Champion Changi
Drehkreuzflughafen Singapur

Singapurs Flughafen gilt als einer der besten der Welt. Bald will der Changi Airport seine Größe noch einmal verdoppeln.

Drehkreuzflughafen Singapur

Luftverkehr ist ein Wachstumsmarkt. Nirgends hat man dies mehr verinnerlicht als in Singapur. 1975 fiel hier die Entschei­dung, den Stadtflughafen Paya Lebar durch einen Großflughafen am nordöstlichen Rand des Stadtstaats zu ersetzen. Im Dezember 1981 eröffnete der Changi Airport sein Terminal 1 und verzeichnete 8,1 Mil­lio­nen Fluggäste. 2012 wurde erstmals die 50-Millionen-Grenze überschritten. 

Im vergangenen Jahr wurden 55,4 Millionen Passagiere gezählt. Damit rangiert Singapurs Flughafen weltweit auf Platz 16, in Asien auf Platz 5 hinter Peking, Tokio-Haneda, Hongkong und Shanghai-Pudong.

Unsere Highlights

Kleiner Stadtstaat mit weltweiter Bedeutung

Singapur, ein kleiner Staat mit gerade mal 5,4 Millionen Einwohnern, lebt vor allem von Umsteigern. Alleine Marktführer Singapore Airlines (SIA) befördert rund 40 Prozent Transferpassagiere, die gar nicht in die Handelsmetropole wollen, sondern hier nur das Flugzeug wechseln, Mindestumsteigezeit 60 Minuten. Zum Umsteigen gibt es weltweit keinen bequemeren Flughafen als Changi, wenn man Passagierumfragen glaubt. Denen zufolge wird Singapur häufig als bester Flughafen geehrt. Dank vorausschauender Planung ist Changi der Nachfrage immer einen Schritt voraus. Um Passagiere anzulocken, bietet Changi Gratis-Internet und -Kino, tropische Gärten und sogar ein Freibad auf dem Terminaldach. „Wir sind auch unter den Top Ten der pünktlichsten Airports weltweit“, sagt Oliver Kiesewetter, Betriebsvorstand in Changi und vorher beim Flughafen München, im Gespräch mit der FLUG REVUE. München lag 2016 in der Kategorie der Großflughäfen auf Platz 2 der Pünktlichkeitsstatistik, Changi auf Rang 7. Singapur selbst hat auf die Anflugkapazitäten wenig Einfluss, weil dafür der malayische Luftraum genutzt wird. Genau das lässt auch die Anzahl der stündlich maximal möglichen Flugbewegungen trotz zweier im Parallelbetrieb nutzbarer Bahnen vergleichsweise gering erscheinen: „Wir schaffen bis zu 65 Starts und Landungen pro Stunde, allerdings ist der Anteil der Widebodies in Singapur sehr hoch“, so Kiesewetter.

Durchschnittlich alle 90 Sekunden verzeichnet Changi einen Abflug oder eine Ankunft, 6800 Flüge werden pro Woche abgefertigt. Derzeit verfügt Changi über drei Terminals, die in U-Form zueinander angeordnet im Zentralbereich des Flughafens liegen und zwischen 308 000 und 380 000 Quadratmeter Nutzfläche haben. Das 1981 eröffnete Terminal 1, mehrfach erweitert auf heute 29 Fluggastbrücken, kann alleine 21 Millionen Passagiere jährlich bewältigen. Südlich liegt das 1990 eingeweihte Terminal 2, das mit 35 Fluggastbrücken über die meisten gebäudenahen Parkpositionen verfügt. Nördlich erstreckt sich das derzeit neueste Gebäude, Terminal 3, eröffnet 2008, für jährlich bis zu 22 Millionen Nutzer. Hier werden die meisten Langstreckenflüge von Home Carrier Singapore Airlines an den 28 Piers abgefertigt. Der transparente Bau mit seiner lichtdurchlässigen Dachkonstruktion ist das Prunkstück von Changi. Insgesamt verfügt der Flughafen derzeit über 92 Gate-Positionen mit Fluggastbrücken (darunter 19 für die A380) sowie 42 Außenpositionen. Passagiere, so haben die Flughafenplaner in Singapur herausgefunden, schätzen die kleineren, modularen Einzelterminals mehr als ein gigantisches Zentralgebäude. Allerdings sind die großen Nutzer wie SIA aus einem einzigen Gebäude herausgewachsen. Der Flag Carrier nutzt heute die Terminals 2 und 3. Erst zwei Stunden vor der Landung wird festgelegt, an welchem Gebäude ein Flug andocken wird, was es für Passagiere und Abholer gleichermaßen schwierig macht.

Dieses Problem werden Korean Air, Vietnam Airlines, Air Asia und Cathay Pacific nicht haben, wenn sie 2017 in das derzeit in der Endphase der Bauarbeiten befindliche Terminal 4 einziehen. Das zweistöckige Gebäude mit 195 000 Quadratmetern Nutzfläche und 25 Fluggastbrücken (davon nur vier für Großraumflugzeuge) markiert den ersten Schritt des nächsten großen Expansionsplans über das kommende Jahrzehnt. Es ist das kleinste der vier Terminals und liegt auf der Südseite des Geländes bei der Einfahrt zum Flughafen. An dieser Stelle stand von 2006 bis 2011 das spartanische Budget-Terminal für Billigairlines. Doch das hatte sich nicht bewährt, da die Passagiere von Changi mehr Komfort erwarteten als den dort gebotenen Standard ohne Klimaanlage und Fluggastbrücken.

Das neue Abfertigungsgebäude wird jetzt siebenmal größer und bietet allen erdenklichen Komfort. „Das Gebäude wurde in vier Jahren errichtet und bietet Kapazität für 16 Millionen Fluggäste im Jahr“, erklärt Oliver Kiesewetter. Das Konzept ist simpel: Abflüge oben, Ankünfte unten. Für abfliegende Gäste kommt das neue Konzept „Fast and Seamless Travel“ (FAST) zum Einsatz, bei dem viele Vorgänge wie Einchecken und sogar die Passkontrolle zum größten Teil durch den Passagier selbst beziehungsweise automatisch an Kiosken erfolgen. Erstaunlich, bei all der sonstigen Hochtechnologie, erscheint die Tatsache, dass Terminal 4 nicht mit dem automatischen Zug an die anderen Terminals angebunden wird, sondern lediglich mit einem konventionellen Shuttle-Bus an das Terminal 2. „Das ist kein Problem, denn die dort ansässigen Airlines haben einen sehr geringen Umsteigeranteil“, versichert Kiesewetter.

Parallel werden südlich des Terminals 3 neue Abstellflächen geschaffen für 17 weitere Standardrumpf- und neun Großraumflugzeuge. Die Expansion wird die Zahl der Flugzeugpositionen um ein Viertel auf über 180 erhöhen. Als nächster Meilenstein wird 2018 „The Jewel“ fertiggestellt. Das im Zentralbereich liegende Gebäude soll Anfang 2019 eröffnet werden, derzeitig ist es noch eine Großbaustelle.

Das „Juwel“ wird eine Einkaufspassage aus Aluminium und Glas, die neue Maßstäbe setzen soll. Architekt ist Moshe Safdie. Er hat bereits die bisherige Ikone von Singapurs Skyline entworfen, das Marina Bay Sands Hotel.

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"The Jewel" als neues Drehkreuz

Herzstück werden riesige tropische Gärten, verteilt über fünf Stockwerke im klimatisierten Bereich sein, vor allem aber ein gigantischer Wasserfall von über 40 Meter Höhe. Die Passage wird ein 130-Zimmer-Hotel enthalten und Abfertigungseinrichtungen für Passagiere, die sich anschließend auf Kreuzfahrt oder Busreise begeben. Gleichzeitig wird der Ankunftsbereich des Terminals 1 in den neuen Komplex hinein um 70 Prozent an Fläche erweitert, was wiederum dessen Kapazität um drei Millionen Passagiere jährlich erhöht.

„The Jewel“ erfüllt auch eine wichtige Brückenfunktion: Es erschließt den direkten Fußweg von Terminal 1 zu den Terminals 2 und 3, was bisher nicht gegeben war. Allein mit diesen Expansionsschritten wird bis 2018 die Kapazität des Changi Airport von heute 66 auf dann 85 Millionen Passagiere steigen –rechtzeitig bevor die Passagierzahlen tatsächlich diese Werte erreichen. Der ganz große Sprung aber soll dann innerhalb der nächsten zehn Jahre erfolgen: Die 1300 Hektar große Flughafenfläche wird fast verdoppelt. Der neue Bereich heißt Changi East. Dafür wird ein künstlich angelegtes Gelände genutzt. Schon heute gibt es neben den beiden Hauptbahnen, beide jeweils 4000 Meter lang und 60 Meter breit, eine dritte, isolierte Bahn im Osten, die nur 2750 Meter lang ist. Sie wird derzeit von der Singapore Air Force genutzt als Teil der Changi Air Base. Bis 2022 soll der Changi Airport diese dritte Bahn übernehmen. Dafür wird sie auf 4000 Meter verlängert und mit 40 Kilometer Rollwegen mit dem restlichen Flughafengelände verbunden.

Mitte des nächsten Jahrzehnts schließlich soll dann Terminal 5 fertig sein – ein  gewaltiger Komplex für rund 50 Millionen Passagiere. Es wird eines der größten Terminals der Welt werden, selbstverständlich mit eigenem U-Bahn-Anschluss. SIA will hier ihren gesamten Flugbetrieb bündeln. „Das wird ein riesiges Terminal, und wir sind der größte Kunde“, sagt SIA-Chef Goh Choon Phong im Gespräch mit der FLUG REVUE. „Wir kooperieren dabei mit der Regierung. Wir haben großen Diskussionsbedarf, wie T5 am besten gestaltet wird.“ 

Heute fliegen bereits rund 100 Airlines den Changi Airport an, zuletzt kamen Air New Zealand und Oman Air hinzu. Rund 320 Ziele weltweit sind nonstop angebunden. „Die geografischen Gegebenheiten machen das Flugzeug in der Region Asien-Pazifik zum einzig effizienten Transportmittel“, sagt Choy Da Wen, Chef des Changi-East-Projekts. „Und wir sind stolz darauf, dass wir der Nachfragekurve immer ein wenig voraus sind.“

FLUG REVUE Ausgabe 07/2016

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