Die Entstehung der alliierten Codenamen für japanische Flugzeuge
Die alliierten Streitkräfte, die nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor im Dezember 1941 im Pazifik im Einsatz waren, kannten die Standardflugzeuge ihres Gegners relativ gut. Die Namen und Hersteller der japanischen Flugzeuge waren bekannt und wurden bei der Flugzeugidentifizierung auch verwendet. Allerdings gab es auch einige Typen, die den amerikanischen, britischen, australischen und holländischen Streitkräften verborgen geblieben waren und die deshalb nicht eindeutig identifiziert werden konnten. Die Alliierten versuchten, sich in offiziellen Flugzeugerkennungsbüchern mit Beschreibungen wie „Bomber, der aussieht wie eine DC-2“ zu helfen. Dies war jedoch bei der eindeutigen Identifizierung der gegnerischen Typen nicht besonders hilfreich.
Im Verlauf des Jahres 1942 erhielten die Alliierten durch die Untersuchung von Flugzeugwracks, Befragungen von Kriegsgefangenen und aus anderen Quellen mehr und mehr Informationen über die japanischen Flugzeuge und konnten so die einzelnen Muster besser beschreiben und klar identifizieren. Alle diesbezüglichen Informationen liefen im Hauptquartier der alliierten Luftstreitkräfte im Pazifik in Brisbane, Australien, zusammen. Dort wurden auch die amerikanischen Flugzeug-Identifizierungshandbücher produziert.

Der Nachrichtendienst-Offizier Hauptmann Frank T. McCoy führte im Juni 1942 das System von Codenamen anstelle der japanischen Originalnamen ein.
Der kommandierende General der 5th US Air Force und Oberkommandierende der alliierten Luftstreitkräfte im Pazifik, George C. Kenney, war dafür bekannt, dass er wenig von Vorschriften und Regeln hielt, die er nicht selbst aufgestellt hatte. Da er die Verwendung eines einheitlichen Codenamen-Systems für japanische Flugzeuge für sinnvoll hielt, ließ er im September 1942 McCoys Erkennungshandbuch als „Intelligence Information Memorandum No. 12, Japanese Air Services and Aircraft“ veröffentlichen und in großer Auflage an Einheiten der US Navy, der US Army sowie verbündeter Streitkräfte verteilen, obwohl er dazu nicht ermächtigt war.
Selbst dem britischen Air Ministry schickte er mehrere Exemplare. Die Briten übernahmen die US-Codenamen und dankten Kenney für seine Anregung. Damit war das System quasi durch die Hintertür eingeführt. Darüber beschwerten sich zwar andere Generäle beim General MacArthur, dem höchsten alliierten Offizier im Pazifik, das System wurde aber nicht mehr geändert.
Bei der Vergabe der Codenamen folgten die alliierten Geheimdienstoffiziere grundsätzlich einem genauen Schema. Jagdflugzeuge erhielten einen männlichen Codenamen wie z.B. "Oscar" für die Nakajima Ki-43 Hayabusa. Bomber, Aufklärungsflugzeuge und Transportflugzeuge erhielten weibliche Vornamen, wie z.B. "Betty" für den Bomber G4M von Mitsubishi. Gleitflugzeuge bekamen Vogelnamen wie die Kokusai Ku-8, die "Goose" genannt wurde und Trainer wurden meist nach Bäumen benannt. Es gab natürlich auch einige Ausnahmen von dieser Regel, wie z.B. Bei der A6M Zero, die keinen männlichen Vornamen erhielt ausser bei der M3 Variante, die Hamp genannt wurde.
Vergabe der Codenamen

Von einigen weiblichen Vornamen weiß man, dass sie die Namen der Frauen beziehungsweise Freundinnen der Offiziere waren, die die Codenamen vergaben.
Die Vereinheitlichung der Erkennungsunterlagen war ein großer Schritt nach vorne und half den Alliierten bei der Identifizierung der japanischen Flugzeuge enorm. Trotzdem hielten sich einige japanische Namen bis zum Ende der Kampfhandlungen. Einer der berühmtesten japanischen Jäger, die Mitsubishi A6M „Rei-sen“ beziehungsweise „Zero-sen“, war bei den alliierten Piloten unter ihrem Namen „Zero“ viel bekannter als unter ihrem Codenamen „Zeke“.
Für Verwirrung bei der Flugzeugidentifizierung sorgten zudem Flugzeugmuster, die es in Wirklichkeit nicht gab. Wenn mehrere Piloten oder Flugabwehroffiziere unabhängig voneinander einen neuen Flugzeugtyp beschrieben hatten, wurde er in das Erkennungshandbuch aufgenommen und mit einem Codenamen versehen. Beispiele für solche „Geisterflugzeuge“ sind ein zweimotoriger schwerer Jäger (Omar), ein sehr wendiger einmotoriger Jäger (Joe) oder ein Aufklärungsflugzeug auf Schwimmern mit sehr großer Reichweite (Jone). In allen diesen Fällen muss es sich um Verwechslungen mit anderen Mustern gehandelt haben.

Anderen Flugzeugen hatten die alliierten Geheimdienstoffiziere allerdings umsonst Namen zugeteilt. In der Annahme, dass die Japaner auch Maschinen aus Deutschland und Italien einsetzen würden, wurde auch einigen dieser Flugzeugmuster Codenamen zugeordnet. Aber weder Mike (Messerschmitt Bf 109), Doc (Messerschmitt Bf 110), Janice (Junkers Ju 88), Trixie (Ju 52), Trudy (Focke-Wulf Fw 200), Ruth (Fiat B.R. 20) noch Fred (Focke-Wulf Fw 190) wurden als Codename benötigt, denn sie wurden von den japanischen Streitkräften im Zweiten Weltkrieg nicht eingesetzt.
Im Kalten Krieg wurde das Codenamen-System fortgeführt, um die sowjetischen Flugzeugmuster eindeutig beschreiben und identifizieren zu können. Allerdings erfolgte die Namensvergabe nicht mehr willkürlich, sondern folgte einem System. So waren alle Flugzeuge, deren Codenamen mit dem Buchstaben B begannen, Bomber, während alle Flugzeuge, deren Codenamen mit einem C begann, Transportflugzeuge waren.
Übersicht Codenamen japanischer Kampfflugzeuge

Klassiker der Luftfahrt Ausgabe 05/2010