Clariden, Schweiz, 6. November 2018: Im Cockpit von South African Airways-Flug 260 aus Johannesburg programmiert der Kapitän das FMS bereits für den Anflug auf Frankfurt. Der Erste Offizier auf dem rechten Sitz frühstückt, ein zweiter Copilot studiert auf dem Jumpseat Anflugkarten für das Ziel.
Plötzlich zu schnell
Doch der Schein der Idylle trügt. Von einem Moment auf den nächsten bricht die A340-600 (ZS-SNF) aus dem stabilen Reiseflug aus. "In FL 380 kam es im schweizerischen Luftraum durch eine Veränderung der Windaktivitäten zum Überschreiten der maximalen Betriebsmachzahl", schreibt die BFU (Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung) in ihrem nun vorgelegten Abschlussbericht. Die Behörde gibt 5:34 Uhr als Ausgangspunkt von fünf Flugminuten an, in denen nach Einschätzung der Ermittler eine "hohe Unfallwahrscheinlichkeit" bestand.
"Fehlerhafte Umsetzung"
Der Airbus fliegt in diesen Minuten tatsächlich viel zu schnell: bei Mach 0,88 löst die Overspeed-Warnung aus. Der Kapitän funkt "Pan, Pan, Pan", deaktiviert den Autopiloten und steuert die A340 in einen Steigflug – nicht das für die Situation im Handbuch vorgesehene Recovery.
Die "fehlerhafte Umsetzung der Verfahren" hat Konsequenzen: "Beim Erreichen von FL 400 wurde die Stall Warning mehrere Male für einige Sekunden aktiviert", heißt es in dem Bericht weiter. In einer "großen Flughöhe" gerät der Airbus so "an die Grenzen des Strömungsabrisses".

"Mayday, Mayday, Mayday!"
Der Airbus verliert jetzt rapide an Höhe. "Die Flugbesatzung verlor zeitweise die Kontrolle über das Luftfahrzeug", stellt die BFU in ihrem Bericht fest. "Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Luftfahrzeug in FL 370 und sank mit einer Sinkrate von minus 6.600 ft/min." Die Lotsen bei Swiss Radar empfangen einen Notruf aus dem Cockpit: "Mayday, Mayday, Mayday! Wir ergänzen – wir haben keine Kontrolle."
Der Kapitän drückt die Nase des Airbus zwar nach unten, laut BFU aber "spät, nicht ausreichend und nicht energisch genug" – erst nach zweieinhalb Minuten fängt der Pilot den Airbus auf FL340 ab. Rund eine halbe Stunde nach dem Vorfall landet Flug 260 mit 259 Insassen sicher in Frankfurt.
Fehlende Lizenz
Bei der anschließenden Untersuchung stößt die BFU noch auf eine fehlende Lizenz – einer der Copiloten konnte den Ermittlern lediglich eine CPL-A vorweisen.