"Eurowings two-five-three-seven, runway zero-seven, cleared to land!" "Delta Kilo Golf Whiskey Hotel, Einflug in die Kontrollzone genehmigt, direkt nach Echo!" "Eurowings two-five-three-seven, leave runway via Delta, contact Stuttgart ground at one-one-eight decimal six-zero-five." "Delta Kilo Golf Whiskey Hotel, achten Sie auf entgegenkommende Cessna eins-sieben-zwo in Zwei-Uhr-Position!" "Lufthansa one-three-five, wind one-one-zero degrees, five knots, cleared for takeoff runway zero-seven!" "Delta Kilo Golf Whiskey Hotel, verlassen der Frequenz genehmigt, guten Flug!" Müsste man die Tätigkeit von Fluglotsen in einem einzigen Wort beschreiben, würde dem eigentlich nur "Multitasking" gerecht. Denn genau das macht im Kern diesen anspruchsvollen Job aus: paralleles Handling mehrerer hochkomplexer Sachverhalte. Flugzeuge von A nach B geleiten, sich mithilfe eines zweidimensionalen Radarbildes im Kopf ein dreidimensionales Bild der Verkehrssituation machen, jederzeit hoch konzentriert sein und damit dafür sorgen, dass Fracht und Passagiere sicher ankommen – das ist Alltag für die Frauen und Männer der Deutschen Flugsicherung, kurz DFS, wie sie unter anderem auf dem Tower des Stuttgarter Flughafens Dienst tun, wo die eingangs beschriebene Szene spielt.

Vom Tower aus haben die Lotsen Vorfeld und Pisten im Blick und sorgen für den sicheren Ablauf des Verkehrs am Boden und in der Luft.
Deutsche Flugsicherung DFS
In Deutschland ist die DFS der wichtigste Arbeitgeber für Fluglotsen. Sie arbeiten entweder im Tower an einem der 15 internationalen Flughäfen, neben Stuttgart beispielsweise Frankfurt, Hamburg, Leipzig oder Hannover, oder in einer der vier Radarkontrollzentralen, die in Karlsruhe, Langen, München und Bremen ihren Sitz haben. Im Tower sorgen sie für reibungslose Abläufe am Airport, geben beispielsweise Informationen zu An- und Abflugverfahren an die Piloten weiter und erteilen Roll- und Startfreigaben. Dabei haben sie es nicht nur mit professionellen Berufsfliegern in Airliner-Cockpits zu tun, die Passagiere und Fracht von A nach B befördern. Ihre Aufmerksamkeit gilt genauso der Allgemeinen Luftfahrt. Sport- und Freizeitflieger, die auf Sicht durch die Kontrollzone wollen und vielleicht sogar einen Anflug zu Übungszwecken planen, gehören ebenso zu ihrer Kundschaft wie Business Jets oder Hubschrauber, die eigene, spezielle Anforderungen haben. Wenn dann noch militärische Fluggeräte dazukommen wie beispielsweise in Stuttgart, wo die US Air Force einen Stützpunkt unterhält, ist die berufliche Vielfalt des Lotsenjobs im Tower nahezu ausgereizt. In den Kontrollzentralen hingegen sind Lotsen zuständig für die An- und Abflug- sowie die Streckenkontrolle. Sie haben ein Auge darauf, dass die Flugzeuge in der Luft immer genügend Abstand zueinander haben, und koordinieren zum Beispiel Änderungen in der Streckenführung wegen des Wetters oder der Verkehrssituation. Außerdem helfen sie den Crews, wenn es Probleme gibt, oder informieren in Notfällen die Such- und Rettungsdienste.

Lotsenarbeit ist Teamwork. Nur gemeinsam können komplexe Situationen im vollen Luftraum sicher abgearbeitet werden.
Intensives Auswahlverfahren
Wer sich bei der DFS als Fluglotse bewerben möchte, darf höchstens 24 Jahre alt sein, muss die Allgemeine Hochschulreife besitzen und über gute Englischkenntnisse verfügen. Kandidaten sollten zudem nicht ortsgebunden sein und die Bereitschaft zur Schichtarbeit mitbringen. Am Anfang der Karriere steht ein aufwendiges, vierstufiges Eignungsfeststellungsverfahren. Auf einen Online-Test folgt ein erstes Auswahlverfahren in Hamburg mit PC-Tests und einfachen Simulationen. Dann geht es in einem zweiten Präsenztermin in Hamburg um Teamarbeit, Englischkenntnisse sowie ein Gespräch zur eigenen Biografie und Motivation. Eine medizinische Untersuchung rund um die Jobtauglichkeit ist die finale Hürde. Wer sie nimmt, kann die klassische dreijährige Controller-Ausbildung beginnen. Die ersten 12 bis 15 Monate verbringen die Nachwuchslotsen der DFS an der Flugsicherungsakademie in Langen. Dort stehen Fächer wie Navigation, Meteorologie, Flugzeugtypenkunde, Luftrecht, Sprechfunkverfahren und Luftfahrtenglisch auf dem Plan, trainiert wird aber auch schon im Simulator. Anschließend wechseln sie an eine der DFS-Niederlassungen, wo sie im Live-Traffic eingesetzt werden. Dabei steht ihnen ein ausgebildeter Fluglotse mit Rat und Tat zur Seite.

Lotsen in Kontrollzentren überwachen den Luftraum außerhalb der Kontrollzonen von Flughäfen.
Duales Studium
Ein zweiter Weg ist die Lotsenausbildung im Rahmen eines dualen Studiums in Zusammenarbeit mit der Hochschule Worms. Die angehenden Lotsen absolvieren dafür parallel den englischsprachigen Bachelorstudiengang "Air Traffic Management", ein ausbildungsintegriertes Studium in Kooperation mit der DFS. Mit der Kombination von Fluglotsenausbildung und betriebswirtschaftlichem Studium erwerben die Absolventinnen und Absolventen ein breites Spektrum an Kompetenzen. Diese ermöglichen ihnen berufliche Perspektiven auch außerhalb oder ergänzend zum klassischen Betätigungsfeld des Fluglotsen. Die ersten drei Semester lernen die Studierenden an der Hochschule Worms, in der vorlesungsfreien Zeit werden sie im kaufmännischen Bereich der DFS eingesetzt. Nach dem dritten Semester beginnt der erste Teil der Ausbildung zum Fluglotsen, das Initial Training. Dieses schließt mit dem Erwerb der Fluglotsenschülerlizenz zum Ende des fünften Semesters ab. Während des vierten Semesters nehmen die Studierenden an der Hochschule an einem vertiefenden Seminar zu Luftverkehrsthemen teil. Das sechste Semester wird aufgeteilt zwischen der Bearbeitung der Bachelorthesis und dem berufspraktischen Training an den DFS-Niederlassungen vor Ort. Die Studierenden des dualen Studiengangs entwickeln ein interdisziplinäres Verständnis für das Gesamtsystem Luftverkehr. Unterstützt wird dies durch gemeinsame Veranstaltungen mit anderen Luftverkehrsstudiengängen, sodass auch eine Vernetzung zwischen Studierenden unterschiedlicher Teilbereiche des Luftverkehrs möglich wird.

Ein großer Teil der Lotsen-Ausbildung findet im Simulator statt.
Top Vergütung von Anfang an
Während der Theorie- und Simulatorausbildung verdienen angehende Controller 1200 Euro pro Monat, optional gibt es 400 Euro Wohngeld dazu. Ab dem On-the-Job-Training am späteren Arbeitsplatz bezahlt die DFS 4000 Euro monatlich, wobei der Einsatzbereich und der Einsatzort auf Grundlage des hauseigenen Tarifvertrags berücksichtigt werden. Das Gehalt wird entsprechend der tariflichen Entwicklung regelmäßig angepasst, Schicht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit mit Zuschlägen extra vergütet. So kommen erfahrene Lotsen auf Jahresgehälter von bis zu 100 000 Euro brutto. Für fertig ausgebildete Towerlotsen ergeben sich nach einigen Jahren im Job auch attraktive Weiterbildungsmöglichkeiten. Sie können ihr Wissen beispielsweise als Ausbilder oder Fachlehrer an die nächste Generation weitergeben, als Prüfer arbeiten, Verfahren und Vorschriften für technische Systeme weiterentwickeln oder ihr Know-how in internationalen Projekten einbringen. Der Ruhestand ist für Fluglotsen indes weit früher erreicht als für andere Arbeitnehmer. Mit 55 ist Schluss in Tower oder Center, weil dann die mentale Leistungsfähigkeit eines Menschen langsam nach-zulassen beginnt – ein Risiko, dass in der Luftfahrt untragbar ist.

Fertige Lotsen können sich zum Fachlehrer, Prüfer oder zu Fachleuten für neue Verfahren weiterbilden lassen.
Gute Chancen auch im Ausland
Neben der Deutschen Flugsicherung bilden auch andere nationale Dienstleister Fluglotsen aus, beispielsweise Austro Control in Österreich oder die Schweizerische Skyguide. Skyguide beschränkt sich bei der Wahl angehender Fluglotsen nicht auf Abiturienten, sondern gibt auch Bewerbern mit Fachabitur oder einer abgeschlossenen Berufsausbildung eine Chance. In einer dreiteiligen Ausbildung – sechs Monate Basic Training, sechs Monate Rating Training und 8 bis 18 Monate Unit Training – wird man zum Diplom-Flugverkehrsleiter (HF) qualifiziert. Bei der österreichischen Austro Control nimmt man ebenfalls Bewerber mit höheren Abschlüssen jenseits des Abiturs auf. Hier ist das Ausbildungsprogramm vierteilig: Basic-Kurs, National-Kurs, Terminal-/En-Route-Kurs und schließlich die Arbeitsplatzschulung an der zugewiesenen Dienst-stelle. Die Einsatz- und Fortbildungsmöglichkeiten bei den Schweizern und Österreichern ähneln denen bei der DFS. Schließlich gibt es auch die Möglichkeit, sich über Flughäfen wie Mannheim, die selbst als Flugsicherungsorganisation zertifiziert sind, zum Fluglotsen ausbilden zu lassen.
Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem aktuellen Sonderheft "Crew only: Berufe in der Luftfahrt". Jetzt erhältlich im gut sortierten Kiosk oder direkt im Onlineshop der Motor Presse Stuttgart.