
Als Qatar Airways am 13. Dezember mit Flug QR075 feierlich ihren ersten von aktuell 67 bestellten Dreamlinern auf der Route von Doha nach London-Heathrow in Dienst stellte, nutzte sie, und das auf einer ihrer erklärten Schlüsselrouten, ein Flugzeug ohne Erste Klasse-Abteil. Stattdessen ist in der Boeing 787 die Business Class das Top-Angebot der Katarer, die sich selbst in der Werbung als die „einzige Fünf Sterne-Airline der Welt“ bezeichnen. Zugegeben, diese Business Class erreicht mit 22 Sesseln in der Luxus-Anordnung 1+2+1 und mit über 1000 Film- und Fernsehprogrammen auch ohne das Etikett „First“ Spitzenniveau, doch nach Aussage ihres Vorstandschefs Al Baker sieht Qatar Airways die First Class generell als Auslaufmodell an. Geschäftsleute buchten die First Class seit der Finanzkrise 2008 grundsätzlich nicht mehr in ausreichender Zahl. Keine Airline könne es sich leisten, in First-Class-Abteilen vorwiegend warme Luft zu transportieren, sagte der Airline-Chef.
British Airways - Keine First-Class-Sitze mehr in neuen Dreamlinern

Auch British Airways hat mittlerweile angekündigt, in ihren bestellten Dreamlinern keine First-Class-Sitze mehr zu installieren, sondern stattdessen im Bugbereich lieber 35 Sitze der hier „Club World“ genannten Business Class einzubauen. Ihre ab 2013 auszuliefernden Airbus A380 werden die Briten aber durchaus mit einer richtigen First Class ausrüsten, 14 Sessel finden dort im vorderen Hauptdeck Platz. Mit dieser Doppelstrategie ist British Airways typisch für die etablierten Linienairlines, die auf Routen mit eindeutigem Übergewicht von Privatreisenden mehr und mehr auf die First Class verzichten, das klassische Top-Angebot auf ihren Hauptstrecken mit hohem Geschäftsreiseaufkommen aber durchaus weiterführen.
Lufthansa – Reduzierung der First Class Sitze

Auch die Deutsche Lufthansa hat die Zahl ihrer First Class Sitze reduziert. Beförderte jede Lufthansa-Boeing 747-400 ursprünglich noch 16 Gäste der Ersten Klasse in ihrem Oberdeck, sind heute in den neuesten Airbus A380 und Boeing 747-8 nur noch acht Sitze der erneuerten Top-Klasse installiert, die sich jeweils in 2,08 Meter lange Betten verwandeln lassen. Auf einzelnen, nachfrageschwachen Langstrecken will Lufthansa sogar komplett auf Erste-Klasse-Abteile verzichten.
„Wir wollen die Erste Klasse aber weiter auf dem Großteil der Flotte anbieten“, stellt der Lufthansa-Bereichsleiter Produkt und Marketing, Reinhold Huber im Gespräch mit der FLUG REVUE an Bord eines Sonderflugs von München nach Düsseldorf mit einer Lufthansa-Boeing 747-8 klar. Die Nachfrage sei sogar deutlich gestiegen, seitdem die Airline ihr Produkt mit der Einführung der A380 modernisiert habe. Anders als manche asiatische Airline setzt Lufthansa dabei auf eine zurückhaltend-elegante Optik ohne spektakuläre Attraktionen. „Die Leute wollten nicht zu viele Gimmicks“, berichtet Huber von den vorausgegangenen Passagierbefragungen. „Die Passagiere haben gesagt, gebt uns Platz, Privatsphäre, Ambiente und Service und nicht so sehr goldene Wasserhähne.“
Umfangreiche Befragungen

Die Fluggäste wollten sich nach seiner Beobachtung auch nicht etwa zwei Stunden lang an eine Bar stellen, sondern lieber arbeiten, essen, lesen und schlafen. Lufthansa habe 10000 Passagiere mehrere Jahre lang befragt und sogar unterschiedliche Sitzprototypen am Boden und in der Luft getestet. Zum Thema Duschen an Bord und Wasserfälle, wie man sie aus der A380 von Emirates kennt, sagt Huber, die Passagiere fänden dies durchaus nett, aber der Reiz lasse schnell nach, zumal die Passagiere meistens alle zugleich kurz vor der Landung duschen wollten. „Wir nutzen den Raum lieber für mehr Privatbereich mit sechs Einzelsitzen und einem Doppelsitz. Sie haben in der First Class ein großes flaches Bett und man kommt einfach ausgeruht an“, erklärt Huber sein Rezept. Duschen gebe es bei Lufthansa dafür auf Wunsch in den Lounges am Flughafen. Alleine in der Frankfurter „Welcome Lounge“ seien es über 30 Duschen, die morgens schon ab 5.30 Uhr öffneten.
Wohlfühlfaktoren und First-Class-Service

Auf die „echten Wohlfühlfaktoren“ an Bord habe Lufthansa „extrem viel Wert gelegt“, erläutert Huber, nämlich auf künstliche Luftbefeuchtung, auf spezielle Lärmschutzvorhänge zur Küche und auf eine gute Trittschalldämmung. Das Wichtigste seien aber die Marke und die Mitarbeiter. „Ein Flugzeug kaufen kann jeder, aber die erfahrene Crew wird nicht mitgeliefert“, so der Produktmanager. Ab Frühjahr werde man das Serviceangebot an Bord nochmals deutlich verbessern, kündigt Huber an.
„Manche Gäste fliegen öfter als wir“, sagt Lufthansa-Flugbegleitern Christiane Laforce über ihre First-Class-Passagiere. „Manche wollen sogar nur ihre Ruhe und gar keinen Service. Die trinken dann nur eine halbe Stunde vor der Landung einen Capuccino“, berichtet die Brasilianerin. Sie kam nach einem Jura-Studium vor zwölf Jahren zum Promovieren nach Deutschland und wurde im Nebenjob Flugbegleiterin. Mittlerweile qualifizierte sie sich speziell für die Erste Klasse, wo sie sogar schon Papst Bendedikt bei dessen Deutschlandbesuch an Bord betreuen durfte. Für dessen päpstliche Sonderflüge habe Lufthansa ausnahmsweise sogar in einem Airbus A321 einen einzelnen Erste Klasse-Sitz montiert, erinnert sich die Flugbegleiterin.
Zu ihrem bei Lufthansa freiwilligen ersten Klasse-Zusatztraining habe neben Schulungen zum Thema Weine und Menüs vor allem eine kulturelle Ausbildung gehört, denn auch Gäste aus Japan, Indien, Nord- und Südamerika würden in der Ersten Klasse nach ihren Gewohnheiten betreut. Zwei Flugbegleiter kümmerten sich jeweils um die acht Gäste der Ersten Klasse. Die Passagiere könnten sich jederzeit aussuchen, wann sie etwas essen wollten.
Natürlich beginnt die Verpflegung in den Erste Klasse-Abteilen dieser Welt nicht mit der gefürchteten Frage „Chicken or Pasta?“, sondern mit dem Ausbreiten einer gestärkten Stofftischdecke und mit klassischem Metallbesteck. Hier wird den jeweils namentlich angesprochenen Passagieren schon beim Platznehmen ein Glas Champagner gereicht, die Vorspeisen werden – nach einem „Gruß aus der Küche“ – von einer dreistöckigen Etagère kredenzt und sogar Kaviar gehört zum festen Speiseprogramm an Bord. Nach Salat oder Suppe und den Hauptspeisen folgen Käse, Dessert, Digestif und Espresso oder Capuccino, für den die Milch an Bord eigens frisch aufgeschäumt wird. Kein Wunder, dass die Langstreckenverpflegungssätze für einen First Class-Passagier dreistellige Euro-Beträge erreichen können.
Stolze Preise

Für all den Platz und Luxus werden dafür auch stolze Ticketpreise verlangt. Von Frankfurt nach Los Angeles und zurück kostet ein frei umbuchbares Ticket zum Beispiel 11500 Euro. Und hier beginnt das entscheidende Problem der First Class: Laut Brancheinformationen werden bei den Linienairlines durchschnittlich nur ein Viertel der Erste Klasse-Sitze von echten Vollzahlern belegt. Der Rest verteilt sich auf Vielflieger, die sich mit Meilen „upgraden“, auf besonders hochrangige Dienstreisende, und teilweise auf Airline-Angehörige, die Restplätze zu Rabattkonditionen, allerdings oft mit starken Einschränkungen, erwerben können. Dies bringt natürlich die Kalkulation durcheinander, denn der Platz an Bord von Flugzeugen wird quadratzentimeterweise verteilt und gehört zu den mit Abstand teuersten Lagen der Welt. Manche Airline bevorzugt die Nutzung des kostbaren Raums für mehr Sessel der Business Class, in der man, so die Branchenregel, anteilig mehr Vollzahler erreicht.
Upgrades, Kabinen, Komfort

„Wir sind mit dem Passagiermix in der First Class sehr zufrieden“, sagt Lufthansa-Manager Huber. Upgrade-Plätze gegen Meilen gebe es ja auch nur, wenn Sitze nicht ausverkauft seien. Upgrades seien für Lufthansa ein wichtiges Instrument. Gerade hat Lufthansa auch die First Class in der A380 für Meilen-Upgrades freigegeben.
Das Flaggschiff Airbus A380 hat bei vielen Airlines einen neuen Komfort-Schub in der First Class ausgelöst. Singapore Airlines eröffnete den Trend mit der neuen Suiten-Klasse, bei der jeder Passagier in einer Art blickgeschützter Kabine sitzt. Gerade bei asiatischen Fluggästen, der weltweit wichtigsten und anspruchsvollsten First-Class-Kundengruppe, kommt diese gegenseitige Abschottung gut an. Europäische und amerikanische Airlines begnügen sich oft mit kleineren, ausfahrbaren Sichtschutzwänden.
Während die Langstrecken-First Class beim Komfort immer mehr aufgewertet wird, schrumpft die Zahl ihrer Sitze. Im Frühjahr 2012 kündigte American Airlines an, die Sitzzahl um fast 90 Prozent abzubauen. Auch United reduziert im Rahmen ihrer Kabinen-Modernisierung die Zahl der First Class-Plätz um etwa ein Drittel. Die mit flachen Schlafsesseln aufgewertete Business Class übernimmt branchenweit oft die einstige Rolle der First Class. Erstaunlicherweise bleibt an Bord oft trotzdem ein dreiteiliges Angebot erhalten, denn viele Airlines stellen sich mit einem Angebot aus Business Class, der Zwischenklasse Economy Plus und der klassischen Economy Class auf das veränderte Nachfrageverhalten ihrer Passagiere ein. Auch Lufthansa hat jüngst angekündigt, ihr Langstreckenangebot um eine Premium Economy-Klasse zu ergänzen.
Das weltweit größte Nachfragewachstum nach Premium-Sitzen verzeichnet die Branchenvereinigung IATA derzeit in Afrika, gefolgt von den Regionen Nahost und Fernost. Allerdings unterscheidet der „Premium Traffic Monitor“ die oberen Buchungsklassen First Class und Business Class nicht.
FLUG REVUE Ausgabe 02/2013