Das Atlantic Canada Aviation Museum liegt rund 20 Kilometer außerhalb von Halifax nahe dem Halifax Stanfield International Airport und ist mit dem Auto in rund 20 Minuten von der Innenstadt aus zu erreichen. Schon von der Autobahn aus ist eine werbewirksam aufgestellte McDonnell CF-101 Voodoo zu sehen, die einst als Langstrecken-Allwetterjäger bei der No 416 "Lynx" Squadron flog. Sie ist das einzige im Freien ausgestellte Muster, alle anderen Maschinen befinden sich in den zwei Museumshallen. Bereits im Eingangsbereich stößt man auf ein echtes Unikat: einen Eigenbau aus dem Jahre 1934. Der luftfahrtbegeisterte Charles Craig hatte diesen allerdings nur fast fertiggestellt, bevor er ungeflogen auf einem Dachboden verschwand. Nach fast fünfzig Jahren von den Erben wiederentdeckt, stellt die Maschine eine Zeitkapsel dar, die den Leichtflugzeugbau der 30er-Jahre illustriert.

Schon am Eingang wartet ein seltenes Einzelstück: ein Selbstbau aus den 1930er-Jahren.
Memorabilien und ihre Geschichte
Anschließend gelangt man in den ersten Ausstellungshangar. Hier dominieren ein Nachbau der Silver Dart – des ersten in Kanada geflogenen Flugzeugs – und eine Lockheed CF-104 Starfighter das Bild. Entlang der Wände findet man eine einfache, aber gut gemachte Einführung in die Technik des Fliegens, anschauliche Modelle inklusive. Daneben fehlen auch nicht die in kanadischen Museen obligatorischen Schaukästen zu den jeweiligen Regionalfluglinien, die mittlerweile fast alle in Air Canada aufgegangen sind. Ausgestellt werden dabei diverse Memorabilien und die modischen Uniformen der Besatzungen der 1960er- und 1970er-Jahre. Hinter den Flugzeugen befinden sich noch drei Hubschrauber, wovon die Bell 206 Jet Ranger im Rot der kanadischen Küstenwache eine außergewöhnliche Geschichte hat: Mit ihr wurden 1977 innerhalb von 50 Minuten 42 Menschen von einer sinkenden Fähre gerettet.

Im Zentrum des Haupthangars: die wuchtige Canadair CF-100 Canuck.
Kanadische Tradition
Über einen weiteren Korridor gelangt man in den zweiten, deutlich größeren Ausstellungshangar. Empfangen wird man hier von einer Canadair CF-100 Canuck, deren beeindruckende Größe deutlich wird. Dahinter stehen eng zusammengepfercht rund 20 Flugzeuge und zahlreiche Motoren sowie Ausrüstungsgegenstände – Fotografieren ist leider eine Herausforderung in diesem Set-up. Unter den Maschinen befinden sich allerdings einige Raritäten. Zuvorderst zu nennen ist dabei eine TBM-3U Avenger. Diese flog bis 1961 bei der US Navy, bevor sie zum Wasserbomber umgerüstet wurde. 1975 verunglückte sie nach einem Motorschaden in New Brunswick. Jahrelang blieb das Wrack im Freien liegen, bis Freiwillige des Museums die Reste Mitte der 1990er-Jahre bargen und über einen Zeitraum von neun Jahren in ihren Zustand als Air Tanker zurückversetzten, womit sie eine willkommene "zivile" Abwechslung unter den noch existierenden Avenger darstellt. Gleich daneben findet man ein weiteres ehemaliges Trägerflugzeug aus dem Hause Grumman: Die CP-121 Tracker ist die kanadische Lizenzversion der S-2 und flog einst auf Kanadas letztem Flugzeugträger, der HMCS "Bonaventure". Mit der Consolidated Catalina, die derzeit restauriert wird, verfügt das Museum noch über ein drittes Seefliegermuster. Diese diente zunächst in der US Navy. 1953 an Eastern Provincial Airways verkauft, legte sie schon 1957 auf einem Flug nach Labrador wegen Motorproblemen eine Bruchlandung in der Taiga hin. Von dort wurde sie 1986 vom Museum geborgen und seitdem restauriert.Ein deutsches Muster mit interessanter Geschichte ist die Scheibe L-Spatz-55 aus den 1950er-Jahren. Diese flog einst als D-7047 in Deutschland, bis sie von in Lahr stationierten kanadischen Soldaten erworben und von deren Segelflugklub betrieben wurde. Nach einer Reparatur nahm einer der Soldaten die Maschine mit sich nach Kanada, wo sie in Gore, Nova Scotia, beheimatet war.

Mit diesem V8-Motor versuchte sich Orenda in den 1990er-Jahren an einer Alternative zur PT6.
Pionierdenken
Unter den diversen Motoren und Ausstellungsstücken fällt zunächst eine AIR-2-Genie-Luft-Luft-Rakete auf. Diese mit einem Nuklearsprengkopf bestückte Lenkwaffe sollte sowjetische Bomberformationen, die sich über der kanadischen Arktis näherten, zerstören. Eine zivile Fußnote der Luftfahrtgeschichte ist der V8-Motor Orenda OE600, der in den 1990er-Jahren in Neuschottland entwickelt und in wenigen Exemplaren gebaut wurde. Orenda wollte mit diesem ältere Kolbenmotoren in Mustern wie der Beaver oder Otter ersetzen sowie angesichts des niedrigeren Verbrauchs sogar der Propellerturbine PT6 Konkurrenz machen. Doch die hohen Entwicklungskosten, Probleme mit der Zuverlässigkeit und die Verwerfungen im Luftfahrtsektor nach dem 11. September 2001 führten zum Scheitern des Projekts. Abrunden kann man den Besuch im Museum mit einem Abstecher in die Boutique, die neben zahlreichen Modellbausätzen eine große Auswahl an neuen und gebrauchten Luftfahrtbüchern bereithält.

Der Haupthangar ist so dicht gefüllt, dass der Avenger Wasserbomber kaum ins Bild passt.
Museumsinfo
Adresse: 20 Sky Boulevard, B2T 1K3 Enfield, Nova Scotia
Telefon: +1 (902) 873 3773
Webseite: https://acamuseum.ca/
Öffnungszeiten: Mitte Mai bis September: Dienstag, Donnerstag und Samstag 10 bis 16 UhrOktober bis Mai: Samstag, 10 bis 16 Uhr, an Feiertagen ggfs. abweichende Öffnungszeiten – bitte beachten Sie hierzu aktuelle Hinweise auf der Webseite.
Eintritt: Der Einlass erfolgt gegen eine freiwillige Spende, vorgeschlagen werden 8CAD/Person
Ausstellungs-Highlights: 25 Flugzeuge, darunter TBM Avenger, CP-121 Tracker, Silver Dart (Replica), CF-100 Canuck, CF-104 Starfighter, CF-101 Voodoo, Scheibe L-Spatz 55, Lockheed JetStar, T-6 Harvard