Nepals Gipfelstürmer: Airlines im Himalaya-Staat

Airlines in Nepal
Nepals Gipfelflieger und ihre exotischen Flugzeuge

Veröffentlicht am 20.01.2024

Wenn es eine Auszeichnung für den spektakulärsten Erstflug einer Airline geben würde, müsste die nepalesische Buddha Air eine solche erhalten. Vor 26 Jahren, am 11. Oktober 1997, fand dieser als Rundflug über den mit 8848 Metern weltweit höchsten Berg Mount Everest statt. An Bord einer fabrikneuen Beechcraft 1900D genossen damals 16 Passagiere von ihren Fensterplätzen aus einen atemberaubenden Blick auf die Gebirgskulisse des Himalaya.

AirTeam Images - Dave Sturges

Erfolgreich gewachsen

Mittlerweile hat sich die private Buddha Air zum führenden Carrier des ehemaligen Königreiches Nepal und seinen 30 Millionen Bewohnern gemausert. Mit einer reinen Turbopropflotte, bestehend aus aktuell drei ATR 42 sowie dreizehn ATR 72 wurden seit Unternehmensgründung fast 14 Millionen Passagiere befördert, und das ausschließlich im Inland zu über einem Dutzend Airports. Bei rund 100 täglichen Flügen zählte man 2022 etwa 2,4 Mio. Kunden.

Schwierige Situation für Air Nepal

Der schärfste Konkurrent Yeti Airlines schaffte weniger als die Hälfte, 940 000 Passagiere. Allerdings setzt der stärkste Rivale auf eine andere Geschäftsstrategie. Dessen Inlandsflotte von fünf ATR 72 bildet lediglich einen Teil eines umfassenderen Konzeptes. Für die Anbindung entlegenster Orte in unzugänglichen Regionen ist die Tochterfirma Tara Air mit ihren Twin Otter zuständig. Um auch im internationalen Sektor mitmischen zu können, suchte man Partner im Ausland. Doch ein Joint Venture mit Air Arabia unter dem Namen FlyYeti scheiterte schon nach kurzer Zeit. Eine nächste Kooperation mit der chinesischen Tibet Airlines hob 2014 die Himalaya Airlines aus der Taufe. Jetzt scheinen alle Geschäfte mit einer Flotte von einem Airbus A319 und drei A320 gut zu laufen. Gerade weil die staatliche Nepal Airlines mit ruhmreicher Vergangenheit heute nur noch als Schatten besserer Tage agiert. Jeweils ein Duo aus A320 und A330 kann mit den Megaflotten von Flydubai, Qatar Airways oder Turkish Airlines nicht konkurrieren, die sich täglich am Flughafen der Hauptstadt Kathmandu tummeln. Gerade versucht man erfolglos, sich von den Resten der übrig gebliebenen Turboprops zu trennen. Allerdings bewerten Experten die für günstige 30 Millionen Dollar beschafften Xian MA60 und Harbin Y-12 nur als unverkäuflichen Schrott.

AirTeam Images - TT

Überforderte Infrastruktur und günstige Ticketpreise

Nepal ist einer der ärmsten Staaten der Welt mit entsprechend überforderter Infrastruktur im Transportsektor. Gerade weil sich das marode Straßennetz des Hochgebirgslandes in einem völlig desolaten Zustand befindet, spielt zuverlässiger Luftverkehr eine sehr wichtige Rolle. Für eine Busfahrt von circa 200 Kilometern ist ein ganzer Tag auf holprigen Pisten zu veranschlagen, während ein Flugzeug solche Distanzen in weniger als einer halben Stunde bewältigt. Alle heimischen Airlines verzeichnen zweistellige Wachstumsraten, machen aber wegen der spottbilligen Tickets kaum Gewinn. Ausländer, die rund dreimal so hohe Preise wie die Einheimischen zahlen müssen, gleichen die geringen Einnahmen nur bedingt aus. Aus deren Perspektive sind nepalesische Inlandstarife, verglichen mit ihren Heimatländern, immer noch günstig.

Ralf Kurz

Gefährliche Airports und tödliche Unfälle

Für Nepal ist der Tourismus, neben Landwirtschaft und Überweisungen seiner Gastarbeiter, einer der wichtigsten Wirtschaftszweige. Lukla, Ausgangspunkt vieler Trekkingtouren zum Mount Everest Basecamp, wird oft als gefährlichster Airport der Welt vermarktet. Doch auch auf anderen Flugplätzen des Landes sieht es nicht besser aus. Die Region weist global eine denkbar schlimme Flugunfallstatistik aus. Bis heute gab es bei 39 Abstürzen 748 Tote zu beklagen. Auch regelmäßige Naturkatastrophen, wie das verheerende Erdbeben von 2015, lassen eine Verbesserung dieser Mängel nicht zu. Internationale Airlines, finanzstarke Reiseveranstalter und Hotelkonzerne verdienen viel Geld mit Tourismus in Nepal. Aber niemand ist bereit, Geld zu investieren, um dieses fliegerische Krisenszenario zu beenden.

Verbot für europäischen Luftraum

Stattdessen setzte man Nepal 2013 auf die sogenannte Schwarze Liste der Europäischen Union. Dies bedeutet, dass dortigen Airlines der Einflug in die EU-Mitgliedsstaaten aus Sicherheitsgründen verweigert wird. Das Verbot ist eher symbolisch zu verstehen. Denn abgesehen von den beiden, meist regional eingesetzten A330 von Nepal Airlines besitzt kein einheimischer Carrier passendes Fluggerät, um den fernen Kontinent überhaupt zu erreichen.

Ralf Kurz

Neue Infrastruktur soll Abhilfe schaffen

Am völlig überlasteten Kathmandu Tribhuvan Airport herrscht von früh bis spät das reinste Abfertigungschaos. Selbst kleinste Zwischenfälle auf der einzigen Runway, geografisch und meteorologisch ungünstig gelegen, führten schon mehrfach zu tagelangen Blockaden, mit Tausenden gestrandeten Passagieren. Abhilfe sollen endlich, nach jahrzehntelanger Planung, zwei neue Flughäfen im Westen des Landes schaffen. Beim Gautam Buddha International Airport, nahe der Stadt Bhairahawa, handelt es sich um die Erweiterung bereits vorhandener Infrastruktur. Deshalb genügte ein Investitionsvolumen von 76 Millionen Dollar, um am 16. Mai 2022 die Eröffnung zu feiern.

Ralf Kurz

Chinesische Investoren sichern sich Zuschlag für Neubau

In Pokhara, der zweitgrößten Stadt Nepals, entschied man sich für einen kompletten Neubau. Das günstigste Angebot, mit rund 305 Millionen Dollar, machte erwartungsgemäß eine chinesische Investorengruppe. Die Entscheidung steht beispielhaft für ähnliche Projekte in anderen Staaten der Dritten Welt und deren verschuldete Regierungen. Am 1. Januar 2023 wurde der neue Pokhara International Airport mit seiner 2500 Meter langen Runway 12/30 offiziell eröffnet. Der alte Flugplatz nahe des Stadtzentrums, mit problematischer Bahnausrichtung 04/22 von Norden nach Süden, fertigt nur noch Kurzstrecken mit Twin Otter und Let 410 ab. Das elegante Prunkterminal des neuen Airports besitzt sogar zwei Fluggastbrücken, ein absolutes Novum in Nepals Luftfahrt.

Fehlerhaftes ILS begünstigt tödliches Unglück

Auf den ersten Blick scheint alles in Ordnung. Doch schon nach wenigen Betriebstagen kam es zu einem Unglück: Am 15. Januar 2023 stürzte eine ATR 72 von Yeti Airlines im Landeanflug ab. Unter den 72 Opfern an Bord gab es keine Überlebenden. Es war der schwerste Unfall dieses Musters überhaupt. Trotz vermuteter Pilotenfehler stellte sich heraus, dass ein fertig installiertes Instrumentenlandesystem noch nicht betriebsbereit war.

Wetter und internationale Politik erschweren Situation

Außerdem bestehen Zweifel, ob die Runway, bei den hier üblichen Wolkenbrüchen während des Monsuns, ausreichend vor Überflutung geschützt ist. Zudem erteilt Indien aus politischen Erwägungen, sprich Rivalität mit dem mächtigen China, beiden grenznahen Newcomern vorerst keine Verkehrsrechte.