Donald Trump hat den Technologie-Unternehmer Jared Isaacman erneut als Chef der Behörde nominiert – nachdem er die erste Nominierung im Mai überraschend zurückgezogen hatte. Jetzt könnte die US-Raumfahrtbehörde NASA möglicherweise vor der größten Umstrukturierung ihrer Geschichte stehen.
Hintergrund der erneuten Nominierung des Milliardärs sind offenbar Spannungen innerhalb der republikanischen Regierung. Hinzu kommt ein brisantes Strategiepapier, das Isaacman im Sommer vorgelegt hatte. Das Dokument mit dem Titel "Project Athena" skizziert weitreichende Einschnitte und eine Neuausrichtung der traditionsreichen Behörde mit ihren 18.000 Mitarbeitern. Wirtschaftlichkeit soll künftig im Fokus der NASA stehen.
Dienstleistung statt Wissenschaft
Besonders kontrovers ist Isaacmans Vision für die NASA-Forschung. Statt eigene Satelliten zu betreiben, soll die Behörde künftig wissenschaftliche Daten von privaten Unternehmen kaufen – ein Modell, das er als "Wissenschaft als Dienstleistung" bezeichnet. Zudem fordert das Papier, die NASA solle sich aus der staatlich finanzierten Klimaforschung zurückziehen und diese den Universitäten überlassen. Profiteure wären vor allem kommerzielle Weltraumdienstleister wie Blue Origin oder SpaceX, die von zwei der reichsten Männer der Welt, Jeff Bezos und Elon Musk, geführt werden.
Wissenschaftler und ehemalige NASA-Verantwortliche reagieren alarmiert auf Isaacmans Pläne. Ein früherer NASA-Funktionär nannte die Vorschläge fahrlässig. Kritiker bemängeln außerdem, dass das Konzept das Wesen wissenschaftlicher Forschung verkenne – diese sei naturgemäß keine kommerzielle Aktivität. Zudem finanziert die NASA bereits heute große Teile der universitären Forschung durch Fördermittel.
Alles für die Wirtschaftlichkeit
Konkret will Isaacman das Space Launch System streichen, jene Schwerlastrakete, die für die Artemis-Mondmissionen entwickelt wurde. Auch die geplante Gateway-Raumstation im Mondorbit soll nach nur zwei weiteren Missionen eingestellt werden. Die Komponenten dieser Programme sollen stattdessen in ein nukleares Antriebsprogramm einfließen – eine Technologie, die Isaacman für unverzichtbar hält, um den Mars und das äußere Sonnensystem zu erreichen. Die Faszination für den Mars teilt er mit Musk.
Diese Position deckt sich teilweise mit Trumps Haushaltsvorschlag, der bereits die Streichung von Gateway und eine Beendigung des SLS-Programms nach der dritten Artemis-Mission vorsah. Allerdings haben Parlamentarier inzwischen Mittel für zusätzliche Artemis-Missionen in ein Gesetzespaket aufgenommen.
Auch die Struktur der NASA-Standorte soll auf den Prüfstand. Das Strategiepapier fordert, die "Relevanz und fortlaufende Notwendigkeit" jedes NASA-Zentrums zu überprüfen. Besonders das renommierte Jet Propulsion Laboratory in Kalifornien gerät ins Visier. Das Dokument kritisiert dessen "sehr teure" Vertragsstruktur und stellt in fast schon skeptischem Ton die Frage: "Was wird eigentlich am JPL gebaut?"
Geplant sind weitreichende Konsolidierungen: Missionskontrollfunktionen verschiedener Zentren sollen im Johnson Space Center in Texas gebündelt werden, das zum "Exzellenzzentrum für bemannte Raumfahrt" aufsteigen soll – nicht nur für die NASA, sondern perspektivisch für alle kommerziellen Raumfahrtmissionen. Luftfahrtprogramme, die derzeit über mehrere Standorte verteilt sind, sollen am Armstrong Flight Research Center in Kalifornien zentralisiert werden.
Isaacman verteidigt seine Pläne
Nachdem Isaacmans Pläne für die NASA veröffentlicht wurden, äußerte sich der Privat-Astronaut auf X zu dem Vorfall: "Es stimmt, dass Athena ein Entwurfsplan war, an dem ich mit einer sehr kleinen Gruppe von der Zeit meiner ersten Nominierung bis zu deren Rückzug im Mai gearbeitet habe. Teile davon sind jetzt überholt, und es war immer als lebendes Dokument gedacht, das nach der Bestätigung durch Datenerhebung verfeinert werden sollte. Ich würde denken, es ist besser, einen Plan zu haben, wenn man eine so große Verantwortung wie die Leitung der NASA übernimmt, als gar keinen Plan", erklärte er.
Mit der Kritik an dem Vorhaben setzte er sich in dem Beitrag allerdings nicht auseinander: "Ich denke, es gibt viele Elemente des Plans, die die Raumfahrtgemeinschaft und die NASA aufregend finden würden, und es wäre enttäuschend, wenn sie nie verwirklicht würden. Hauptsächlich denke ich einfach nicht, dass die Raumfahrtgemeinschaft Zeile für Zeile debattieren muss, während die NASA und der Rest der Regierung einen Shutdown durchmachen."
Stattdessen fasste er die Kernvorhaben noch einmal zusammen: Eine grundlegende Strukturreform soll Hierarchieebenen abbauen und die Entscheidungswege zwischen Führung und technischem Personal verkürzen. Beim Mondprogramm soll am Artemis-Programm festgehalten, langfristig aber zu einer kostengünstigeren Architektur übergegangen werden. Danach sollen Ressourcen in Zukunftstechnologien wie nukleare Antriebssysteme fließen. Eine Streichung von Gateway oder SLS ist laut Isaacman explizit nicht vorgesehen.
Für die Wirtschaftlichkeit der Raumfahrt setzt der Plan auf eine Maximierung der ISS-Nutzung und engere Industriepartnerschaften. Ziel ist es, mehr Wert aus dem Weltraum zu gewinnen, als investiert wird – eine Grundvoraussetzung für den Erfolg kommerzieller Raumstationen.
Im Wissenschaftsbereich schlägt der Plan einen "CLPS-Ansatz" vor: Statt einzelner Milliarden-Missionen lieber zehn kleinere Projekte zu je 100 Millionen Dollar. Bei der Erdbeobachtung sollen Daten von bestehenden kommerziellen Satellitenkonstellationen gekauft werden, statt eigene teure Systeme zu entwickeln. Das JPL bleibt dabei unverzichtbar. Für die Zukunft ist eine "Sternenflotten-Akademie" zur Ausbildung der kommerziellen Raumfahrtindustrie geplant sowie eine konsolidierte Missionskontrolle als "NORAD des friedlichen Weltraums", die mehrere zivile und kommerzielle Missionen parallel überwachen kann.
Politisches Minenfeld
Die Umsetzung dieser Pläne gilt als politisch heikel, egal ob in Isaacmans abgeschwächter Version oder in der Originalfassung. Viele der vorgeschlagenen Änderungen benötigen die Zustimmung des Kongresses, der bereits Skepsis signalisiert hat.
Isaacmans erste Nominierung war im Mai gescheitert, nachdem Trump von Spenden an die Demokratische Partei erfahren hatte und sich mit Isaacmans Milliardärskollege Elon Musk zerstritt.

Mit der Inspiration4-Mission von SpaceX kaufte sich Isaacman 2021 für mehrere 100 Millionen Euro einen Flug ins All.
Der SpaceX-Chef, bei dem Isaacman Hunderte Millionen Dollar für private Raumflüge ausgegeben hat, hatte sich zu diesem Zeitpunkt gerade von seiner Regierungsrolle zurückgezogen.
Mit Verkehrsminister Sean Duffy hatte Trump zunächst einen Übergangschef eingesetzt. Über den Sommer kam es offenbar zu Machtkämpfen zwischen Duffy und Isaacman um die Kontrolle über die Behörde und die Gunst des Präsidenten.
Im Oktober kursierten Gerüchte, das Weiße Haus erwäge eine erneute Nominierung Isaacmans, der sich zwischenzeitlich mit Trump getroffen hatte. Branchenquellen berichteten zudem von Irritationen in der Regierungszentrale über Duffy, der offenbar Ambitionen hegte, dauerhaft als geschäftsführender Administrator im Amt zu bleiben.
Isaacman betonte nun, seine Vorschläge stimmten vollständig mit seinen Aussagen in der Senatsanhörung überein. Er verteidigte das Konzept: "Das Ziel ist es, die NASA zu reorganisieren und neu zu beleben, den Fokus auf amerikanische Führung im All zu legen, die Orbitalwirtschaft zu erschließen und weltverändernde Entdeckungen zu beschleunigen." Ob der Kongress die ambitionierten Umbaupläne mittragen wird, bleibt abzuwarten.





