Lion voraussieht. "Wir haben jetzt erfahrene Crews, die nicht erst den Riesenschritt von 50 Jahre alten Mustern auf einen digitalen Hubschrauber machen müssen", so Nielsen. Zudem steht seit Mitte Dezember 2023 der NH90-Simulator in Nordholz bereit. Eine erste Einschiffung auf den Fregatten könnte daher 2027 erfolgen, was "sportlich" ist. Immerhin kann man auf die Erfahrungen anderer NH90-Nutzer wie die Niederlande oder Frankreich zurückgreifen. Das anfängliche TACO-Training für die Operator wird bereits mit den Holländern durchgeführt. Etwa 20 Mann sind für den Betrieb des Sea Tiger auf den Schiffen vorgesehen.
Der modernste ASW-Helikopter der Welt
"Wir haben hier ein Mini-MPA (Maritime Patrol Aircraft)", so Nielsen, das ein flexibles Crewkonzept ermöglicht, aber durchaus eine hohe Arbeitsbelastung für die Systemoperators mit sich bringt. Diese können auf die momentan "fortschrittlichste Sensorik" zurückgreifen, zu der laut Airbus "ein neues elektro-optisches System und verbesserte elektronische Unterstützungsmaßnahmen (ESM) genauso gehören wie Tauchsonar und Sonarbojen. Thales wurde ausgewählt, den Sea Tiger mit Flash-Sonics-Tauchsonaren und Sonarbojenverarbeitungssystemen auszurüsten. Das FLASH-System (Folding Light Acoustic System for Helicopters) ist angeblich derzeit das führende Tauchsonar auf dem internationalen Markt.

Eine Übersicht über die verschiedenen Systeme des Sea Tigers.
Torpedos und Lenkwaffen
Für die Kommunikation rüstet Rohde & Schwarz den Sea Tiger mit softwaredefinierten Bordfunkgeräten der Soveron-Familie aus, die über eingebettetes COMSEC verfügen. Jede Maschine ist mit drei VHF/UHF-Transceivern ausgestattet. Die Schnittstellen des Transceivers ermöglichen den Anschluss externer Geräte oder eines externen Verschlüsselungsgeräts. Was die Bewaffnung betrifft, so kann der Sea Tiger an den seitlichen Lastträgern Torpedos und Lenkwaffen aufnehmen. Als Torpedo wird der MU90 von EuroTorp verwendet, wie er bereits beim Sea Lynx zum Einsatz kommt. Er wiegt etwa 300 Kilogramm und hat eine Reichweite von rund zwölf Kilometern. Die Höchstgeschwindigkeit wird mit über 50 Knoten (90 km/h) angegeben. Gegen Schiffe soll die Marte ER eingesetzt werden. Sie ist von der Marte MK2/S abgeleitet, wobei der Raketenmotor durch ein Turbinentriebwerk ersetzt wird. Dies ergibt bei hoher Unterschallgeschwindigkeit eine Reichweite von über 100 Kilometern. Marte ER ist mit einem aktiven Radarsuchkopf ausgestattet. Er ist 3,60 Meter lang und hat eine Masse von 315 kg.

An den Außenlastträgern können auch zwei Marte MK2/S gegen Schiffe mitgeführt werden.
Helikopter sind integraler Systembestandteil
Mit dieser Ausrüstung wird der Multi Role Frigate Helicopter (MRFH) "die Fähigkeiten der organischen U-Boot-Jagd und Überwasserseekriegsführung aus der Luft im Systemverbund Kampfschiff für die Fregatten der Marine übernehmen. Die Fregatten der Marine sehen konzeptionell mehrrollenfähige Bordhubschrauber als einen integralen Bestandteil der Sensor- und Wirkmittelkette vor. Ohne diese sogenannte organische fliegende Komponente ist der Kampfwert einer Fregatte essenziell geschwächt. Sie ist unter U-Boot-Bedrohung nicht durchsetzungsfähig, da moderne U-Boote gegenüber Überwassereinheiten einen deutlichen Reichweitenvorteil besitzen, der eben nur durch einen Bordhubschrauber im abgesetzten/vorgelagerten Einsatz von Bord mit erheblicher Radiuserweiterung des Schiffes umgekehrt wird", erläutert die Marine. Ein Problem allerdings: Der NH90 passt nicht auf die Fregatten der Klasse 123. Hier müssen bis zur Ausmusterung eventuell unbemannte Systeme aushelfen, so Nielsen. Geplant ist die Beschaffung von 31 Hubschraubern "mit der Konfiguration Step 3". "Die Step-4-Funktionalität soll im Rahmen der NH90-variantenübergreifenden Weiterentwicklung (Software Release 3) beginnend ab dem Jahr 2024 realisiert werden", so die Ausführungen im neuesten Rüstungsbericht des Verteidigungsministeriums.

An den Außenstationen können verschiedene Waffen wie Torpedos oder Lenkflugkörper zur Schiffabwehr mitgeführt werden. Damit bildet der Helikopter ein vielseitig einsetzbares Wirkmittel.
Mehr Wartungskapazität
Nach der Auswahlentscheidung, die im Juli 2019 durch Vizeadmiral Joachim Rühle (damals stellvertretender Generalinspekteur der Bundeswehr) gebilligt wurde, gab der Haushaltsausschuss des Bundestags im November 2020 die notwendigen 2,7 Milliarden Euro für die Beschaffung frei. Ein Argument dabei: "Vorteile bei Ausbildung und Wartung" durch gemeinsamen Betrieb mit dem Sea Lion. Der Vertrag zwischen NHI und der NATO Helicopter Management Agency vom 26. November 2020 sieht die Lieferungen von November 2025 bis April 2030 vor.

Der neue Fregattenhubschrauber der deutschen Marine: ab Ende 2025 soll der NH90 Sea Tiger ausgeliefert werden.
Industrie arbeitet an höherer Einsatzbereitschaft
"Aufgrund der bisher nicht zufriedenstellenden materiellen Einsatzbereitschaft des NH90 NTH Sea Lion im Anfangsflugbetrieb" sind die "Planungen und Vorbereitungen konsequent auf das Ziel auszurichten, von Beginn an ein einsatz- und versorgungsreifes Produkt auszuliefern, welches die funktionalen Forderungen abdeckt und eine hohe Verfügbarkeit aufweist", so die Bundeswehr im jüngsten Rüstungsbericht.

Die Endmontage der Sea Tiger findet bei Airbus Helicopters in Donauwörth statt.
Diesbezüglich bemüht sich NH Industries derzeit um Verbesserungen, um Deutschland als größten NH90-Kunden (82 Transporthubschrauber für das Heer, 49 Marineversionen) zufriedenzustellen. Man habe die Wartungskapazitäten verdoppelt und investiere nicht nur 230 Millionen Euro in neue Ersatzteile, sondern kaufe zum Beispiel nach der vorzeitigen Ausmusterung in Australien auch dort die Helikopter und die kompletten Ersatzteilbestände auf, um das verfügbare Inventar zu erhöhen, erläuterte NHI-Präsident Axel Aloccio.