Mehrfach war ihr Ende angekündigt, und mehrfach wurde es hinausgezögert – doch dieses Mal gibt es kein Zurück mehr: Russlands letzte kommerziell betriebene Tu-134 wird Ende Mai endgültig vom Himmel verschwinden. Die Betreiberin des Flugzeugs, Alrosa aus Mirny in Ostrussland, hat für den Zeitraum 18. bis 22. Mai die letzten Flüge des Airliner-Klassikers angesetzt. Danach taucht die Tupolew in den Flugplanungen von Alrosa nicht mehr auf. Stattdessen wird sie nach dem finalen Trip von Mirny nach Nowosibirsk am 22. Mai direkten Weges ins Museum für Luftfahrtgeschichte auf dem Flughafen Tolmachewo überführt. Dort verbringt sie fortan ihren Ruhestand in vertrauter Gesellschaft, ist in diesem Museum doch seit vergangenem Jahr bereits eine Tu-154M von Alrosa zu besichtigen.

Die letzten Flüge der „Tushka“
Bevor es zum allerletzten Mal den Boden berührt, warten auf das ehemalige Sowjet-Arbeitspferd allerdings noch ein paar Aufgaben. So geht es am 18. Mai mit der Flugnummer 6R 541 von Mirny nach Irkutsk (Abflug 9:45 Uhr, Ankunft 10:35, jeweils Ortszeit). Nach einer zweitägigen Rast in Irkutsk macht sich die „Tushka“ am 20. Mai als 6R 542 um 11:35 Uhr auf den Weg zurück nach Mirny, wo ihre Ankunft für 14:35 Uhr Ortszeit eingeplant ist. Schlließlich führt sie ihre letzte Reise mit Passagieren an Bord am 22. Mai um 10:40 als Flug 6R 693 nach Nowosibirsk. Dort endet mit ihrer Ankunft um 11:40 eine Ära: Alrosas Tu-134B-3 ist weltweit die letzte verbliebene Maschine dieses Typs, die noch regelmäßig Passagierflüge absolviert. Außer bei Alrosa ist die Tu-134 nur noch bei Air Koryo in Nordkorea sowie bei Syrian Air im Einsatz – allerdings jeweils nur fallweise. Auch die Tu-134A der russischen Kosmos Airlines aus Moskau-Vnukovo stehen nur vereinzelt für Charterflüge zur Verfügung.
Ein bewegtes Flugzeugleben
Alrosas „Tushka“ mit der Kennung RA-65693 blickt auf eine schillernde Karriere zurück: Ausgeliefert am 24. Mai 1980 an die staatliche Aeroflot (Seriennummer 63221), verbrachte sie ihre ersten Jahre in Riga in der damaligen Lettischen Sowjetrepublik. Nach dem Zerfall der Sowjetunion flog sie in Lettland als YL-LBC für die aus der Aeroflot ausgegliederte Latavio weiter. 1994 gab sie ein Charter-Gastspiel in Nigeria bei Harco Air Services, bevor 1996 ihre Rückkehr nach Russland anstand. Dort erhielt sie ein Kabinen-Upgrade mit VIP-Interieur und diente – bereits damals mit der Kennung RA-65693 versehen – vorübergehend der Sängerin und Komponistin Alla Pugatschowa als persönlicher Businessjet.

Als sie im Jahr 2000 schließlich zur Flotte der Alrosa stieß, wurde ihre Kabine wieder auf Airliner-Niveau zurückgerüstet. 73 Passagiere finden seither in ihr Platz. Wer beim Abschiedsflug am 22. Mai einen dieser 73 Plätze ergattern möchte, sollte sich sputen: Aktuell sind unter www.alrosa.aero noch Sitze buchbar – ein Ticket kostet 9.650 Rubel (ca. 130 Euro). Ungleich teurer dürfte dagegen die dafür nötige Anreise ins ferne Mirny werden.