Kein Mensch hat je dauerhaft in der Antarktis gelebt. Die veränderten Tag-Nacht-Zyklen und die desorientierende, menschenfeindliche Umgebung ähneln keinem anderen bewohnten Ort auf der Erde.
Gerade diese Menschenfeindlichkeit teilt sich die Antarktis mit dem Weltall. Die Extrembedingungen und die Isolation, mit denen Polarforscher auf dem "weißen Kontinent" konfrontiert werden, ähneln dem, was Raumfahrer im All erwartet.
Leben und arbeiten unter extremsten Bedingungen
Die europäische Raumfahrtagentur ESA schickt seit 20 Jahren wegen dieser Parallelen Ärzte an den Südpol, um die Grenzen menschlicher Belastbarkeit im All besser zu verstehen.
Die französisch-italienische Concordia-Station auf dem antarktischen Hochplateau bietet Bedingungen, die sich nirgendwo sonst auf der Erde so konzentriert finden lassen; monatelange Isolation, permanente Dunkelheit, extreme Kälte und chronischer Sauerstoffmangel durch die Höhenlage – denn die Station liegt 3.233 Meter über dem Meeresspiegel.
Im Winter ist die Basis komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Das heißt, es sind weder Hilfe von außen noch eine Evakuierung ohne weiteres möglich. Genau diese Autonomie wird auch bei allen längeren Missionen im Orbit zur Überlebensfrage.
Wissenschaftler untersuchen beispielsweise, wie sich die Psyche unter Isolation verändert, wie der Körper auf reduzierten Sauerstoff reagiert und welche Dynamiken in einer auf sich gestellten Gruppe entstehen. Die gesammelten Daten helfen, Auswahlverfahren für Astronauten zu verbessern, Trainingsmethoden anzupassen und medizinische Vorsorgemaßnahmen zu entwickeln, wie die ESA berichtet.

Die Isolation auf der Forschungsstation bietet Aufschluss über Auswirkungen auf die Psyche von Raumfahrern.
Für die europäische Raumfahrtbehörde hat sich das Programm ausgezahlt. Selbst Mitglieder der ESA-Astronautenreserve absolvierten bereits ihre Bewährungsprobe im antarktischen Eis. Was sie dort über menschliche Anpassungsfähigkeit lernen, fließt unmittelbar in die Vorbereitung künftiger Raumfahrtprojekte ein.
Die ESA ist nicht die einzige Organisation mit Forschungsstandorten am Südpol. China betreibt dort insgesamt gleich fünf Stationen, davon sind zwei reine Sommerstationen, die nicht das ganze Jahr betrieben werden. Auch die USA betreiben drei Ganzjahresstationen am Südpol, darunter auch die südlichste Forschungsbasis.

Auf der Ross-Insel befindet sich die größte US-amerikanische Forschungsbasis, McMurdo Station.
Neben der Humanforschung nutzen mehrere Nationen die Antarktis auch für weltraumtechnische Infrastruktur. Bodenstationen am Südpol können Satelliten in polaren Umlaufbahnen besonders effizient verfolgen und Daten empfangen, da diese Satelliten mehrmals täglich über die Polarregionen fliegen.
So baut China seit einigen Jahren vorhandene Anlagen aus, um die wachsende Zahl an Erdbeobachtungssatelliten zu steuern. Auch kommerzielle Betreiber wie das norwegische Unternehmen KSAT unterhalten dort Antennenanlagen. Die Polarregion wird damit zunehmend zu einem strategischen Knotenpunkt der globalen Raumfahrtinfrastruktur.





