ESA-Chef Wörner gibt Ausblick auf 2016

ExoMars, Galileo und Co.
ESA-Chef Wörner gibt Ausblick auf 2016

Zuletzt aktualisiert am 15.01.2016

Bei seiner ersten Jahrespressekonferenz als ESA-Generaldirektor bekräftigte Jan Wörner einmal mehr seine Idee eines "Moon Village" als Nachfolge für die internationale Raumstation ISS, die voraussichtlich bis 2024 betrieben wird. "Es handelt sich im Vergleich zur ISS um eine andere Form der Kooperation. Ein solches Dorf auf dem Mond wird nicht nach einem festen Plan aufgebaut werden", so Wörner. Wenn es nach ihm geht, verständigen sich künftig beteiligte Länder und Unternehmen gemeinsam auf einen passenden Ort auf dem Erdtrabanten, dann soll jeder nach seinen Interessen beitragen. Doch Wörner sagt auch: "Es handelt sich um eine Vision, nicht um ein finalisiertes Projekt." Im Februar oder März wird sich die ESA nach Angaben von Wörner mit ihrem amerikanischen Pendant NASA, mit der japanischen Raumfahrtagentur Jaxa und der russischen Roskosmos über die Zeit nach der ISS unterhalten.

Auch wenn Wörner mit dem "Moon Village" bereits die Post-ISS-Ära im Blick hat, ist er vom Wert der internationalen Raumstation überzeugt. Andeutungen Deutschlands und Frankreichs, möglicherweise aus der Finanzierung der ISS auszusteigen, sieht Wörner entsprechend kritisch. "Wir werden alles tun, um die ESA-Mitglieder von der Bedeutung der ISS zu überzeugen", sagt Wörner. Mit dem Briten Tim Peak, der noch bis Juni auf der ISS ist, und dem Franzosen Thomas Pesquet, der im November zu einem sechsmonatigen Aufenthalt aufbricht, stellt die ESA dieses Jahr zwei europäische Astronauten. Der nächste Deutsche soll 2018 zur ISS fliegen, so Wörner.

Während das "Moon Village" noch Zukunftsmusik ist, nähert sich das wohl wichtigste europäische Projekt 2016 dem Start: die erste ExoMars-Mission in Kooperation mit Roskosmos soll im März beginnen, die Ankunft auf dem Mars ist für Oktober vorgesehen. Ein Spurengasorbiter soll die Marsatmosphäre untersuchen, zudem werden mit einem Eintritts-, Abstiegs- und Landedemonstrationsmodul (EDM) Landungstechnologien für künftige Missionen auf dem roten Planeten erprobt. Eine zweite Mission ist für 2018 geplant.

Noch im Januar soll mit dem Start der ersten Nutzlast des europäischen Datenrelaissystems (European Data Relais System, EDRS) der Grundstein für eine Datenautobahn im All gelegt werden. Am 27. Januar startet die erste Nutzlast EDRS-A Huckepack auf einem Eutelsat-Satelliten ins All. Mit Lasertechnologie werden Daten von Satelliten in nicht-geostationärer Umlaufbahn weitergeleitet. So soll die Übertragungsgeschwindigkeit drastisch erhöht werden. Das Projekt ist eine öffentlich-private Partnerschaft zwischen ESA und Airbus Defence and Space. Den neuen Datendienst wird zunächst das Erdbeobachtungsprogramm Copernicus von ESA und Europäischer Kommission in Anspruch nehmen.

Wörner: "Wiederverwendbarkeit ist ein interessanter Aspekt"

Auch im Rahmen von Copernicus werden 2016 mehrere Satelliten gestartet: Sentinel-3A untersucht die Meeresoberflächentopographie, die Meeres- und Oberflächentemperatur und die Farbe der Ozean- und Landoberflächen, Sentinel-5P soll unter anderem die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre messen. Zudem starten Sentinel-1B und -2B, die mit hochentwickeltem Radar und hochauflösender Multispektralkamera einer besseren Datenerfassung und -übertragung dienen.

Im Oktober bringt eine Ariane 5 erstmals vier Galileo-Satelliten gleichzeitig in den Orbit. Die Konstellation des europäischen Satellitennavigationssystems umfasst dann 16 Satelliten. Erste Dienste sollen noch dieses Jahr starten, darunter der Open Service, mit dem eine kostenlose Positionsbestimmung für alle Nutzer ermöglicht wird.

Bis Wörners Vision eines Dorfs auf dem Mond Wirklichkeit wird, hat die ESA also noch genügend andere Projekte. Auch die Entwicklung der neuen Ariane 6 steht auf dem Programm. Dabei hat das Joint-Venture Airbus Safran Launchers (ASL) die volle Verantwortung für das Design, finanziert wird das Programm aber zu einem großen Teil von der ESA. Mit Blick auf SpaceX' geglückte vertikale Landung der ersten Stufe sagt Wörner: "Wiederverwendbarkeit ist ein interessanter Aspekt, aber nicht der einzige." Die neuen europäischen Trägerraketen Ariane 6 und Vega C werden nicht wiederverwendbar sein. Dafür wird aber zumindest die Ariane 6 deutlich günstiger: Die Kosten sollen sich nach Angaben von Wörner um die Hälfte im Vergleich zur Ariane 5 reduzieren.