Saab 91B Safir
„Hjärtligt välkommen Safir!“

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Im Norden Deutschlands kann man seit 2019 regelmäßig eine knallgelbe Saab Safir auf Events antreffen. Diese ist nicht etwa hier stationiert, aber Pilot Bertil Nilsson kommt regelmäßig extra für Luftfahrtveranstaltungen aus Schweden eingeflogen. Herzlich willkommen.

„Hjärtligt välkommen Safir!“
Foto: Philipp Prinzing MPS-Quax

Einen kleinen Dackelbauch hat die Saab Safir schon, wenn sie so über die Graspiste des Flugplatzes Bienenfarm rollt. Und wirklich elegant holpert sie auch nicht gerade über die Bodenwellen. Den Grund dafür kann man schnell erkennen: Das Bugrad federt stark und der Propeller kommt der Grasnarbe immer sehr nah, wenn es einfedert. Also lieber langsam rollen. Aus der Entfernung könnte man sie fast für einen Bücker Bestmann mit Bugfahrwerk halten, und auch diese Annahme erklärt sich relativ schnell, denn Konstrukteur Anders J. Anderson entwarf beide Typen. Anderson war in den 1930er-Jahren Chefdesigner im Hause Bücker und schuf Klassiker wie Jungmann, Jungmeister und Bestmann.

Unsere Highlights

Svenska Aeroplan Aktiebolaget

Im Winter 1944/45 leitete Anderson dann die Entwicklung des neuen einmotorigen Tiefdeckers mit einziehbarem Fahrwerk beim schwedischen Hersteller Svenska Aeroplan Aktiebolaget, kurz Saab. Für das Design standen insgesamt 200 000 schwedische Kronen zur Verfügung, und das Team begann nach der Entwicklung schnell mit dem Bau eines ersten Prototyps. Der einholmige Flügel war freitragend und mit dem Rumpf verschraubt. Die Flächen waren mit Aluminium beplankt und die Steuerelemente mit Stoff bespannt.

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Neue Cockpitauslegung

Ausgefeilt und für ihre Zeit modern waren die Landeklappen als Spaltklappen ausgeführt. Beide Ruder konnten getrimmt werden. Die Cockpitauslegung war für Schul- und Verbindungsflugzeuge noch relativ neu. Pilot und Copilot saßen nebeneinander, jeder hatte einen Steuerknüppel. Eine Besonderheit wurde von der Bücker Bestmann übernommen: Hinter dem Co-piloten wurde ein dritter Sitz für einen Passagier eingebaut. Auch die Cockpitverglasung erinnert an die Bestmann.

Philipp Prinzing MPS-Quax
Nach der Saison 2019 wurde der Verstellprop für eine Überholung eingeschickt. Die Mechanik kann nicht jeder Betrieb überprüfen.

Zweiblatt-Verstellpropeller

Der erste Prototyp, mit dem Kennzeichen SE-APN, startete mit einem 130-PS-Gipsy-Major-Motor am 20. November 1945 zu seinem Erstflug. Die Serienproduktion begann im Frühjahr des Folgejahres. Von der A-Version mit Gipsy Major und fester Luftschraube liefen nur 48 Exemplare vom Band. Im Jahr 1949 flog die B-Version erfolgreich mit dem 190 PS-starken US-amerikanischen Lycoming O-435A und Zweiblatt-Verstellpropeller. Eine dieser B-Versionen ist die 1953 gebaute 91-270 (Seriennummer) mit der Kennung SE-LAR, die im Jahr 2019 auf einigen norddeutschen Veranstaltungen anzutreffen war.

Gemeinsam fliegt es sich besser

Der Safir-Pilot auf diesen Events ist Bertil Nilsson, ein ehemaliger Saab-Draken- und Airline-Pilot, der sein Herz an den Hersteller Saab verloren hat. Seine Ausbildung hatte er 1979 bei der schwedischen Luftwaffe begonnen. Sie führte ihn anfangs leider nicht mehr auf die Safir, sondern auf die Scottish Aviation Bulldog. Diese hatte die Saab, die nur noch als Verbindungsflugzeug in den Hauptquartieren genutzt wurde, in der Basisausbildung ersetzt. Danach ging es auf die Saab 105, die übrigens noch heute bei der Flygvapnet und dem österreichischen Bundesheer im Einsatz ist und inzwischen sämtliche Basisschulungen übernommen hat.

"Jäger-Ausbildung"

Der strahlgetriebene, seit 1966 im Dienst befindliche Schulterdecker eignet sich hervorragend für die Ausbildung angehender Piloten. Die Cockpitauslegung ist einfach, die Sitze sind nebeneinander angeordnet. Für Bertil folgte nach der Grundausbildung die "Jäger-Ausbildung" –eine Zeit, die er bis heute nicht vergessen hat. Es begann mit der doppelsitzigen Saab SK 35C Draken, danach ging es solo in der einsitzigen Version des Drachens weiter. Nach der Ausbildung wurde er dem Fighter Wing F10 in Ängelholm zugeteilt. Dort flog Bertil bis September 1990 hauptsächlich bei der 3. Squadron mit Saab Draken. Nach der militärischen Laufbahn folgte wie bei vielen ehemaligen Jet-Jockeys die zweite Karriere im Cockpit einer zivilen Airline. Bei SAS Scandinavian Airlines flog er bis vor wenigen Jahren die DC-8, DC-9 und MD-80.

Philipp Prinzing MPS-Quax
Ebene Pisten bevorzugt die Saab Safir. Der Propeller hat aufgrund der Bugradanordnung im laufenden Betrieb nicht viel Bodenfreiheit. Bodenwellen und Löcher auf Graspisten gilt es zu umfahren, da sonst im schlimmsten Fall Schäden am Antrieb drohen.

Die SE-LAR wird zum Freizeitspaß

2018 bekam Bertil die Möglichkeit, wieder mit der Saab zu fliegen. Er selbst beschreibt es ein wenig wie die Rückkehr zu den Wurzeln. Bei der 91B mit dem Kennzeichen SE-LAR und der genauen Bezeichnung SK-50 (SK für Skol, Schule) wurde ein Viertelanteil frei, und Bertil nutzte die Gelegenheit und stieg ein. Die LAR repräsentiert eine typische Safir der schwedischen Luftwaffe aus der Zeit zwischen 1952 bis 1971. Knallgelb mit dem dunkelgrünen Blendschutzanstrich auf der Oberseite der Cowling. Die Hoheitsabzeichen zieren den Rumpf und die Flächen. Die taktische Nummer "61" ist auf der seitlichen Motorverkleidung und dem Leitwerk aufgebracht.

Gute Flugeigenschaften und Kunstflugzulassung

Der Hauptgrund für die Wahl der Safir war für Bertil nicht nur die militärische Vergangenheit, sondern insbesondere ihre guten Flugeigenschaften und ihre Kunstflugzulassung. "Es ist eine Freude, mit ihr in der Luft zu sein", sagt Bertil begeistert bei einem Treffen nahe Berlin. "Weil das Bugrad nicht steuerbar ist, nutzt man die beiden Radbremsen, um am Boden zu rollen und gleicht damit diesen Nachteil aus, was aber bei starkem Seitenwind am Boden nicht immer so gut gelingt. Ich bin auf den Graspisten in Schweden und Deutschland etwas vorsichtig, besser gesagt auf den dazugehörigen Rollwegen, denn die Bodenfreiheit des Propellers ist nicht besonders gut. Wenn sich der Flieger dann mal durch Bodenwellen beim Rollen aufschaukelt, dann kann es schon mal schnell zu unangenehmen Bodenberührungen der Blattspitzen kommen."

Charme eines echten Schulflugzeugs

Das Fahrwerk lässt sich bei der Saab über einen Hebel einziehen. Alle drei Räder werden über diesen Hebel eingezogen. Die "61" verfügt über einen Verstellpropeller. Gerade beim Kunstflug haben Piloten wie Bertil und seine Partner dieses Feature schnell schätzen gelernt, denn man muss nicht darauf achten, dass der Propeller zum Beispiel im Sturzflug an seine Belastungsgrenzen gerät. Ansonsten vermittelt die Safir den Charme eines echten Schulflugzeugs der 1950er-Jahre.

Philipp Prinzing MPS-Quax
Klassischer Uhrenladen: Die SE-LAR hat bis auf die Funkgeräte keine modernen Einbauten, die den historischen Look stören.

Sechs-Zylinder-Sound

Für Bertil eine willkommene Ablenkung nach den vielen Jahren im Airliner-Cockpit. Der sonore Sechs-Zylinder-Sound des Lycoming-Boxers sorgte für die passende Geräuschkulisse bei den vielen Flügen, die er im vergangenen Jahr unternommen hat. Diese führten ihn und seine Begleiterin nicht nur auf viele verschiedene Flugfelder in Schweden, sondern auch das ein oder andere Mal nach Deutschland.

Begleiterin im Cockpit

Seit 1979 ist Bertils Frau Kristina seine Begleiterin im Cockpit. Die Geschichte, wie die beiden sich kennenlernten, könnte aus einem Hollywoodstreifen stammen: Bertil war ein junger Pilot in der Grundausbildung und Kristina befand sich in der Ausbildung zur freiwilligen Krankenschwester beim Militär. Sie verrichteten auf derselben Basis ihren Dienst, und eines Tages trafen sich die beiden – vermutlich auf der Krankenstation. Jeder, der den Film Pearl Harbor gesehen hat, kann sich die Situation vorstellen.

Kleines Militärmuseum in Ljungbyhed

Das Gebäude, in dem sich die beiden erstmals trafen, existiert immer noch und beherbergt heute ein kleines Militärmuseum. Dort, in Ljungbyhed, treffen sie sich noch heute jeden Freitag im selben Gebäude zu Versammlungen mit dem Museumsverein. Sie überlegen, ob sie sich zukünftig als "Guides" für die Ausstellung zur Verfügung stellen. Doch zurück zu ihren Ausflügen mit der Saab. Bertil ist eigentlich nie allein unterwegs. Seitdem die Kinder aus dem Haus sind, begleitet ihn Kristina auf seinen Ausflügen. Sie übernimmt dabei die Navigation und auch mal den Funk. Perfekte Arbeitsteilung.

Philipp Prinzing MPS-Quax
Ein eingespieltes Team: Bertil ist immer zusammen mit seiner Frau Kristina unterwegs. Sie übernimmt dabei die Navigation.

Gemeinsam durch den Norden

Ihre Reisen führten das Paar 2019 mehrfach nach Nordostdeutschland, um an verschiedenen Events auf dem kleinen Flugplatz Bienenfarm teilzunehmen. Darunter das alljährliche Ausmotten und das Stearman & Friends Fly-In. Hier ist die gelbe Saab immer ein echter Hingucker neben den vielen bekannten Maschinen. "Trotz ihres Alters ist die LAR ein prima Reiseflugzeug. Unsere Touren führten uns schon durch viele Teile unserer Heimat Schweden. Dabei fliegen wir immer in einer Höhe von 900 Metern und mit rund 210 km/h Reisegeschwindigkeit. Damit kommen wir in zwei Stunden nach Deutschland und verbrauchen dabei 40 Liter pro Stunde. Ein tolles Flugzeug, das auch heute noch viel Freude macht."

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Klassiker der Luftfahrt 05 / 2023

Erscheinungsdatum 22.05.2023