Ab Sommer 2022 nehme die European Flight Academy, die Flugschule der Lufthansa Group, wieder ihre Ausbildung auf, teilte Lufthansa am Mittwoch mit. Die zweijährige Ausbildung führt zum Verkehrsflugzeugführer oder der Verkehrsflugzeugführerin mit sogenanntem "frozen ATPL" und MCC (Ausbildung für Flugzeuge mit mehreren Besatzungsmitgliedern im Cockpit). Im März 2020 war pandemiebedingt die Ausbildung an allen Standorten der European Flight Academy abgebrochen worden. Mit dem Neustart bekenne sich die Lufthansa Group weiterhin zur eigenen Ausbildung von Pilotinnen und Piloten und sichere langfristig Nachwuchs und höchste Qualität für die Konzern-Airlines, so das Unternehmen. Nachdem sich der Markt in den USA und Europa bereits deutlich erhole, hoffe Lufthansa auch in Asien auf eine baldige Rückkehr zum alten Niveau. Für diese in den Jahren 2024 oder 2025 erwartete Rückkehr der vollen Nachfrage rüste sich das Unternehmen nun mit neuen Mitarbeitern im Cockpit. Etwa 150 Flugschülerinnen und Flugschüler sollen künftig jährlich ausgebildet werden.
Vom Fußgänger ins Cockpit
Lufthansa Aviation Training GmbH, eine 100-prozentige Tochter der Lufthansa Group, betreibt die Flugschule European Flight Academy. Die sogenannte ab-initio Ausbildung setzt keine Fachkenntnisse voraus und vermittelt zunächst in einem Theorieblock in Bremen und danach beim praktischen Fliegen in Phoenix, USA, und Rostock alles nötige Cockpit-Handwerkszeug. Eingangsvoraussetzung sind ein flugmedizinisches Tauglichkeitszeugnis und der berühmte DLR-Test in Hamburg, den alle Bewerber vorab eigenständig absolvieren und bestehen müssen. Nur mit einem Testergebnis, dessen Note für die Aufnahme reicht, kann man bei Lufthansa einsteigen. Dafür haben die streng ausgesiebten Bewerber, nur jeweils fünf bis zehn Prozent eines Jahrgangs bestehen die Eingangsauswahl, anschließend eine sehr hohe Chance, die anspruchsvolle Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Nur ein bis zwei Prozent scheiden noch aus, oft aus medizinischen Gründen.
Erst nach dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung sichtet die Lufthansa Group die Bewerber. Je nach dem Bedarf der Konzerntöchter, und nach dem Bestehen unternehmensspezifischer Tests, landen die Bewerber tatsächlich bei einer Airline. Eine etwaige Übernahmegarantie für alle Flugschulabsolventen besteht nicht. Bei der Verteilung auf die Konzernairlines können die Bewerber Wünsche äußern. Diese werden aber nur erfüllt, wenn zu dem Zeitpunkt der entsprechende Bedarf besteht.
Hochwertige Schulung hat ihren Preis
Die Kosten der Ausbildung belaufen sich, inklusive Reisekosten und Uniform, aber ohne Lebenshaltungskosten, auf insgesamt rund 110.000 Euro. Rund 20.000 bis 30.000 Euro davon muss der Bewerber aufbringen. Den Rest will Lufthansa mit Hilfe von Finanzierungslösungen für die Bewerber als Kredit zugänglich machen. Auch Stipendienprogramme der einzelnen Konzernairlines werden als Zuschuß erwogen. Bafög-Förderung ist ebenfalls möglich. Auch die Ausbildung in der Schweiz soll wieder aufgenommen werden. Hier werden derzeit noch Absprachen mit staatlichen Stellen getroffen, so dass in etwa zwei Monaten mit Details zu rechnen ist.
Die Schulung an der European Flight Academy führt zukünftig ausschließlich zum Erwerb einer EASA-zertifizierten ATP-Lizenz. Diese ermöglicht eine Vielzahl an Einstiegsmöglichkeiten innerhalb und außerhalb der Lufthansa Group. Diese Lizenz ist zudem bei fast allen Luftfahrtunternehmen weltweit die geforderte Schulung. Die ca. 24-monatige Ausbildung findet für den Theorieteil in Bremen oder Zürich statt; für die praktische Schulung sind Standorte in Goodyear/USA, Grenchen/CH bzw. Rostock-Laage vorgesehen. Um höchste Qualitäts- und Sicherheitsstandards zu gewährleisten, kommt bei der Praxis-Ausbildung in Europa eine moderne, standardisierte Schulungsflotte mit Flugzeugen des Herstellers Diamond zum Einsatz. In USA wird weiterhin eine moderne Flotte von Cirrus SR20 Schulungsflugzeugen genutzt.
Die Ausbildung ist für Frauen und Männer gleichermaßen geeignet. 2019 hatte Lufthansa 20 Prozent weibliche Pilotenbewerber. Gefordert werden neben medizinischer Tauglichkeit, solide Grundkenntnisse in Mathe und Physik, die Fähigkeit zum "dreidimensionalen Denken" und geeignetes Team- und Sozialverhalten. Auch gute Deutsch- und Englischkenntnisse sind unerläßlich.