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SOFIA - Fliegendes Infrarot-Observatorium

    SOFIA
    Fliegendes Infrarot-Observatorium

    Seit Ende 2010 setzen Astronomen aus Deutschland und den USA ein neuartiges Beobachtungsgerät für die Untersuchung kosmischer Phänomene ein, das Experten in aller Welt mit Begeisterung erfüllt. Es soll die Infrarotforschung revolutionieren.

    Fliegendes Infrarot-Observatorium

    Warum eigentlich baut man ein solch kompliziertes und teures Teleskop an Bord eines Flugzeuges, wenn es doch heutzutage Satelliten gibt, die weit draußen im All ungestört die Sterne beobachten können? „Weil die Sensoren extrem tief gekühlt werden müssen, damit sie selbst schwache Infrarotstrahlung registrieren können“, erklärt Prof. Dr. Alfred Krabbe, Leiter des SOFIA-Instituts in Stuttgart. „Das geschieht mit flüssigem Helium, das aber im Laufe der Zeit verdampft. Wir können indessen nach jedem Flug nachtanken und so unser System mindestens 20 Jahre lang betreiben.“ So lange hält kein Satellit durch.

    SOFIA steht für Stratospheric Observatory for Infrared Astronomy und ist ein Gemeinschaftsprojekt der NASA und des DLR. Das Forschungsziel besteht in astronomischen Beobachtungen im Infrarot- und Submillimeterbereich oberhalb der störenden Lufthülle der Erde. Für bodengebundene Anlagen ist dieser Wellenbereich des elektromagnetischen Spektrums weitgehend unzugänglich, weil der Wasserdampf in der Troposphäre infrarote Strahlung weitgehend absorbiert. Bis Mitte der 1990er Jahre nutzten die Astronomen deshalb das fliegende Kuiper Airborne Observatory (KAO) der NASA mit einem 91-Zentimeter-Teleskop an Bord und entdeckten damit unter anderem die Uranus-Ringe.

    Dennoch gab es einen weitgehend unerforschten Bereich des infraroten Spektrums, so dass es notwendig wurde, ein neues Teleskop zu entwickeln. Es soll mit höherer Winkel- und Spektralauflösung sowie gesteigerter Empfindlichkeit fundamentale Fragen der galaktischen und extragalaktischen Astronomie, des Ursprungs und der Entwicklung des Sonnensystems beantworten helfen. Zehnmal höher soll die Empfindlichkeit, dreimal besser die Auflösung sein als bei KAO. „Bei jedem Flug sind die Astronomen mit an Bord“, sagt Prof. Krabbe, „und sind in der Lage, Einfluss auf die Beobachtungen zu nehmen. Derzeit können wir sieben verschiedene Instrumente mit dem Teleskop verbinden, und wer weiß, was die Zukunft noch bringt?“ Das ist ein weiterer Vorteil gegenüber den Satelliten, denn „bei denen ist die installierte Technik schon beim Start veraltet. Sofia hingegen kann während der gesamten Lebensdauer immer mit den jeweils neuesten Sensoren nachgerüstet werden“, betont Prof. Krabbe. Dennoch soll SOFIA auch als Testplattform für Instrumente genutzt werden die möglicherweise einmal an Bord von Satelliten installiert werden könnten.

    Derzeit stellt die deutsche Seite zwei Instrumente, das hoch auflösende Heterodyn-Spektrometer GREAT des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn und das abbildende Linienspektrometer FIFI-LS des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik in Garching. Beide wurden von den beteiligten Instituten finanziert und mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.

    Bereits Ende 1996 vereinbarten die NASA und das DLR die Entwicklung von SOFIA. Die NASA stellt das Trägerflugzeug vom Typ Boeing 747SP, während MAN Technologie (heute MT-Mechatronics) und Kayser-Threde das 2,7-Meter-Teleskop bauten. Umfangreiche Modifikationen waren am Flugzeug vonnöten, denn es fliegt in rund 12 000 Metern Höhe mit einer geöffneten großen Luke auf der Backbordseite. Dabei stand das ganze Projekt schon einmal auf der Kippe, denn im Zuge finanzieller Streichungen des NASA-Etats seitens der Bush-Regierung sollten auch die Arbeiten an SOFIA eingestellt werden. Erst nachdrückliche politische Intervention aus Berlin rettete das fliegende Teleskop, das im April 2007 endlich mit den Flugtests beginnen konnte. Endgültiger Stationierungsort von SOFIA ist seit 2008 die Dryden Aircraft Operation Facility der NASA in Kalifornien mit einem riesigen Hangar für die Wartung und die für die Beobachtungen erforderlichen Umbauten. Nach einem umfangreichen Flugtestprogramm konnte dann Ende 2010 die wissenschaftliche Nutzung des Observatoriums beginnen. In jedem der kommenden Jahre sind etwa 160 Messflüge geplant, die jeweils sechs bis acht Stunden dauern werden.

    „Eine unserer größten Sorgen waren die Vibrationen während des Fluges“, berichtet Prof. Krabbe. „Auch die genaue Positionierung des Teleskops verfolgten wir mit Spannung, aber alles funktioniert besser als erwartet.“ Zugleich weist der Astronom darauf hin, dass das Flugzeug flexibel eingesetzt werden und praktisch von jedem Flughafen der Welt aus starten kann. Das ermöglicht den weltweiten Zugang zu kurzfristig auftauchenden Beobachtungsobjekten, die von den Experten als „Targets of Opportunity“ bezeichnet werden.

    Ein Memorandum of Understanding regelt inzwischen die Verteilung der Arbeitspakete zwischen NASA und DLR. So beteiligt sich die deutsche Seite mit 20 Prozent am Betrieb des Teleskops und bekommt dafür rund 30 Beobachtungsflüge jährlich zugeteilt. Diese Arbeiten werden vom Deutschen SOFIA-Institut (DSI) in Stuttgart koordiniert, wozu unter anderem auch die Bereitstellung von Ersatzteilen gehört. Inzwischen haben die Wissenschaftler erste Bilder ihrer Beobachtungen veröffentlicht, die für Laien zuerst einmal nicht sonderlich aussagekräftig waren, für die Experten aber ein emotionales Ereignis darstellten. Die Beobachtungen galten  sternbildenden Wolken im Sternbild Orion und wurden mit zwei verschiedenen Filtern angestellt. „Zu unseren nächsten Aufgaben wird die Entwicklung empfindlicherer Geräte gehören“, verweist Prof. Krabbe auf ein Problem der derzeitigen Technik. Die Unruhe der Luft selbst in diesen großen Höhen führt noch immer zu Unschärfen, was bei höheren Wellenlängen zur sogenannten „Bildverschmierung“ führt. So liegen noch einige Herausforderungen vor den Wissenschaftlern, doch gerade die machen das Ganze ja so aufregend.

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