Luftverkehr soll grüner werden

IATA hat klare Klimaziele definiert
Luftverkehr soll grüner werden

Veröffentlicht am 03.04.2015
Luftverkehr soll grüner werden

Die International Air Transport Association (IATA) ist der wichtigste Industrieverband für die weltweite Luftverkehrsbranche. Er sieht seine Aufgabe darin, die gemeinsamen Interessen seiner 240 Mitglieder – alles Airlines – international zu vertreten und Veränderungen zum Wohle der Fluggesellschaften durchzusetzen. Standardisierung von Prozessen steht bei dem Verband oben auf der Prioritätenliste. Auf IATA-Initiative wurden beispielsweise die früher üblichen Papiertickets für Passagiere abgeschafft.

Seit langem beschäftigt sich der Verband auch mit den Umweltauswirkungen durch den Luftverkehr und hat im Jahr 2011 auf seiner Hauptversammlung in Singapur Ziele herausgegeben, die heute noch gelten, und die eine Richtung vorgeben, wie der Luftverkehr sich dem Problem des Klimawandels stellt. Der Luftverkehr ist für rund zwei Prozent des von Menschen verursachten Kohlendioxid-
Ausstoßes verantwortlich. 98 Prozent des Klima-schädigenden Gases werden von anderen Quellen erzeugt. Dieser Anteil ist über die vergangenen 20 Jahre konstant geblieben. Der Weltklimarat „IPCC“ (Intergovernmental Panel for Climate Change) geht davon aus, dass dieser Anteil im schlimmsten Fall 2050 auf drei Prozent steigen könnte. Allerdings ist der Luftverkehr Hauptverursacher von CO2 in großer Höhe.

Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, hat die IATA mehrere strategische Ziele herausgegeben, die 2011 in einer „Vision 2050“ veröffentlicht wurden. Ökologie und Ökonomie gehen beim Luftverkehr Hand in Hand. Ein geringerer Treibstoffverbrauch der Flugzeuge führt zu geringeren Betriebskosten der Airlines und zu einem reduzierten CO2-Ausstoß, was wiederum dem Klima zugutekommt. Die IATA hat ihre Strategie gegen den Klimawandel sehr konkret formuliert und belässt es nicht bei wachsweichen Absichtserklärungen. So hat sie das klare Ziel ausgegeben, dass die Treibstoffeffizienz von Verkehrsflugzeugen zwischen 2011 und 2020 pro Jahr um 1,5 Prozent gesteigert werden soll. Bei diesem Ziel ist der Luftverkehr auf einem guten Weg. Während 2012 – das sind die aktuellsten verfügbaren Daten – die geleisteten Passagierkilometer im Vergleich zum Vorjahr um 5,3 Prozent stiegen, erhöhten sich die Luftverkehrsemissionen lediglich um 1,4 Prozent.

Von 2020 an will die IATA, dass der Luftverkehr klimaneutral wächst. Das heißt: Egal, wie stark die Zahl der Flüge im gewerblichen Luftverkehr zunimmt, der Ausstoß an CO2 soll nicht mehr wachsen. Dieses Ziel wurde als Akronym CNG2020 veröffentlicht. Es ist ein durchaus ehrgeiziges Vorhaben, das aber nur gelingen kann, wenn alle am Luftverkehr Beteiligten mitmachen.

Vier Säulen für klimaneutrales Wachstum des Luftverkehrs

Die IATA sieht vier entscheidende Säulen, auf denen CNG2020 beruht: Technologie stellt die erste Säule dar. Flugzeuge, Antriebe und Systeme müssen auf eine möglichst große Umweltverträglichkeit hin optimiert werden. Kurzfristig kann dies durch Modifikationen von bestehenden Flugzeugen erfolgen. Die Nachrüstung von Winglets an Verkehrsflugzeugen ist dafür ein Beispiel. Mittelfristig ist aber ein Ersatz der heute existierenden Flugzeugflotte mit ökoeffizienteren Airlinern unumgänglich. Der Airbus A320neo und die Boeing 737 MAX zeigen, dass die Triebwerks- und Flugzeughersteller auf die Nachfrage nach solchen Flugzeugen reagiert haben. Die Muster dieser beiden neuen Flugzeugfamilien sollen bis zu 15 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen als die heutige Flugzeuggeneration. Langfristig bedarf es allerdings komplett neuer und radikalerer technischer Ansätze. Diese erste Säule können die Airlines durch ihr Kaufverhalten direkt beeinflussen.

Die zweite Säule für die Verbesserung der Ökobilanz des Luftverkehrs ist der Flugbetrieb. Hier kommt der IATA bei der Definition von neuen, ökoeffizienten Betriebsabläufen eine Schlüsselrolle zu. Sie will die optimalen Verfahren ausfindig machen, sammeln, publizieren und ihre Mitglieder mit „Umweltmanagement-Systemen“ trainieren. Der „IPCC“ schätzt, dass durch einen optimalen Betriebsablauf bis zu sechs Prozent Treibstoff eingespart werden kann.

Als dritte wichtige Säule bei der Verbesserung der Ökobilanz des weltweiten Luftverkehrs haben die IATA und der Weltklimarat die Infrastruktur identifiziert. Wenn Unzulänglichkeiten auf Flughäfen und in der Luftraumstruktur beseitigt würden, könnten zwölf Prozent der CO2-Emissionen des Luftverkehrs vermieden werden, schätzt der Verband. Besonders das Luftraummanagement bietet viel Potenzial. Der Single European Sky (SES), bei dem die Flugzeuge ohne Rücksicht auf kleinteilige Ländergrenzen auf den kürzesten und besten Routen von ihrem Startflughafen zu ihrer Zieldestination gelangen, gehört deshalb zu den Kernforderungen der IATA. Die Airlines können diese Säule nur bedingt beeinflussen, denn hier ist vor allem die Politik gefragt, um die Hürden aus dem Weg zu räumen.

Schließlich strebt die IATA als vierte Säule ihrer Anti-Klimawandel-Strategie ein globales System an, nach dem die Fluggesellschaften für Umweltauswirkungen bezahlen müssen. Sie lehnt regionale oder lokale Einzelmaßnahmen wie beispielsweise den europäischen Emissionshandel ab, da er in einer globalisierten Branche wie dem Luftverkehr eine marktverzerrende Wirkung habe. Wenn alle diese Maßnahmen umgesetzt sind, dann kann das von der IATA für 2050 angestrebte Klimaziel auch erreicht werden: Der Verband will, dass ab diesem Jahr vom Luftverkehr nur noch die Hälfte der CO2-Menge ausgestoßen wird, die 2005 emittiert wurde.

FLUG REVUE Ausgabe 05/2014