Retro-Trend auf der AERO 2019: 5 Oldtimer, die gar keine sind

Retro-Trend auf der AERO 2019
5 Oldtimer, die gar keine sind

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Zuletzt aktualisiert am 16.04.2019
5 Oldtimer, die gar keine sind
Foto: Patrick Zwerger

Historische Maschinen üben auf Luftfahrtfreunde schon immer eine besondere Faszination aus. Das nostalgische Gefühl der Freiheit aus den Jugendjahren der Fliegerei, die charismatischen Silhouetten der Warbirds, der Pioniergeist der Altvorderen, die der Aviatik unauslöschlich ihren Stempel aufdrückten – es ist und bleibt ein Privileg, ein historisches Flugzeug fliegen oder gar sein Eigen nennen zu dürfen.

Doch die Anzahl erhaltener Maschinen aus den alten Tagen ist überschaubar – entsprechend hoch liegt ihr Preis. Manche Typen sind im Original gleich gar nicht mehr vorhanden oder lediglich als nicht (mehr) lufttüchtige Exponate im Museum zu bestaunen. Andere, etwa die Lufthansa-Ju 52, verschwanden in jüngster Vergangenheit vom Himmel und landen nun ebenfals im Museum. Verständlich, dass es vor diesem Hintergrund Fans und Flugzeugbauer in den Fingern juckt: Wenn das Original nicht existiert, schwer greifbar oder schlicht zu teuer ist – warum sich dann nicht selbst an einen Neubau wagen, der sich ans historische Vorbild anlehnt?

Junkers F 13: Die Mutter aller Verkehrsflugzeuge

Patrick Zwerger

Dieser Herausforderung stellte sich seit 2013 der Unternehmer und ehemalige Chef des Reisekoffer-Herstellers RIMOWA, Dieter Morszeck. Sein kühner Plan: das erste Ganzmetallflugzeug der zivilen Luftfahrt, die Junkers F 13, flugfähig nachzubauen.

Drei Jahre später war der Plan Wirklichkeit geworden: Am 15. September 2016 hob die „neue“, handgefertigte F 13 im schweizerischen Dübendorf zum Erstflug ab, 2018 erhielt sie die Musterzulassung. Puristen dürften sich vor allem am 450 PS starken Wasp Junior-Sternmotor von Pratt & Whitney stoßen, der statt des bekannten Reihen-Sechszylinders das Gesicht der Rimowa-F 13 prägt. Allerdings existierte auch von der originalen F 13 eine für den US-Markt bestimmte Exportversion mit Sternmotor: die Junkers-Larsen JL-6.


Weitere Reminiszenzen an die Moderne: Das Fahrwerk verfügt nun über ein Bremssystem und statt des ursprünglichen Schleifsporns ziert ein Spornrad das Wellblech-Heck. Im – nach wie vor offenen – Cockpit zählen moderne Funkgeräte, Transponder und Motorensteuerungen zur Standardausstattung. Ansonsten jedoch trägt die F 13 unverkennbar die Charakterzüge ihres mittlerweile 100 Jahre alten Urahns.

Ein Einzelstück soll die F 13 übrigens nicht bleiben: Morszeck und sein Team peilen gar eine Serienproduktiion an. Zu diesem Zweck wurde 2018 in Dübendorf die Junkers Flugzeugwerke AG gegründet. Noch in diesem Frühsommer soll ein zweites Exemplar abheben, eine dritte Maschine befindet sich ebenfalls im Bau. Der Verkaufspreis für das Wellblechflugzeug soll bei rund 2,2 Millionen Euro liegen. Sicher kein Schnäppchen – aber „ein lebendiges Stück Luftfahrtgeschichte und eine sehr gute Wertanlage“, wie man aus Dübendorf verlauten lässt.

WACO YMF-5: Cabrio mit Sternmotor

Philipp Prinzing

Wer nun aber denkt, der leidenschaftliche Pilot Dieter Morszeck sei mit dem Projekt F 13 bereits ausgelastet, der irrt. Denn auf der AERO 2019 gaben die Junkers Flugzeugwerke außerdem bekannt, dass sie künftig den Europa-Vertrieb für die US-Doppeldecker YMF-5 und „Great Lakes“ aus dem Hause WACO übernehmen.

Der Entwurf der WACO YMF-5 reicht zurück bis ins Jahr 1935. Seit 1983 baut WACO den formschönen Sternmotor-Klassiker wieder in Serie – und zwar von Hand, nach originalen Bauplänen. Fast 200 Exemplare des Doppeldeckers verließen seither das WACO-Werksgelände in Battle Creek (Michigan), allesamt individuell nach Kundenwunsch ausgestattet. Mit der Schwimmer-Version YMF-5F haben die US-Amerikaner sogar ein Wasserflugzeug im Programm.


Gegenüber dem Original aus den 30er-Jahren wurde die WACO YMF-5 seit 1983 stetig weiterentwickelt. Der Jacobs R755B2-Sternmotor leistet wahlweise 275 oder 300 PS. Ein vergrößertes vorderes Cockpit schafft Platz für bis zu zwei Passagiere, zudem bietet die Neuauflage mehr Zuladung und eine größere Reichweite. Beide Cockpits sind überdies beheizbar – ein sinnvolles Feature, denn dank der Beplankung mit feinem Kunststoffgewebe lässt sich die „neue“ WACO bei jedem Wetter fliegen.

Die YMF-5 ist von der US-amerikanischen FAA und der europäischen EASA zertifiziert, nachtflug- und kunstflugtauglich und bei entsprechender Ausstattung sogar für Instrumentenflug zugelassen. Käufer haben dabei die Wahl zwischen dem klassischen „Uhrenladen“ auf Wurzelholzpanel oder einem vollwertigen Glascockpit inklusive ADS-B.

ScaleWings SW-51 Mustang: dem Original ganz nah

Patrick Zwerger

Im österreichischen Straßwalchen geht man derweil ganz andere Wege. Hier lässt die Firma ScaleWings eine echte Warbird-Ikone wiederaufleben – allerdings eine Nummer kleiner als das Original: Die ScaleWings SW-51 Mustang ist ein 70-Prozent-Nachbau der legendären North American P-51D und kann in mehreren Zulassungsvarianten geordert werden – vom Ultraleichtflugzeug mit 600 kg MTOW bis zum Experimental-Bausatz mit einer maximalen Startmasse von 1.200 kg.

Was in der Tat beeindruckend ist: Die SW-51 gleicht ihrem historischen Vorbild optisch bis ins Detail. Sie glänzt in der Sonne (oder im Licht der Hallenbeleuchtung auf der AERO), als wäre sie aus Aluminium gefertigt, dabei besteht die Außenhaut des Flugzeugs vollständig aus Kohlefaser. Dennoch arbeitete ScaleWings mit großer Sorgfalt die charakteristischen Merkmale des Orignals nach – mehr als 60.000 Arbeitsstunden waren laut Hersteller notwendig, um die 100.000 Nieten, Blechstöße, Wartungsdeckel und Textiloberflächen in den Produktionsformen abzubilden und die Flugzeugtechnik zu entwickeln.

Patrick Zwerger

Die Zelle der in Krosno (Polen) bei ScaleWings AeroPro Sp. z o. o. gefertigten SW-51 Mustang ist in allen angebotenen Ausführungen voll kunstflugtauglich. Wer das Flugzeug als Bausatz bestellt und selbst zusammenbauen möchte, erhält von den ScaleWings-Profis fachkundige Unterstützung.

Großen Wert legen die Österreicher auf Individualität. In einem Online-Konfigurator können sich Kunden nach Herzenslust ihre ganz persönliche SW-51 zusammenklicken. Lackierung, Cockpit-Ausstattung und Antriebspaket lassen sich dabei frei wählen – auf Wunsch lässt ScaleWings die Oberfläche der SW-51 gar künstlich altern.

Patrick Zwerger

Die Preise für die UL-Basisversion mit Rotax 912iS (100 PS) beginnen bei 154.800 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Der Bausatz kostet ab 119.800 Euro (netto), allerdings muss hier die Antriebseinheit separat geordert werden (ab 34.800 Euro) . Als UL darf die SW-51 mit bis zu 300 PS starken Motoren bestückt werden und ist für eine Höchstgeschwindigkeit von 400 km/h zugelassen. Als Experimental (bis 1.200 kg Startgewicht) erreicht die SW-51 mit 600 PS-Motor sogar bis zu 600 km/h.

Peter Hanusas Fw 190: ein Lebenstraum wird Wirklichkeit

Patrick Holland-Moritz

Bleiben wir bei den Warbirds – und bei verrückten Träumen. Von solchen wurde nämlich auch Peter Hanusa heimgesucht. Und das schon vor über 30 Jahren. Seine Idee: ein Replikat der Focke-Wulf Fw 190 zu erschaffen, flugtauglich selbstredend, und so originalgetreu wie möglich. Irgendwann wurden die Gedanken dann konkreter – und mündeten schließlich in einem projektierten Dreiviertel-Nachbau des berühmten deutschen Jagdflugzeugs. 1984 begann der Fluglehrer aus Franken mit dem Projekt – kalkulierte Bauzeit: fünf Jahre. Mit Plänen des Franzosen Marcel Jurca machte er sich ans Werk, musste aber schnell feststellen, dass die Baupläne so ungenau waren, dass er um eine teilweise Neukonstruktion nicht herumkam. Statt der errechneten fünf zogen so mehr als zehn jahre ins Land, doch selbst dann war erst der Rohbau fertig.

Tashi Dolma Hinz

Nun gab es jedoch kein Zurück mehr. Zäh verbiss sich der Enthusiast weiter in sein Lebenswerk, ließ sich auch von Rückschlägen und Motorschäden nicht unterkriegen – und holte sich 2017, als das Projekt finanziell vor dem Aus stand, Hilfe via Crowdfunding. Letztlich zahlte sich die Hartnäckigkeit aus: mit dem aus Crowdfunding-Geldern mitfinanzierten Neunzylinder aus Litauen fliegt Hanusas Fw 190-Replika seit Herbst 2018, bei der AERO 2019 zierte das Flugzeug, großteils aus Holz gefertigt, den aerokurier-Stand in Halle A3.

Der 360 PS starke Sternmotor scheint für das rund eine Tonne schwere Flugzeug wie geschaffen. Der lang gehegte Traum ist endlich Wirklichkeit geworden. Und er bleibt ein Einzelstück – eines, das zumindest vorerst nicht käuflich zu erwerben ist.

Ultralight Concept SV4-RS: 30er-Jahre-Flair im UL

Zum Abschluss der Runde wieder ein Doppeldecker. Wieder mit Wurzeln in den 30er-Jahren, aber dieses Mal als Ultraleicht: Die Stampe SV4-RS ist der UL-Nachbau der Stampe & Vertongen SV4b aus Belgien. Aus Belgien stammt auch das Replikat, das auf der AERO 2019 in Halle B1 zu sehen war.

Ultralight Concept

Die SV4-RS ist eine maßstabgetreue Replika der Stampe-Vertongen SV4b aus den 1930er Jahren und absolvierte ihren Erstflug im Dezember 2016. Die Firma Ultralight Concpet aus Kelmis sicherte sich vor rund zehn Jahren die Originalpläne der SV4b. Auf deren Basis entstand in der Folgezeit ein komplett neues Flugzeug, das – so die Vorgabe – den Lufttüchtigkeitsanforderungen für Ultraleichtflugzeuge vollends entsprechen sollte. Zu diesem Zweck musste der leer ursprünglich 560 kg wiegende Doppeldecker erst einmal abspecken: Die gesamte Struktur des Musters wurde neu definiert, bis die Tüftler von Ultralight Concepts ihren Nachbau auf ein Leergewicht von schlanken 295 kg brachten.

Philipp Prinzing

Die SV4-RS ist mit drei unterschiedlichen Motoren erhältlich: Rotax 912, D-Motor und Walter Mikron III. Voll beladen wiegt das Flugzeug mit 472.5 kg nur knapp halb so viel das Original und weist beachtliche Leistungsdaten auf: Ausgelegt ist sie auf +6 und -3G und erreicht Geschwindigkeiten bis zu 190 km/h. Ein Rettungsgerät von BRS, das sowohl vom vorderen als auch vom hinteren Cockpit ausgelöst werden kann, sorgt für zusätzliche Sicherheit.

Die Ultralight Concepts SV4-RS ist ausschließlich als Fertigflugzeug (Ready-to-Fly) zu haben. Die Preise beginnen bei 99.900€ inklusive Mehrwertsteuer.