Bei einer Medienveranstaltung in der "Flying Lab Factory" in Raunheim, dem zentralen IT-Entwicklungszentrum des Konzerns, westlich des Frankfurter Flughafens, mahnte Jens Ritter, Vorstandschef von Lufthansa Airlines, einen Kulturwandel bei den elektronischen Dienstleistungen im Konzern an. Die Airline-Gruppe setze künftig stärker auf nahtlos miteinander verknüpfte, erweiterbare Eigenentwicklungen und nicht mehr so stark auf extern eingekaufte Punktlösungen. Außerdem werde die Software besser für die besonderen Anforderungen des Flugbetriebs und Airline-Geschäfts maßgeschneidert.
Passagierabfertigung ohne Stau
Lufthansa verzeichne eine starke Rückkehr der Passagierströme und müsse jedes Abfertigungsdetail und alle Bodenprozesse überprüfen, um nach den Nachfrageeinbrüchen während der Corona-Flaute und den nachfolgenden Problemen beim Wiederanlauf wieder zur gewohnt hohen Servicequalität zurückkehren zu können. Jeder kleine Fehler könne Dominoeffekte im weiteren Ablauf auslösen. Deswegen seien genaueste Planung und die fortlaufende Überwachung der Umsetzung die Schlüssel zu störungsfreien Abläufen, auch in Verbindung mit Flughäfen und Bodendienstleistern.
Kundenbedürfnisse ändern sich
Außerdem stelle man angesichts des gesellschaftlichen Wandels auch veränderte Kundenbedürfnisse bei den Passagieren fest. So gebe es steigenden Bedarf nach individuellen Lösungen, darunter Upgrades, spezielle Essen und Zusatzleistungen. Der Zufriedenheitswert bei den Lufthansa-Passagieren, der sogenannte "Net Promoter Score," solle über den Wert vor der Corona-Pandemie steigen und ihn nicht nur wieder erreichen. Deswegen investiere Lufthansa derzeit rund 100 Millionen Euro in Serviceverbesserungen und erneuere ihre Flotte mit 31000 neuen Sitzen, darunter auch in der Boeing 747-400 und der wiederkehrenden A380. Man wolle "Premium" entlang der gesamten Reisekette sein.
Neue Flotte fliegt immer sauberer
Bis zum Jahr 2030 halbiere Lufthansa zudem ihren CO2-Ausstoß, um bis zum Jahr 2050 komplett "CO2-neutral" zu werden. Dabei helfe die bis 2025 für 2,5 Mrd. Euro grunderneuerte Flotte. Eine Boeing 787 verbrauche 30 Prozent weniger Kerosin als ihr Vorgänger Airbus A340-300. Auf einem Beispielflug von Frankfurt nach Newark entspreche dies 13 Tonnen weniger Kerosin und 42 Tonnen weniger CO2.
Jede neue 787 schaffe 168 Arbeitsplätze, für jede neue A350 kämen 145 Mitarbeiter hinzu. Lufthansa wolle 2023 weitere 3000 Mitarbeiter einstellen.
IT-Abteilung will sich verdoppeln
Oliver Schmitt, Senior Vice President "Digital Delivery" bei der Lufthansa Group, stellte seinen Bereich mit 500 Mitarbeitern vor, der das Ziel hat, um nochmals 500 IT-Spezialisten zu wachsen. Hier umwerbe Lufthansa auch ausscheidende Talente von US-Elektronikriesen, die ihren Personalbestand aktuell verkleinerten. Eine Schlüsselrolle komme der Software zu, die per "Travel ID" jeden Passagier über die App erkenne, so dass man alle Stufen des Reiseablaufs elektronisch mitverfolgen könne, um dann jeweils die zum Reiseschritt passenden Services anzubieten.
Passagier wird digital begleitet
Statt der früheren Auswahl per "Menü" in der Software entfalle diese Mühe für den Passagier künftig. Der Fluggast werde, je nach Schritt im Reiseablauf, per App direkt zur für ihn kürzesten Warteschlange, einem veränderten Gate oder zur Umbuchung geleitet. So erhält der Passagier künftig bei einem Flugausfall automatisch eine Liste von Ausweichvorschlägen auf sein Mobiltelefon geschickt, die er sich per Klick direkt "frei" auswählen kann. Laut Oliver Schmitt erhöht diese Auswahlmöglichkeit die Kundenzufriendenheit gegenüber festen Umbuchungslösungen deutlich. Die dazu nötige Software, die neue App wurde bereits für iOS und Android veröffentlicht und bis zum Sommer folgen noch verbesserte Versionen für den PC, soll wie ein "digitaler Reisebegleiter" funktionieren, und nach dem Vorbild von Uber und Amazon die vorherige Auswahl speichern, um individuelle Vorlieben zu erkennen. Die zentrale IT-Abteilung arbeitet für Lufthansa, SWISS, Austrian, Brussels und Eurowings.