René Fonck, erfolgreichster französischer Jagdflieger im Ersten Weltkrieg, bereiste 1921 im Auftrag der Interalliierten Luftfahrt-Überwachungskommission (ILÜK) Deutschland, um die Einhaltung der im Versailler Vertrag in Abschnitt IV, Artikel 210, festgelegten Baubeschränkungen zu überwachen. Fonck hielt in seinem Bericht fest: "Der Vertrag von Versailles hat Deutschland das Recht gelassen, eine Handelsluftflotte zu besitzen. Wir wissen alle, dass es gegenwärtig keinen Unterschied gibt zwischen einem maskierten Handelsflugzeug und einem Militärflugzeug.(...) Es ist nicht schwieriger, Bomben zu transportieren als Passagiere zu befördern. (…) Da nun der Friedensvertrag diese Versuche mit großen Flugzeugtypen nicht untersagte, wäre es wünschenswert gewesen, dass man unsere technischen Dienststellen wenigstens beauftragt hätte, die Versuche mit den in Deutschland hergestellten Apparaten zu überwachen, ihre charakteristischen Merkmale und Formveränderungen nachzuprüfen und den französischen Flugzeugingenieuren alle Auskünfte zukommen zu lassen, welche von Wichtigkeit sein konnten. (…) Es ist unzulässig, dass den ‚Zeppelinwerken‘ gestattet wurde, Riesenflugzeuge zu bauen unter dem Vorwand, dass es sich um neue Versuche handle, aus denen wir ebenfalls Nutzen ziehen sollten, und dass unsere Flugzeugwerke bis heute gar keine Information über die Ergebnisse dieser Versuche erhalten haben."

Der Rumpf der E 4/20 bestand aus rechteckigen Metallspanten, die auch mit Metall beplankt waren.
Ganzmetallbauweise
Was Fonck derart beunruhigte, war der Erstflug des viermotorigen Verkehrsflugzeugs E 4/20 am 9. November 1920 in Staaken. Am Steuer der frühere Marineflieger Carl Kuring (1896–1968). Staaken, heute der westlichste Ortsteil von Berlin-Spandau, war im Krieg für den Bau von Riesenflugzeugen bekannt. Die Flugzeugwerft GmbH Staaken und der Luftschiffbau Zeppelin GmbH fusionierten am 25. Januar 1918 zur Zeppelin-Werke GmbH Staaken. Bis zum Waffenstillstand verließen zwölf Luftschiffe und 18 R-Flugzeuge die Produktionsstätte. Was die E 4/20 betrifft, an der Chefkonstrukteur Dr.-Ing. Adolf Rohrbach (1889–1939) die Arbeit im Mai 1919 begonnen hatte, ging es darum, das Wissen zum Bau großer Mehrmotorenflugzeuge zu bewahren und den Einstieg in die Friedenswirtschaft anzubahnen. Rohrbach war 1916 von den ebenfalls zu Zeppelin gehörenden Dornier-Werken gekommen, wo er erste Erfahrungen im Ganzmetallbau gesammelt hatte. Das finanzielle Risiko trug Zeppelin-Generaldirektor Alfred Colsman (1873 – 1955). Colsman wollte ein Flugzeug, das Linien wie Friedrichshafen nach Berlin bedienen konnte.

Bis zu 18 Passagiere, in Zweierreihen mit einem Mittelgang, konnte die Staaken E 4/20 befördern.
Hochmoderner Entwurf
Der Entwurf der E 4/20 (die Bezeichnung lehnte sich an das militärische Bestellnummernsystem aus Kriegszeiten an: E stand für Eindecker, 20 für das Bestelljahr) war hochmodern: Die Flügel mit einer Spannweite von nicht weniger als 31 Metern hatten einen großen Kastenholm, der etwa ein Drittel der Flügeltiefe ausmachte. Er war angesichts des dicken Profils bis zu 586 mm hoch. An ihm waren vorn die vier Maybach-Motoren befestigt. Nase und hinterer Flügelbereich waren mit bis zu vier Millimeter dicken Metallbeplankungen versehen. Zwei große Tanks befanden sich in der Nase zwischen den Motoren und hinter dem Holm.
Der Rumpf war aus 14 rechteckigen Spanten aufgebaut, die an den Ecken mit Längsträgern verbunden waren. Die Aluminiumbeplankung erhielt aufgenietete Längsversteifungen. Die zwei Spanten für die Flügelmontage waren genietete Kastenkonstruktionen. Die bis zu 18 Passagiere saßen zu zweit nebeneinander, mit einem Mittelgang. Hinten waren noch ein Gepäckraum sowie eine Toilette mit Waschraum untergebracht. Das Leitwerk war ebenfalls aus Metall, die Ruder allerdings mit Stoffbespannung. Für die Zweimannbesatzung gab es oben vor den Tragflächen ein offenes Cockpit, das später aber verkleidet und mit Fenstern versehen wurde. Als Fahrwerk waren auf beiden Seiten zwei Räder montiert, die durch gefederte Stützen am Flügelholm befestigt waren und zwei Abstrebungen zur unteren Rumpfkante hatten. Die nicht vorgespannten Federn bewegten sich dabei bis zu 300 mm, verhinderten somit unerwünschte Landesprünge und sorgten für einen Auslauf von nur 200 Metern.

Da die E 4/20 angeblich militärisch nutzbar war, musste sie im November 1922 zerstört werden.
ILÜK weist Zerstörung an
Die E 4/20 musste mit 110 km/h abheben und mit 130 km/h ausschweben, da sie für die damaligen Verhältnisse eine hohe Flächenlast von 80 kg/m² (statt der eher noch akzeptablen 50 k/m2) hatte. Die E 4/20 erreichte bei den Testflügen mit leicht gedrosselten Motoren 211 km/h. Das schafften im Weltkrieg noch nicht einmal Jagdflugzeuge. Was die Entente unter militärischem und zivilem Fluggerät verstand, teilte sie der deutschen Reichsregierung am 14. April 1922 als "Begriffsbestimmungen" mit. Damit war das Ende der Staaken E 4 besiegelt, nachdem Kuring dem Erstflug weitere zwölf störungsfreie Starts und Landungen hinzugefügt hatte. Die E 4 musste also – da angeblich militärisch nutzbar – am 21. November 1922 auf Anordnung der ILÜK abgewrackt werden.
Die Erkenntnis, dass Rohrbachs Konzept eines mehrmotorigen Eindeckers in Leichtmetallbauweise den Weg in die Zukunft der Verkehrsluftfahrt wies, reifte erst später heran. Die Siegerstaaten nutzten nach dem Krieg jedenfalls zunächst mehrmotorige Passagierflugzeuge wie Farman F.60 Goliath, Bréguet Leviathan, Caudron C.61, Handley Page W8 oder Bristol Pullman (ein Dreidecker!). Am 21. Mai 1926 wurden in Paris die Flugzeugbau-Baubeschränkungen für Deutschland aufgehoben. Auch Adolf Rohrbach, der 1922 seine eigene Firma gegründet hatte, konnte sich neu entfalten.

Bei der Entwicklung der E 4/20 wurden auch Windkanalversuche durchgeführt.
Technische Daten
Staaken E 4/20
Besatzung: 2
Passagiere: 12 bis 18 je nach Reichweite
Antrieb: 4 x Maybach Mb.IVa
Leistung: je 260 PS
Länge: 16,50 m
Höhe: 4,50 m
Spannweite: 31,00 m
Flügelfläche: 106 m²
Leermasse: 6072 kg
maximale Startmasse: 8500 kg
berechnete Höchstgeschwindigkeit: 225 km/h
konzipierte Reisegeschwindigkeit: 200 km/h
Flugdauer: bis zu sechs Stunden