„Fliegendes Klassenzimmer“ landet in der Flugwerft
Do 128-6 in Schleißheim

Das Forschungsflugzeug "D-IBUF", eine Do 128-6 Turbo Skyservant der TU Braunschweig, ist am Sonntag im Deutschen Museum in Schleißheim angekommen. Der Neuzugang hat eine bewegte Geschichte:

 

Die Dornier Do 128 der TU Braunschweig steht nun in Schleißheim im Museum.
Foto: Deutsches Museum

Bei ihrem letzten Flug war auch Peter Hecker an Bord der Maschine. Dem Leiter des Instituts für Flugführung der TU Braunschweig fiel der Abschied von "seiner" Do 128 sichtlich schwer: "Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl, wenn man ein solches Flugzeug nach einer so langen Zeit aus der Hand gibt – aber wir glauben, dass die IBUF hier in der Flugwerft sehr gut aufgehoben ist." Die Dornier Do 128-6 "Turbo Skyservant" diente zuletzt fast 35 Jahre der TU Braunschweig als Forschungsflugzeug und als "fliegendes Klassenzimmer".

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Die "D-IBUF" ist der erste Prototyp einer umgebauten Do 28D (Erstflug 1978). Nach der Umrüstung auf neue Triebwerke, die leiser, wartungsärmer und statt mit Flugbenzin mit leichter verfügbarem Kerosin zu betanken waren, änderte sich die Bezeichnung in Do 128-6. 1980 hob sie so ausgestattet erstmals ab und wurde anschließend umfangreich getestet.

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1983 kaufte das Alfred-Wegener-Institut (AWI) das Flugzeug und taufte es auf den Namen POLAR 1. Für den geplanten Einsatzzweck in der Antarktis wurde das Fahrwerk mit Kufen ergänzt, um so auch auf Eis und Schnee landen und starten zu können. Hinzu kamen die wichtige Enteisungsanlage sowie ein Radar. Für die Weiten der Antarktis erwies sich die Maschine letztlich trotzdem als ungeeignet. Zu langsam, zu geringe Reichweite.

1986 zur TU Braunschweig

Auf dem Werksgelände von Dornier in Oberpfaffenhofen zwischengelagert wurde sie 1984 Opfer des großen Hagelunwetters, sodass ihre Oberfläche komplett erneuert werden musste. 1986 dann kaufte die TU Braunschweig das Flugzeug in der Absicht, die eigene Do 28D – diese steht inzwischen im Luftfahrtmuseum Wernigerode – als Forschungsflugzeug zu ersetzen. Die Idee war, die Testausrüstung unkompliziert von einem Flugzeug ins andere umzuziehen, weil beide ja beinahe baugleiche Rümpfe hatten.

Da die notwendige Dokumentation zu den Einbauten im älteren Flugzeug fehlte, machte die Bürokratie diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. So dauerte der Umbau bis 1987. Ende des Jahres konnte dann die erste meteorologische Messkampagne durchgeführt werden, wofür das Flugzeug an die französische Atlantikküste verlegt wurde.

In den folgenden Jahren kam die "D-IBUF" auch weiterhin europaweit zum Einsatz. Messeinsätze wurden vom Nordpolarmeer bis zum Mittelmeer geflogen. Die "D-IBUF" war neben Frankreich in Finnland, Norwegen, dem Vereinigten Königreich, Spanien und der Schweiz unterwegs. Zumeist wurden Wetterphänomene untersucht oder Atmosphärendaten erhoben.

Hinzu kamen Aufgaben für das Institut für Flugführung (IFF) der TU Braunschweig, dem das Flugzeug offiziell gehörte. Dabei handelte es sich um Erprobungen von Navigationssystemen, Tests von Sensoren und Aerogravimetrie zur Erforschung der Erdkruste. Zudem nutzten Studierende der TU Braunschweig und verschiedener Partner-Universitäten das Flugzeug als "fliegendes Klassenzimmer" für eigene Experimente.

Die Messtechnik ist von außen speziell am langen Mast an der Nase des Flugzeugs erkennbar. An diesem sind die Messgeräte so weit vor der Maschine, dass die anströmende Luft noch nicht von dieser beeinflusst wird – die Messergebnisse werden also nicht verfälscht. Nach Bedarf konnten am Flugzeug weitere Sensoren und Sensorbehälter montiert werden. Mit der "D-IBUF" kamen Fernthermometer, Strahlungssensoren, verschiedenste Kameras, Windmessgeräte, Wolkenwassersammelbehälter, sowie Radio- und Laser-Höhenmesser zum Einsatz.

Die Ausrüstung konnte für jede Mission speziell zusammengestellt werden. Darunter waren auch spezialisierte Geräte, wie etwa Fallsonden. Durch den rechteckigen Rumpf konnte der Platz im Inneren ideal für die meist ebenfalls rechteckigen Messgeräte und Rechner ausgenutzt werden. Die Fluggeschwindigkeit, die dem AWI noch zu niedrig war, kam dabei der Genauigkeit der Messergebnisse zu Gute, denn sie fielen engmaschiger aus.

Nach 35 Jahren im Dienst der TU Braunschweig ist nun die Zeit für eine Ablösung durch ein moderneres Flugzeug gekommen. Die zweimotorige Cessna F406 mit dem Kennzeichen "D-ILAB" übernimmt die Aufgaben der "D-IBUF". In der letzten Phase wurden beide Maschinen kurzzeitig parallel eingesetzt, um eine reibungslose Übergabe der Messtechnik sicherzustellen.

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