Gepostet hat er es also nicht, denn wenn er auch gewisse intelligente Züge trägt, reicht es doch nicht so weit, dass er von sich aus Selfies macht und zur Erde schickt. Die Sache hat einen anderen Hintergrund. Eigentlich ist der Rover derzeit schwer beschäftigt. Auf dem Weg Richtung Südwesten passierte er eine geologisch äußerst interessante Zone, die von den Experten auf der Erde den Namen „Marias Pass“ erhalten hatte. Hier bohrte er an einer Stelle namens „Buckskin“ ein kleines Loch und analysierte das gewonnene Gesteinsmehl auf seine Zusammensetzung. Damit die Wartezeit bis zum Vorliegen der Ergebnisse nicht zu lang wurde, dachten sich die Steuerleute das Selfie aus.
Es zeigt das Marsauto auf einem sechs Meter hohen Hügel, wo es sich mit dem MAHLI-Instrument (Mars Hand Lens Imager) am 5. August 2015 aus den verschiedensten Richtungen selbst fotografierte. Nach der Zeitrechnung war das an Sol 1065, dem 1065. Arbeitstag auf der Oberfläche des Roten Planeten. Um eine Vorstellung von der Größe des Bildausschnitts zu bekommen, zieht man am besten den Durchmesser der Räder mit 50 Zentimetern heran. Damit der Rover nicht zu klein wirkt, ist das hier wiedergegebene Bild ein Ausschnitt aus einem großen Panorama des Geländes an „Marias Pass“.
MAHLI befindet sich am Ende des Roboterarms, der für dieses Bild tief am Marsboden positioniert wurde. So sieht es aus, als stünde der Betrachter am Fuße des kleinen Hügels und könne von da aus auch die Unterseite des Fahrzeugs sehen. Allerdings wird man auf dem Foto vergeblich den Roboterarm suchen. Bei allen Teilfotos versuchten die Steuerleute nämlich den Arm so zu positionieren, dass er nicht Teile des Rovers verdeckt. Dass das und vor allem wie das funktioniert, hatten Spezialisten des Jet Propulsion Laboratory der NASA bereits im Juli 2013 mit ihrem Test Rover VSTB (Vehicle System Test Bed) ausprobiert, der baugleich und mit der gleichen wissenschaftlichen Ausrüstung in einer Halle in Pasadena steht.

Nachdem sie also genügend am Boden geübt hatten, ließen sie die Roverkamera insgesamt 92 Teilaufnahmen anfertigen, die am Computer zum oben stehenden Bild komponiert wurden. Indessen fuhr Curiosity weiter und brachte seine gesamte, seit der Landung auf dem Mars zurückgelegte Fahrstrecke auf 11,1 Kilometer. Gleichzeitig analysierte das Labor im Inneren des Fahrzeugs das eingesammelte Gesteinspulver von der Bohrung, das höhere Anteile an Silizium und Wasserstoff hatte als vergleichbare Proben anderer Untersuchungsobjekte.„Wir gehen nach Auswertung der Analysen davon aus, dass der Marsboden an ‚Marias Pass‘ viermal mehr Wasser enthielt, als das an anderen Stellen der Fall war“, sagte Igor Mitrofanow vom Moskauer Raumforschungsinstitut.
Er betreut als verantwortlicher Wissenschaftler die Arbeit des DAN (Dynamic Albedo of Neutrons) genannten Instruments, das Neutronen in den Untergrund schießt und deren mögliche Interaktion mit Wasserstoffatomen regis-triert. Auf dem leicht ansteigenden Weg zum Mount Sharp, dem Zentralberg des Kraters Gale, hat das Labor zuletzt immer mehr Schichten verschiedener Ablagerungen entdeckt. Bisher konnten Ton- und Sandsteinschichten identifiziert werden, was darauf hinweist, dass es einst hier viel Wasser gab. Vielleicht ist einiges davon noch an Mineralien im Untergrund gebunden, doch das konnte noch nicht abschließend geklärt werden. Erst bei künftigen Missionen wird man mit Bohrern bis zu zwei Meter in den Boden eindringen können.
FLUG REVUE Ausgabe 10/2015