MD-11-Absturz: Riskantes Prinzip bei Triebwerkspylonen?

Bindeglied zwischen Antrieb und Flugzeugzelle
Sollbruchstelle bei Triebwerkspylonen

ArtikeldatumVeröffentlicht am 06.11.2025
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Sollbruchstelle bei Triebwerkspylonen
Foto: GE Aviation

Kraftstoffleitungen, elektrische und hydraulische Verbindungen, Luftzufuhr zur Klimaanlage, alles läuft durch die Triebwerkspylone hindurch. Der Wirrwarr im Inneren sollte sorgfältig geordnet sein, und die Struktur hat Temperaturen von minus 40 bis zu plus 500 Grad Celsius standzuhalten. Zudem muss die Aufhängung mit drei verschiedenen Belastungen klarkommen: dem Maximalschub des Triebwerks, dem Gewicht des Antriebs selbst – erhöht durch g-Kräfte wie zum Beispiel bei einer sehr harten Landung – und den von den rotierenden Komponenten erzeugten Drehmomenten. Die Konstrukteure müssen das Ganze so leicht und aerodynamisch sauber wie möglich auslegen und verkleiden, um den Treibstoffverbrauch nicht unnötig zu erhöhen.

Im Lauf der Entwicklung moderner Verkehrsjets hat sich aus Sicherheitsgründen und zur Vereinfachung der Wartung die Anordnung der Triebwerke unter dem Flügel durchgesetzt. Quasi als Abstandshalter kommen die größtenteils aus Titan gefrästen Pylone zum Einsatz, um bei einem Triebwerksschaden die Integrität des Flügels und der darin befindlichen Kraftstofftanks sicherzustellen. Sie sind direkt am Flügelholm befestigt. Der Antrieb selbst ist nur an wenigen Stellen mit dem Träger verbunden, bei einer Boeing 737 zum Beispiel mit jeweils vier Bolzen vorne am Bläser und hinten am Turbinengehäuse. Beide Befestigungspunkte werden mit zwei massiven Stangen, den "Thrust Links", verbunden. Sie übertragen die Beschleunigungskräfte vom Triebwerksgehäuse auf die hintere Befestigung und damit auf die Flugzeugstruktur.

Triebwerkspylon in Montagehalle
Spirit Aerosystems

Kontrolliertes Abscheren

Hinzu kommen noch insgesamt drei Scherbolzen – beim CFM56-7 der Boeing 737 sind es zum Beispiel vorne zwei und hinten ein solcher, rund 22 Millimeter dicker Bolzen. Bei einer Landung ohne Fahrwerk sollen sie brechen und das Abscheren der Aggregate erlauben, um die Struktur des Flugzeugs zu schützen.

Riskantes Prinzip?

Diese unter anderem von Boeing und früher auch McDonnell Douglas angewendete Design-Philosophie birgt auch Risiken. Tragisches Beispiel ist der Absturz der DC-10 vom American-Airlines-Flug 191 am 25. Mai 1979 in Chicago. Kurz nach dem Abheben brach das linke CF6-Triebwerk ab und beschädigte dabei die Hydraulikleitungen im Flügel. Der Airliner rollte unkontrollierbar nach links und schlug kurz hinter der Startbahn auf. Mit 273 Toten war es das schwerste Flugzeugunglück in den USA. Als Ursache stellte sich eine Beschädigung der Triebwerksaufhängung aufgrund falscher Wartungsmethoden heraus.

Triebwerk mit Monteur in Montagehalle
GE Aerospace

Wie wichtig die gewissenhafte Inspektion der Befestigungsbolzen ist, zeigte auch der Absturz der Boeing 747 von El-Al-Flug 1862 am 4. Oktober 1992. Kurz nach dem Start löste sich das dritte Triebwerk vom rechten Flügel des Frachters und riss Teile der Vorflügel und auch das vierte JT9D ab. Der Jumbo stürzte in ein Hochhausgebiet in Amsterdam. Ermüdungsrisse hatten zum Bruch der Scherbolzen geführt.