Zwei Jahre war die Bärin Yogi alt, als ihr Leben am 21. März 1962 eine folgenschwere Wendung nahm. An diesem Tag fand sich Yogi mit einem Mal festgezurrt in einer neuartigen Rettungskapsel wieder – die wiederum als Schleudersitz im Cockpit einer Convair B-58 Hustler steckte. Der Mach 2 schnelle Bomber war 1960 mit konventionellen Schleudersitzen in Dienst gegangen. Die allerdings hätten den Piloten im Falle eines Notausstiegs bei Überschallgeschwindigkeit in großer Höhe kaum eine Überlebenschance gelassen. Deshalb testete die Air Force zusammen mit Convair und der Stanley Aircraft Corporation auf der Edwards Air Force Base diverse Alternativen – zunächst am Boden, mit menschlichen Probanden. Nach mehreren Todesfällen stiegen die zuständigen Ingenieure auf Tierversuche um. Amerikanische Schwarzbären galten als besonders gut geeignet, da ihre inneren Organe ähnlich wie beim Menschen angeordnet sind und sie ähnliche Körpermaße aufweisen.

Ausschuss bei Überschall
Am 21. März 1962 also wurde die Schwarzbärin Yogi in Edwards für den ersten Überschalltest der neuen Hustler-Rettungskapsel auserkoren. Am Boden banden die Ingenieure das Tier, das sie zuvor mit Medikamenten ruhiggestellt hatten, auf dem Sitz fest. Die B-58 hob wenig später mit der Bärin an Bord ab und stieg auf eine Flughöhe von 35.000 Fuß (10.668 Meter). Als der vierstrahlige Bomber eine Geschwindigkeit von Mach 1,3 erreicht hatte, zündete die Kapsel und Yogi schoss damit rund 69 Meter weit senkrecht aus dem Flugzeug. Sieben Minuten und 49 Sekunden später landete die Bärin, in der Fluchtkapsel am Fallschirm hängend, in der Wüste Kaliforniens. Der Test war ein voller Erfolg – die Bärin hatte überlebt.
Rund zwei Wochen später wurde mit "Big John" ein weiterer Schwarzbär per Schleudersitz-Kapsel aus einer B-58 geschossen – dieses Mal betrug die Flughöhe 45.000 Fuß (13.716 Meter) und die Geschwindigkeit Mach 1,5. Auch Big John überstand den Extremtest mehr oder minder unversehrt.
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Unglückliche Schwarzbären
Insgesamt kamen bei den Hustler-Schleudersitztests sechs Bären und ein Schimpanse zum Einsatz, bevor die Stanley-Rettungskapseln Ende 1962 Serienreife erlangten und die schon im Dienst stehenden Bomber damit nachgerüstet wurden. US-Quellen berichten von Blutergüssen und Knochenbrüchen unter den Versuchstieren. Auch einen Todesfall soll es bei den Tests gegeben haben: Ein Bär, bei dem im Vorfeld eine Gehirnerkrankung nicht erkannt worden war, soll die hohen g-Kräfte beim Ausstieg mit der Kapsel nicht überlebt haben.
Doch die anderen Versuchstiere verließen die Edwards Air Force Base ebenfalls nicht lebendig. Denn um sich ein vollständiges Bild der körperlichen Folgen zu machen, ließen die Ingenieure alle tierischen Probanden kurz nach ihrem Flug mit der Rettungskapsel einschläfern und obduzieren. So starben auch Yogi, Big John und ihre Leidensgenossen unfreiwillig den "Heldentod" – im Namen der Sicherheit. Die B-58 Hustler indes konnte sich bei der Air Force nicht lange halten: Schon 1970 wurden die letzten Exemplare ausgemustert.