Eigentlich hätte das UFO bereits seinen ersten Test hinter sich haben sollen, aber widrige Witterungsbedingungen über der Pacific Missile Range Facility der US Navy in Kaua’i auf Hawaii verhinderten bislang den Start des LDSD. Die Abkürzung steht für Low-Density Supersonic Decelerator und beschreibt eine neuartige Landehilfe, mit der die NASA künftig Nutzlasten auf die Marsoberfläche bringen will.
Hintergrund des technologischen Manövers ist die Vorbereitung auf künftige Flüge zum Roten Planeten bis hin zu bemannten Missionen, für die große Mengen an Ausrüstungen, Treibstoff, Wasser, Lebensmittel usw. auf die Marsoberfläche gebracht werden müssen. Wie aber sollen die dafür noch zu kons-truierenden Landekörper für einen sicheren Abstieg mit Überschallgeschwindigkeit ausgestattet sein? Airbags oder das Abseilen von schwebenden Plattformen, wie sie bei bisherigen Roverlandungen eingesetzt wurden, muss man für die zu befördernden Lasten wohl ausschließen, und Bremstriebwerke sowie Landegestelle sind auch keine praktikable Lösung. Sie wären zu groß und zu schwer, was auf Kosten der Nutzlast ginge, und schließlich wären sie nach einer – hoffentlich geglückten – Landung auf dem Mars nur nutzloser Schrott.
Zu guter Letzt stoßen auch Landefallschirme irgendwann an ihre Kapazitätsgrenzen, von ihrer Eigenmasse ganz zu schweigen. Da brachte ein Blick auf ein Vorbild in der Natur findige Köpfe auf einen fast genial zu nennenden Gedanken: Der Kugelfisch nimmt nämlich bei Gefahr seine charakteristische Kugelgestalt an, indem er sich mit Wasser vollpumpt. Sollte dieses Prinzip nicht auch als Vorbild für eine neuartige Landehilfe dienen können?
Der Grundgedanke für die Funktionsweise des LDSD ist nun, dass eine aus widerstandsfähigem Kevlar bestehende „Linse“ mit der Nutzlast im Inneren sich immer weiter aufbläst, je tiefer sie sinkt, je dichter also die Marsatmosphäre wird. Letztlich soll sie so groß werden, dass sie praktisch als Luftkissen weich auf der Oberfläche niedergehen kann. Dabei soll in der Endphase des Abstiegs ein zusätzlicher Fallschirm die Landegeschwindigkeit bremsen.
In der derzeitigen Konfiguration hat das UFO eine Eigenmasse von drei Tonnen; weitere drei Tonnen sollen als Nutzlast mitgeführt werden können. Allerdings geht man davon aus, dass die Hülle und der Fallschirm sowie ein Hitzeschild an der Unterseite nach der Landung für den Aufbau einer Marsstation genutzt werden können und deshalb also keinen unnützen Ballast darstellen.
Beim bevorstehenden ersten Testflug wird der LDSD-1 mit einem Heliumballon bis in die Stratosphäre und von dort aus mit Hilfe eines Bordtriebwerks auf 55 Kilometer Höhe gebracht. Nach dem Ausklinken beginnt der Rücksturz des Landekörpers mit etwa vierfacher Landegeschwindigkeit zur Erde. Die Bedingungen bei diesem Flug sollen dabei denen eines Abstiegs in der Marsatmosphäre gleichen, auch wenn diese dünner als die Lufthülle der Erde ist. Während des Niedergehens vergrößert sich der Durchmesser des Vehikels von 4,7 auf 6 Meter, ohne dass dabei seine Masse zunimmt.
Dem ersten Flug sollen im nächsten Jahr zwei weitere folgen; insgesamt dauert die Testserie bis 2015. Das Programm umfasst die Entwicklung und Erprobung zweier sogenannter Supersonic Inflatable Aerodynamic Decelerators in zwei Versionen, SIAD-R mit sechs und SIAD-E mit acht Metern Durchmesser, sowie eines als SSDS (Supersonic Disk Sail) bezeichneten Fallschirms, der es auf 30 Meter Durchmesser bringt.
Beide Versionen könnten, wenn alle Tests erfolgreich absolviert werden, bei künftigen robotischen Missionen der NASA zum Mars eingesetzt werden. Eventuell ist es sogar möglich, den Durchmesser und damit die Nutzlastkapazität der „fliegenden Untertassen“ künftig noch zu vergrößern, womit eine der größten Schwierigkeiten im Hinblick auf bemannte Missionen erfolgreich überwunden würde.
FLUG REVUE Ausgabe 08/2014
Vorbild Natur : Mars-Lander der NASA
Tatsächlich sieht dieses Fluggerät wie eine fliegende Untertasse aus, doch ist es mitnichten das Requisit eines Sci-Fi-Films aus Hollywood.
