Flughafen Brisbane, 27. Mai 2022: Singapore Airlines 256 wartet auf den Pushback. Die Fluggastbrücke ist abgedockt. In zwei Minuten soll der Airbus A350-900 zum Rückflug nach Singapur starten. Gerade noch rechtzeitig fallen dem für die technische Abfertigung des Flugzeugs verantwortlichen Licensed Aircraft Maintenance Engineer (LAME) von einer benachbarten Gate-Position die roten "Remove Before Flight"-Anhänger an den Pitotsonden ins Auge.
Brisbanes Problem-Wespen
Der Schutz der empfindlichen Sonden ist in Brisbane auch bei kurzen Turnarounds unverzichtbar – Schlüssellochwespen nisten sich gerne in die Rohre ein. Selbst beim Walkaround der Piloten, der Sichtinspektion des Flugzeugs vor dem Start, sind die Staurohre nach den Verfahren von Singapore Airlines noch abgedeckt. Denn das um 2010 eingeschleppte Insekt, das seine Nester bevorzugt in künstlichen Hohlräumen baut, ist in Brisbane ein besonders großes Problem für den Flugverkehr – 2013 musste ein Airbus A330 von Etihad Airways kurz nach dem Start wegen verstopfter Pitotrohre notlanden. Zwischen 2013 und 2019 zählte der Flughafen 26 Vorfälle mit Wespenbeteiligung.

Singapore setzt ihre A350 weltweit ein - auch auf der Ultralangstrecke von Singapur nach New York.
Zu viel Arbeit
Die für die A350 zuständige Technikcrew bricht den Pushback ab – und befreit die vier Staudruckgeber der 9V-SHH von den Abdeckungen. Die australische Luftfahrtbehörde ATSB führt den Beinahe-Start des Linienflugs mit blockierten Geschwindigkeitsmessern auf Überarbeitung der verantwortlichen Mitarbeiter am Boden zurück.
"Die Rolle des LAME wurde 2022 immer anspruchsvoller, da Abfertigungsdienste zunahmen und Flugzeuge nach COVID-19 aus der Lagerung geholt wurden", stellt die Behörde in ihrem Abschlussbericht fest. Statt 7,5-Stunden-Schichten seien "Arbeitstage von bis zu zwölf Stunden" und Sieben-Tage-Wochen die Regel gewesen.
Eine Warnkarte hatte der Mitarbeiter noch aus dem A350-Cockpit entfernt – sich dann aber direkt einem Flugzeug von Malaysia Airlines zugewendet. So blieben die Abdeckungen an den Pitotrohren stecken.
Längere Anhänger
Ein zweiter Faktor: "Die an der Station verwendeten Bänder der Pitotabdeckungen waren kurz", zitiert das ATSB aus einem Bericht des Abfertigers. Deutlich längere "Remove Before Flight"-Anhänger sollen nun für mehr Sichtbarkeit und Sicherheit sorgen.