Nicht nur als erstes Trägerflugzeug einer Atombombe wurde die B-29 im Pazifik kriegsentscheidend, sondern auch wegen verheerender konventioneller Bombenangriffe auf japanische Städte und Industriezentren.
Boeing entwickelte die „Superfestung“ seit 1940 unter der Bezeichnung Model 345. Ihr druckbelüftetes Cockpit war nur durch einen sehr engen Röhrengang mit dem Rumpfabteil der drei Bordschützen verbunden. Ein Rollbrett diente als Transportmittel zum Durchqueren dieser nur liegend zu überwindenden Strecke. Der Heckschütze saß in einem völlig separaten, dritten Druckabteil.

Großauftrag dank Kriegseintritt
Nach einer ersten Bodeninspektion des Prototyps XB-29 durch die US Army Air Force im April 1941 in Seattle erhielt die Beschaffung der B-29 wegen des Kriegsausbruchs in Europa hohe Priorität, und erstmals ergingen schon vor dem Erstflug eines Bombers Großaufträge: Nach den ersten 14 YB-29-Vorserienflugzeugen für Tests wurden gleich auch noch Serienlose von je 250 Flugzeugen im September 1941 und im Januar 1942 bestellt. Im September 1942 erfolgte ein Großauftrag für weitere 1000 Flugzeuge.
Boeing-Testpilot Edmund T. „Eddie“ Allen startete mit dem ersten Prototyp der XB-29, der „41-2“, am 21. September 1942 am Boeing Field in Seattle zum Erstflug. Im Jahr darauf kamen Allen und die Testcrew ums Leben, als ein XB-29-Prototyp im Landeanflug brennend ein Gebäude streifte und abstürzte.

Bomber mit Biturbo
Der stromlinienförmige Höhenbomber wurde von vier Wright-R-3350-Doppelsternmotoren angetrieben, die von jeweils zwei Turbo-Superchargern zwangsbeatmet wurden. Die ursprünglich geplante und am zweiten Prototyp erprobte Abwehrbewaffnung mittels ferngesteuerter, ausfahrbarer Sperry-Waffenstände wurde durch ein System von General Electric ersetzt. Die Bordschützen peilten ihre Ziele dabei aus Sichtfenstern oder Kuppeln mit Hilfe ihrer Periskopvisiere an und bedienten separat installierte MG-Türme per Fernsteuerung.
Die B-29-Vorserie wurde im von Boeing übernommenen Stearman-Werk in Wichita gebaut. Danach wurde die B-29 auch vom damals neuen Boeing-Flugbootwerk in Renton produziert, dem heutigen Produktionsort aller Boeing 737. Auch Martin in Omaha und Bell in Marietta, Georgia, übernahmen große Fertigungslose. Die Gesamtproduktion erreichte 1634 Flugzeuge in Wichita, 357 in Marietta und 536 in Omaha. In Renton entstand die B-29A-BN mit neuem Rumpfmittelstück und leicht erhöhter Spannweite. Boeing baute 1119 Flugzeuge dieser Version.
Kriegsschauplatz Pazifik
Ende 1943 entschieden die USA, die B-29 grundsätzlich nicht in Europa, sondern nur im Krieg gegen japanische Truppen und Japan einzusetzen. Ihre Feuertaufe erlebte die B-29 deswegen beim 58th Very Heavy Bombardment Wing bei Bombenangriffen auf Bangkok, sie erfolgten ab Juni 1944 von indischen Basen aus. Der erste verheerende Angriff auf Tokio fand am 24. November 1944 statt. In einer Nacht ließen über 100 000 Menschen dabei ihr Leben.
Um eine noch höhere Bombenzuladung, vor allem mit Brandbomben, zu erreichen, wurde, angesichts einer sinkenden Bedrohung durch Jäger, die gesamte Abwehrbewaffnung bis auf den jetzt nur noch radargesteuerten Heckstand ausgebaut. Diese Ausführung wurde als B-29B auch ab Werk geliefert. Außerdem gab es die B-29 als Fotoaufklärer F-13 und F-13A mit Zusatztanks im Waffenschacht. Andere B-29 wurden als Aufklärer mit Bodenradar ausgestattet.

Die B-29 und die Atombombe
Die berühmteste Ausführung der B-29 ist jedoch die unter höchster Geheimhaltung entwickelte und nur bei Martin in Omaha umgebaute Atombomberversion „Silverplate“ mit großem, einteiligem Bombenschacht und besonders schnell öffnenden Bombenschachtklappen. Außerdem wurden verbesserte Verstellpropeller von Curtis Electric installiert. Diese Version führte am 6. August 1945 mit der streng geheimen „Operation Centerboard“ den Atombombenangriff auf Hiroshima und drei Tage später den zweiten Abwurf auf Nagasaki durch. Zwar hatten die konventionellen B-29-Angriffe zuvor ähnliche Opferzahlen gefordert, jedoch erzwangen die USA erst mit der Atombombe die bedingungslose japanische Kapitulation.
Nebenjob Seenotrettung

Bis Kriegsende waren 2513 Superfortress gebaut worden. Bestellungen für weitere 5000 Bomber wurden annulliert. Als SB-29 Super Dumbo war die B-29 auch als Seenotrettungsflugzeug auf Langstrecken unterwegs. Sie konnte ein unter dem Rumpf montiertes Rettungsboot abwerfen. Nicht in Serie ging die Transportversion CB-29K. Nach dem Krieg wurden viele B-29 zu Tankern umgebaut, erstmals auch mit dem neuen Boom-Tankauslegersystem für das Strategic Air Command. Mit Wasp-Triebwerk wurde die B-29D, später B-50, noch bis Ende der 40er Jahre gebaut.
Lebensabend als Aufklärer im Koreakrieg
Einziger Auslandsbetreiber von 88 gebrauchten B-29 war Anfang der 50er Jahre Großbritannien, wo das Muster die Bezeichnung „Washington Mk 1“ erhielt. Die Sowjetunion kopierte drei in ihrem Gebiet während des Krieges notgelandete B-29 und baute diese als Serienflugzeug Tupolew Tu-4 (NATO-Code: „Bull“) in metrischen Maßen aber mit verminderten Leistungen als ersten eigenen Atombomber nach.
Die B-29 verdingte sich im Koreakrieg noch als Tanker, Foto- und Wetteraufklärer. Längst hatte das neue Jetzeitalter den einst wegweisenden Bomber überflüssig gemacht. Gegenwärtig existieren zwei flugfähige B-29: die berühmte „FIFI“ der Commemorative Air Force aus Texas, die auf Flugtagen auch einzelne, zahlende Gäste mitnimmt und etwa 100 Stunden pro Jahr in der Luft ist, und die bis 2016 restaurierte „Doc“.
Technische Daten
Boeing B-29 Superfortress
Typ: Viermotoriger Langstreckenbomber und Atombomber
Besatzung: zehn (Pilot, Copilot, Flugingenieur, Bombenschütze, Navigator, Funker, zwei seitliche Schützen, oberer Schütze, Heckschütze)
Antrieb: vier 18-Zylinder-Doppelsternmotoren Wright R-3350-23/-23A/-41 Cyclone 18 mit Turbo-Supercharger und 2 200 PS
Länge: 30,18 m
Spannweite: 43,05 m
Höhe: 9,02 m
Leermasse: 31 800 kg
max. Startmasse: 56 245 kg
Dienstgipfelhöhe: 10 241 m
Reichweite: 6 000 km bei 9 000 kg Bombenzuladung
Reisegeschwindigkeit: 370 km/h
Höchstgeschwindigkeit: 575 km/h
Bewaffnung: zehn oder zwölf ferngesteuerte MG Kal. 12,7 mm und eine MK Kal. 20 mm im Heck