Hooters Air - eine Restaurantkette geht in die Luft

Gutes Essen, kaltes Bier und hübsche Mädchen
Hooters Air - eine Restaurantkette geht in die Luft

Zuletzt aktualisiert am 06.04.2023

Es gibt Geschäftskonzepte, die würde sich heute kaum noch jemand trauen. Die Hooters-Restaurantkette ist eine davon: Spezialität des Hauses sind Chicken Wings, Hühnchenflügel, mit scharfer Buffalosauce; getrunken wird vor allem Eines: eiskaltes Bier. Kein großer Unterschied zu unzähligen anderen Restaurants in den USA, wären da nicht die Hooters Girls. Wer glaubt, die Optik würde bei den jungen und ausschließlich weiblichen Servivekräften keine Rolle spielen, der glaubt auch an den Osterhasen. Zudem tragen die Hooters Girls, so ihre offizielle Bezeichnung, ultrakurze Pants und knallenge Tanktops. Die meisten Gäste kommen nach eigenen Angaben natürlich ausschließlich wegen der Hühner.

Geschäftsidee ist ein Aprilscherz

Die Idee der Hooters-Restaurants, heute ein Konzern mit zuletzt 1,2 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz, ist ein Scherz – und zwar wortwörtlich. Am 1. April 1983 beschließen sechs Geschäftsleute aus Clearwater, Florida, eine Kneipe zu eröffnen. Sie sind einer Meinung, dass es keine Bar gebe, in der sie regelmäßig billig essen und viel trinken könnten. Und viel wichtiger: auch nicht hinausgeworfen werden, wenn ihr Benehmen wieder einmal zu fortgeschrittener Stunde die Nerven selbst des gutmütigsten Wirts überspannt.

Die Räumlichkeiten sind ein ehemaliger Nachtclub, eine Bude in übler Nachbarschaft, und von Gastronomie haben die sechs so wenig Ahnung, dass sie anfangs sogar daran scheitern, den Industrieherd anzuschalten.

Investoren entdecken Hooters

Der Marketing-Idee mit den oben erwähnten Hooters Girls ist es zu verdanken, dass die Bar dennoch über Nacht zum Erfolg wird. Zwei Stunden anstehen, um einen Tisch zu ergattern? Ganz normal! Es dauert nicht einmal ein Jahr, da haben Investoren ein Auge auf Hooters geworfen. Die Sechs verkaufen die Rechte an Marke und Restaurant, und kurz danach ist Robert H Brooks der neue Eigentümer. Bald hat das Unternehmen hunderte Filialen, sponsert Rennfahrer, Golfturniere, die Hooters Girls haben ihre eigene TV-Show.

Flugzeuge als fliegende Plakatwände

Dass Bob Brooks 2003 auch noch eine eigene Airline gründet, verwundert da fast niemanden mehr. Eine Fluggesellschaft als Werbeträger, mit Jets als fliegenden Plakatwänden und dem Firmenlogo in meterhohen Lettern auf den Flugzeugrümpfen, ist eine geniale Marketingidee. Allerdings nicht die des Hooters-Chefs. Drei College-Studenten aus Idaho hatten das Geschäftskonzept bereits 1999 in einem Uni-Projekt erarbeitet. Später klagen sie gegen das Restaurant. Sie sind der Meinung, dass ihnen für ihr Konzept Firmenanteile oder zumindest gutdotierte Jobs bei Hooters zugestanden hätten. Das Gericht sieht es allerdings anders und verwirft die Klage – kein schriftlicher Vertrag, kein Geld.

Brooks macht zu Beginn von Hooters Air dagegen alles richtig: Weil es aufwändig und zeitintensiv ist, eine Airline neu zu gründen, kauft er gleich eine bestehende. Zwar lehnen die Gläubiger der insolventen Vanguard Airlines sein viel zu niedriges Angebot ab, doch Pace Airline vom kleinen Regionalairport Smith Reynolds Airport in Winston-Salem, North Carolina entspricht genau dem, wonach er sucht: Die Fluggesellschaft ist ursprünglich auf Luxuscharter spezialisiert und transportiert bereits 1996 mit einer einzigen Boeing 737-200 Sportmannschaften, Promis und Unternehmen. Economy-Klasse? Fehlanzeige, statt auf 102 Holzstühlen fliegen 44 Passagiere ausschließlich "First Class". Mitte 2001 ist Pace zu einer ernstzunehmenden Charterlinie mit 21 Boeing 737 und 757 gewachsen, doch ganz so viele Flugzeuge braucht Brooks für seine Hooters Air zunächst nicht. Vier Boeing 737 bekommen eine Lackierung in Hooters-Orange, dem Firmenlogo in meterhohen Lettern auf dem Rumpf und Maskottchen Hootie, der Eule mit den großen Augen, auf dem Seitenleitwerk.

Hooters Air Launched By Hooters Restaurant Chain
Erik S. Lesser / Getty Images

Golfer-Mekka wird zur Firmenzentrale

Die Operation des Flugbetriebs belässt Brooks bei Pace Airlines und an deren Standort in Winston-Salem, aber für die Firmenzentrale von Hooters Air wählt er Myrtle Beach in South Carolina. Dahinter steckt ein Konzept. Die Stadt ist mit über 100 Plätzen ein Paradies für passionierte Golfer, und die hat der CEO als Zielgruppe für Hooters Air im Visier. "Two hours from take off to tee time" – Eine Fluglinie, die die Golfer in kürzester Zeit ins Zentrum ihrer Leidenschaft bringt! Aber bitte standesgemäß: 34 Zoll (86 Zentimeter) Sitzabstand ist Standard bei Hooters Club Class Seating, das bietet bei den Konkurrenzairlines allenfalls die Business Class. Und während die Mitbewerber mehr und mehr Serviceleistungen streichen, serviert Hooters bei Flügen, die länger als eine Stunden dauern, nach wie vor eine komplette Mahlzeit.

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Hooters Girls an Bord

Tickets gibt es zum Festpreis von 129 US-Dollar, aber noch viel wichtiger ist das Programm an Bord: Zwei Hooters Girls kümmern sich während des Flugs um die Passagiere, in derselben figurbetonten Uniform, die die Gäste auch in den Restaurant kennen und schätzen. Die beiden sorgen bei den Passagieren mit Smalltalk und kleinen Gesellschaftsspielen für gute Laune, ganz gemäß des Hooters-Air-Werbelogans "Wir bringen den Spaß zurück zum Fliegen".

Die beiden Animateurinnen zählen übrigens nie zur Kabinenbesatzung und müssen auch nicht die Aufgaben von Flugbegleitern erfüllen. Die werden nach wie vor von Pace Airlines gestellt und tragen züchtigere Uniformen als die beiden Hooters-Girls in ihren Shorts und hautengen Tops.

Wie schon bei der Restaurantkette zeigt das Marketingkonzept seine Wirkung: Hooters Air erweitert das Streckennetz, aus ursprünglich vier Destinationen werden 17, mit Verbindungen unter anderem nach Las Vegas, nach Puerto Rico und auf die Bahamas.

Wachstum gerät ins Stocken

2004 will die Airline sogar bis Hawaii und beantragt die ETOPS-Genehmigung für den langen Überwasser-Flug. Es bleibt bei zwei Testflügen, die Verbindung kommt genausowenig zustande wie jene vom Hauptquartier in Myrtle Beach ins Spielerparadies Las Vegas, wo die Restaurantkette die Eröffnung eines eigenen Casinos plant.

Als das Casino im Februar 2006 eröffnet, hat die Airline ihren Linienbetrieb jedoch bereits eingestellt. Der Niedergang von Hooters Air kommt ebenso schnell wie ihr Aufstieg. Andere Lowcost-Airlines drängen in den Markt, Fluglinien wie Southwest und JetBlue bieten bald die attraktiveren Streckennetze und werden von reisenden Familien bevorzugt, die ihre Kinder nicht mit der Anwesenheit leichtbekleideter Hooters Girls an Bord konfrontieren wollen. Als schließlich im August 2005 Hurrikane Katrina über die USA fegt und die Spritpreise explodieren lässt, ist die Gewinnmarge für Hooters Air endgültig dahin.

Pleite nach drei Jahren

Im Januar 2006 stellt Hooters Air die Linienverbindungen ein. Bis zum April 2006 führt die Airline noch Charterflüge durch, dann ist endgültig Schluss. Am Ende verbrennt Hooters in den drei Jahren ihres Bestehens 40 Millionen US-Dollar. Für die Restaurantkette schmerzlich, aber weit weg von bedrohlich. Die Zahl ihrer Filialen hat sich seitdem bis heute mehr als verdoppelt. Geschäftsidee nach wie vor, wie bei der Eröffnung der legendären Bar in Clearwater vor vier Jahrzehnten: Gutes Essen, kaltes Bier und hübsche Mädchen.