Herr Thum, die ILA 2018 meldet schon lange vorab mehr vermietete Fläche und mehr Aussteller als die ILA 2016. Ist das anfängliche Sorgenkind ILA in Berlin damit nun endgültig etabliert?
Wir haben die älteste Luft- und Raumfahrtausstellung der Welt ganz bewusst zur führenden Innovationsmesse der Branche weiterentwickelt. Heute steht ILA für „Innovation and Leadership in Aerospace“. Zwei Monate vor dem Take-Off stellen die Buchungszahlen für Ausstellung und Konferenz ein Rekordergebnis dar. Dies ist ein großer Erfolg und zugleich wichtiger Beweis: Die Neukonzeption der ILA Berlin als Bühne für Innovationen, Zukunftsthemen und technische Entwicklungen greift – sowohl bei etablierten Konzernen als auch bei jungen, hoch innovativen Unternehmen, und diese kommen aus der ganzen Welt zu uns.
Wie haben Sie das Konzept der Messe verändert und wo liegen die Stärken der ILA im Vergleich zu anderen internationalen Luftfahrtmessen?
Deutschland und Europa sind in der Luft- und Raumfahrtindustrie global mit führend. Die Technologie von morgen wird also nicht zuletzt bei uns entwickelt. Darum bietet die ILA die perfekte Gelegenheit, der Welt die neuesten Technologien zu zeigen und mit den führenden Köpfen der Branche die zentralen Zukunftsfragen zu diskutieren. Weitere Schwerpunkte sind die Raumfahrt, die Zulieferindustrie, Helikopter und der Nachwuchs – alles Themen, die bei anderen Messen weniger im Vordergrund stehen.
Mit der Aero in Friedrichshafen, der Cabin Interiors Expo in Hamburg, der Ebace in Genf und der Inter Airport Europe haben sich neben der ILA eine Reihe von spezialisierten Fachmessen am Markt festgesetzt. Wo liegt die Chance einer übergeordneten Messe wie der ILA?
Diese Fachmessen sind alle gut und wichtig, sie richten sich aber nur an einen Teil der Branche. Auf der ILA sprechen wir über das große Ganze mit den Top-Entscheidern aus Industrie, Politik, Wissenschaft und Streitkräften. Darüber hinaus haben wir mit den Themen Innovation, High-Tech und Nachhaltigkeit ein Alleinstellungsmerkmal zu bieten. Damit können wir uns der Konkurrenz in Dubai, und Singapur stellen.
Die ILA ist in diesem Jahr mit Ende April extrem früh terminiert. Warum sind Sie im Jahr derartig weit vorgerückt?
Die Lage der Feiertage in diesem Jahr war ein maßgeblicher Faktor bei der Festlegung dieses Termins. Die ILA soll stattfinden in einer Sitzungswoche des Deutschen Bundestages, aber in einer Woche ohne Feiertage und außerhalb der Ferien. Die ILA 2018 überschneidet sich ein paar Tage mit der Hannover Messe. Das sind Synergien nach unserem Geschmack: Diese zeitliche Nähe ist ideal gerade für ausländische Delegation, denn sie können auf einer Reise gleich zwei wichtige Messen besuchen. Für die ILA gilt: Wer Geschäfte in der EU machen will, der muss nach Berlin kommen.
In diesem Jahr steht das ILA-Partnerland Frankreich im Mittelpunkt. Was können die Messebesucher aus Frankreich erwarten?
Die Kooperation bei der ILA Berlin 2018 ist Ausdruck der langjährigen, erfolgreichen deutsch-französischen Freundschaft in der Luft- und Raumfahrt. Weltweit arbeitet kein anderes Länder-Duo so eng zusammen wie Deutschland und Frankreich – und zwar in allen Segmenten unserer Branche, der zivilen, der militärischen Luftfahrt und der Raumfahrt. Auf der diesjährigen Messe wird diese starke Partnerschaft präsentiert, gelebt und weiter intensiviert – und auch gefeiert. Die Wahl Frankreichs als Partnerland ist weiterer Ausdruck der ILA Berlin als Synonym für Innovation and Leadership in Aerospace.
Mit der Kür Frankreichs als Partnerland setzt die ILA 2018 auch ein Zeichen für einen neuen Aufbruch der EU. Beide Nationen stellen sich ihrer Verantwortung, mit ihrer gebündelten Innovationskraft gemeinsam neue Impulse für ein starkes Europa zu setzen.
Können Sie uns noch andere Höhepunkte aus dem diesjährigen Ausstellungs- und Flugprogramm verraten?
Die Anmeldungen laufen natürlich noch, täglich treffen neue ein. Größter Ausstellung mit eindrucksvollem flying und static display wird auch bei dieser ILA wieder die Bundeswehr sein. Die französische Luftwaffe wird die Rafale präsentieren – eine ILA-Premiere. Lockheed Martin hat angekündigt, die CH-53K nach Berlin zu bringen - eine Weltpremiere. Der Hersteller will auch die F-35 Lightning II und die C-130J Super Hercules auf der ILA im Flug zeigen. Airbus hat zugesagt, das Erprobungsflugzeug A340 BLADE nach Berlin zu bringen. Die japanischen Streitkräfte werden in Zusammenarbeit mit Kawasaki den Seeaufklärer P1-Maritim Patrol Aircraft jeweils statisch und fliegend vorführen. Natürlich werden wir auch mehrere Drohnen, u.a. EuroMALE, sehen.
In Berlin und Brandenburg wird über die Zukunft des Messestandortes in Selchow offen spekuliert. Angeblich wollen Messe Berlin und Land Brandenburg das Gelände an die Flughafengesellschaft verkaufen. Muss man um die ILA zittern und wie lange ist die ILA in Schönefeld gesichert?
Es gibt einen bestehenden Vertrag zur Durchführung der ILA auf dem Berlin Expo Center Airport, der bis einschließlich 2020 läuft. In diesem Vertrag steht, dass wir uns 2018 zusammensetzen, um über die Zukunft der ILA zu beraten. Wir haben die ILA neu konzipiert, haben die Kosten unter Kontrolle und die Einnahmen erhöht. Die ILA erfährt eine Trendwende, auch wenn sie von den Behörden nicht so unterstützt wird wie Luftfahrtmessen in anderen Ländern. Das ist ein struktureller Nachteil für die ILA. Aber die Faszination Fliegen muss man auch im Flug zeigen. Und wir müssen langfristig denken: Mit der ILA Berlin hat Deutschland die Innovationsmesse schlechthin, die ein weltweites Ausrufezeichen für Hochtechnologie ‚Made in Germany‘ setzt und Anziehungspunkt für Aussteller und Besucher aus der ganzen Welt ist.
Mal theoretisch gefragt: Gäbe es einen Ausweichstandort und welche Anforderungen müsste dieser unbedingt erfüllen?
Spekulationen liegen mir nicht.
Für viele Fans sind die Flugvorführungen ein entscheidender Bestandteil der Messe. Kann man sich darauf verlassen, dass man auch künftig die meisten Messeflugzeuge in der Luft bewundern kann?
Das sehe ich genauso. Das Flugprogramm – sowohl militärisch als auch zivil – ist für uns alle integraler Bestandteil der ILA Berlin.
Die Luftfahrtbranche boomt und durchlebt große Entwicklungsschübe. Gleichzeitig sucht sie Personalnachwuchs, der besondere Anforderungen erfüllt. Wie reagiert die ILA auf dieses veränderte Umfeld und wie wird eine ILA in zehn Jahren aussehen?
Luft- und Raumfahrt fasziniert, aber wir müssen jungen Männern und Frauen immer wieder verdeutlichen, dass eine Karriere in unserer Industrie sehr gute Zukunftschancen eröffnet. Darum spielt das Thema Nachwuchs auf der ILA auch eine immer größere Rolle: Wir verbinden die Faszination mit konkreten Angeboten an junge Menschen. In zehn Jahren wird Luft- und Raumfahrt eine noch größere Rolle für Wirtschaft und Gesellschaft spielen. Es bleibt also spannend.
Die Fragen stellte Sebastian Steinke