Der Flugplan ist eingereicht, am 11. Dezember soll der Airbus A340-642 mit der Kennung N340YY im französischen Chateauroux abheben. Als Ziel ist Kaduna in Nigeria angegeben – aber das wahre Ziel liegt trotz Ausfuhrsanktionen im Iran. Mahan Air als größte iranische Fluggesellschaft verfügt nämlich über die aktuell zweitgrößte Flotte des Airbus A340. Das Großraum-Passagierflugzeug mit seinen vier Triebwerken ist aufgrund des hohen Kraftstoffverbrauchs bei den meisten Fluglinien in Ungnade gefallen. Im Iran bildet das Muster aber mit 22 Flugzeugen das Rückgrat der Langstrecken-Passagierflotte von Mahan Air. Dazu gehören zwei Maschinen der Baureihe 211, zwölf Exemplare der Version 311/313 und acht Einheiten der Serie 642. Aufgrund der vom US-Finanzministerium verhängten Sanktionen und einiger an Conviasa verleaster Flugzeuge sind derzeit jedoch nur sieben dieser Airliner in Betrieb – drei A340-311/313 und vier A340-642.
Gegen 11 Uhr Ortszeit sollte die A340 am 11. Dezember in Richtung Nigeria starten. Doch daraus wurde nichts.
Flug nach Nigeria verhindert
Daher bemüht sich Mahan Air verstärkt unter Umgehung der US-Embargos um A340-Ersatzteile und gebrauchte Flugzeuge. Seit Oktober greifen die Iraner auf die Hilfe der nigerianischen Fluggesellschaft Azman Air zurück, um mehrere A340-642 zu erwerben. Das erste Flugzeug (MSN 0765) wurde am 15. November 2024 an Mahan Air ausgeliefert, während sich die Auslieferung des zweiten Flugzeugs (MSN 0764) verzögert hat: Am 11. Dezember 2024 wurden die Eigentümer des zweiten Airbus A340-642 darüber informiert, dass Mahan Air der Endnutzer des Flugzeugs sein könnte, was sie dazu veranlasste, das Flugzeug vorübergehend stillzulegen und seine Auslieferung an Nigeria zu verhindern.
Rückgrat der Flotte
Die Airbus A340-Flotte von Mahan Air spielt eine wichtige Rolle für die Rentabilität der Fluggesellschaft, da sie die iranische Hauptstadt Teheran mit vier Zielen in China, zwei in Thailand, zwei in der Türkei und einem in den Vereinigten Arabischen Emiraten verbindet. Seit der Verhängung der Embargos gegen die Flüge von Mahan Air nach Europa hat die Fluggesellschaft ihre A340 hauptsächlich für die Flüge nach China eingesetzt. Dabei befördern sie nicht nur Passagiere, sondern auch Fracht wie Fahrzeug- und LKW-Teile für große iranische Automobilhersteller wie Kerman Khodro zu befördern, das einem der Gründer der Fluggesellschaft, Hossein Marashi, gehört.
Die A340-Familie ist das Rückgrat der Langstreckenflotte von Mahan Air.
Rentabel dank Staatshilfe
Dank staatlicher Subventionen und billigem Kerosin konnte Mahan Air ihre Airbus A340-Flugzeuge trotz ihrer vierstrahligen Bauweise wirtschaftlich betreiben. Ihre Rentabilität war so hoch, dass sich die Fluggesellschaft weigerte, ihre Flüge nach China während der Coronavirus-Pandemie einzustellen, die zur Infektion vieler Besatzungsmitglieder des A340 und zum Tod von mindestens einem Piloten und einer Flugbegleiterin führte.
An Syrien und Venezuela verliehen
Mahan Air nutzt seine A340 nicht nur für eigene Passagier- und Frachtflüge, sondern erzielt auch erhebliche Einnahmen durch die Vermietung an die Gesellschaften der Verbündeten des Regimes. In den Jahren 2017 und 2020 begann Mahan Air mit dem Wet- und anschließend mit dem Dry-Leasing zweier Airbus A340-313X an Syrian National Airlines (MSN 0381 bzw. MSAN 0280). Diese Flugzeuge wurden von der Fluggesellschaft für internationale Flüge mit den Registrierungscodes YK-AZA und YK-AZB betrieben, bis sie Anfang und Mitte 2024 wegen fehlender Ersatzteile und der Erreichung ihrer C- und D-Check-Zeiten gegroundet wurden. Neben Syrian Air hat Mahan Air auch einen Airbus A340-211 (YV3554) und drei A340-642 (YV3533, YV3535 und YV3545) vorübergehend an die nationale Fluggesellschaft Venezuelas, Conviasa, übergeben (Dry Lease). Diese Flugzeuge wurden zwischen 2022 und 2024 schrittweise ausgeliefert. Bis auf eine der A340-642, YV3533 (MSN 0376), sind die übrigen Flugzeuge in Südamerika flugfähig.
Militärische Einsätze
Mahan Air setzte seine Flotte aber auch zur Unterstützung militärischer Aufträge ein mit dem Transport von Material und Personen in den Libanon und nach Syrien. Nach dem Sturz des Regimes von Bashar Assad am 8. Dezember führten zwei A340-313 der Fluggesellschaft (EP-MMT und EP-MJF) mehrere Flüge zum russischen Luftwaffenstützpunkt Himeimim in Latakia durch und evakuierten Hunderte von dort eingeschlossenen iranischen Bürgern.
Strohmann-Kauf über Gambia
In den Jahren 2022 und 2023 hat Mahan Air zwei ehemalige Airbus A340-211 der französischen Luftwaffe (einer davon ist jetzt an Conviasa verleast) über ein in Indonesien ansässiges Unternehmen, vier ehemalige A340-311/313 der Turkish Airlines über ein in Hongkong ansässiges Unternehmen namens Avro Global Limited sowie eine A340-313 (MSN 0474) und eine A340-642 (MSN 0933) über ein in Gambia ansässiges Unternehmen namens Macka Invest beschafft. Die über Macka Invest erworbenen Flugzeuge wurden am 29. Februar 2024 vom Flughafen Siauliai in Litauen nach Teheran und Chabahar im Iran geflogen. Macka Invest versuchte, eine zweite A340-642 (MSN 0764) an Mahan Air zu verkaufen, doch als das Flugzeug am 9. März 2024 nach Teheran fliegen sollte, wurde es von der litauischen Zivilluftfahrtbehörde aus dem Verkehr gezogen.
Rumänische Firma soll helfen
Da die A340-642 (MSN 0764) nicht an Mahan Air ausgeliefert werden konnte, wurde sie am 29. Juli 2024 von Macka Invest an Extremed Aviation Srl verkauft. Das rumänische Unternehmen beauftragte eine in den USA ansässige Firma, die zivile Kennung N340YY für das Flugzeug zu erhalten und es am 23. August 2024 vom Flughafen Siuliai zum Flughafen Châteauroux in Frankreich zu überführen. Ursprünglich sollte das Flugzeug ausgemustert und dann in Frankreich verschrottet werden, aber die Pläne wurden geändert, nachdem Azman Air versucht hatte, es im Rahmen eines Leasingvertrags zu kaufen. Anschließend sollte das Flugzeug am 11. Dezember 2024 zum Kaduna International Airport in Nigeria geflogen werden. Der für 05:00 Uhr morgens Ortszeit vorgesehene Abflug von Châteauroux verzögerte sich bis 11:20 Uhr und wurde dann gestrichen, da die für die Überführung nach Nigeria zuständige Gesellschaft das Flugzeug aufgrund von Bedenken hinsichtlich seiner künftigen Übernahme durch Mahan Air am Boden halten ließ.
Die N340YY bleibt vorerst in Frankreich abgestellt.
Fingierte Notlandung in Teheran
Dieselbe nigerianische Fluggesellschaft, die versuchte, die A340-642 mit der Kennung N340YY für eine mögliche Übergabe an Mahan Air zu erwerben, ließ ihr bisher einziges Flugzeug dieses Typs, die 5N-AAM (MSN 0765), in den Iran fliegen und an die Fluggesellschaft übergeben. Ein Mitarbeiter der iranischen Zivilluftfahrtorganisation sprach mit dem Autor dieses Berichts unter der Bedingung der Anonymität über die Rolle von Azman Air bei der Lieferung von A340-642 für Mahan Air: "Am 15. November 2024 hatte die Besatzung von '5N-AAM' eigentlich einen Flugplan für den internationalen Flughafen Kabul eingereicht, dann aber ihren ADSB-Transponder über dem Nordwesten Irans ausgeschaltet und eine Notlandung auf dem Flughafen Teheran-Mehrabad beantragt, um die Maschine an Mahan Air zu übergeben. Ein ähnliches Verfahren war für das zweite im Dezember 2024 geplant, bei dem es sich möglicherweise um das derzeit auf dem Flughafen Châteauroux gelagerte Exemplar handelt".
Ersatzteile aus Thai-Bestand
Obwohl Mahan Air nicht in der Lage ist, die A340-642 N340YY zu erhalten, sucht die Fluggesellschaft weiterhin nach anderen Wegen, um sie nicht nur in den Iran zu überführen, sondern auch weitere A340-642 zu erwerben. Die 600er-Serie des Flugzeugs ist jetzt die beliebteste Variante bei Mahan Air, da dank des Erwerbs eines großen Lagerbestands an A340-642-Teilen von Thai Airways über eine Zwischengesellschaft im Jahr 2023 mehr Ersatzteile für sie verfügbar sind. Ausgestattet mit leistungsfähigeren und sparsameren Rolls Royce Trent 556-61 Turbofan-Triebwerken können die Flugzeuge der Serie 642 mehr Passagiere und Fracht befördern als die Flugzeuge der Serien 211/212 und 311/313 der Fluggesellschaft.
