Boeing 307 Stratoliner
Das erste Passagierflugzeug mit Druckkabine

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Trotz seiner Eleganz geriet die Boeing 307 beinahe in Vergessenheit. Dabei war der "Stratoliner" ein echter Pionier der modernen Passagierluftfahrt – mit Druckkabine und Bordingenieur, hochfliegend über Wetter und Gebirgszügen. Der Krieg kam der 307 in die Quere.

Das erste Passagierflugzeug mit Druckkabine

Der viermotorige Stratoliner schrieb Luftfahrtgeschichte: Er war beim Erstflug des Prototyps am 31. Dezember 1938 nicht nur das erste Passagierflugzeug mit Druckkabine und das erste mit hydraulisch unterstützter Steuerung, sondern auch der erste viermotorige Landtiefdecker in Ganzmetallausführung. Die Bedienung vieler neuartiger Systeme galt als derartig kompliziert, dass auf dem Stratoliner erstmals bei Boeing ein spezialisierter "Flight Mechanic" (Bordingenieur) als permanentes Besatzungsmitglied mitflog.

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Verwandt mit der "Fliegenden Festung"

Der Stratoliner ist technisch eng mit der Boeing B-17C verwandt. Zeitgleich mit deren Bomber-Prototypen (Erstflug 28. Juli 1935) − unter der Werksbezeichnung Boeing Model 299 seit 1934 für eine Army-Ausschreibung entwickelt −, entwarf Boeing-Konstrukteur Welwood Beal auch eine stromlinienförmige Passagierversion mit breiterem Rumpf mit der Bezeichnung Model 300. Nachdem dieses Flugzeug mit einer Druckkabine versehen worden war, erhielt es die endgültige Bezeichnung Model 307. Boeing verwendete offiziell auch die "lange" Schreibweise S-307. Der Stratoliner teilte sich Tragwerk, Leitwerk und die Wright-Cyclone-Antriebe mit der "Fliegenden Festung". Zeitgleich mit dieser wurde der Stratoliner in Boeings Werk 2 in Seattle in derselben Halle endmontiert.

Mit fünf Flugzeugen (Versionsbezeichnung: SA-307B) wurde TWA der größte Stratoliner-Kunde. Ein weiteres Flugzeug bestellte sich der Unternehmer Howard Hughes mit einer Salonausführung (Versionsbezeichnung: SB-307B). Pan American Airways hatte bereits zuvor als Erstkunde vier Stratoliner (Versionsbezeichnung: S-307) zum Stückpreis von 315 000 Dollar bestellt. Allerdings stürzte der für Pan American Airways vorgesehene Prototyp NX19901 bei einem Vorführflug am 18. März 1939 mit zehn hochrangigen Insassen südlich von Seattle ab. KLM-Testpilot Albert von Baumhauer hatte, mit ausdrücklicher Genehmigung von Boeing, den Stratoliner im Langsamflug mit zwei auf einer Flügelseite absichtlich abgestellten Triebwerken erproben wollen. Dabei kippte das Flugzeug in rund 3000 Metern Höhe ab und geriet in unkontrollierbares Trudeln.

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Viel schneller als die DC-3

Das originale Bomberleitwerk der B-17 war, wie man bereits wusste, für den Stratoliner zu klein. Deswegen hatte Boeing bereits fertige Pläne, das Leitwerk zu vergrößern. Der Prototyp war jedoch noch nicht darauf umgerüstet. Außerdem änderte man nach dem Absturz die umständliche Propellerverstellung des Stratoliners und übernahm die Einknopf-Notverstellung von der B-17.

Am 8. Juli 1940 begann die Fluggesellschaft TWA den Linieneinsatz des Stratoliners auf transkontinentalen Routen in den USA. Die Flugzeit lag bei "nur" 14 Stunden, zwei Stunden unter der der DC-3. Kürzere Flüge gab es ab 260 Dollar, Langstrecken, etwa von Miami nach Quito in Ecuador, kosteten stolze 1000 Dollar.

Die Stärke des Stratoliners lag in seiner Fähigkeit zu Höhenflügen in 7800 Metern über Gebirge und über das untere Wettergeschehen hinweg. Damit den Motoren in der dünnen Höhenluft nicht die Kraft ausging, erhielten sie Kompressoren. TWA bestellte sich den Stratoliner sogar mit zweistufigen Verdichtern. Allerdings erwiesen sich die hochgezüchteten Aggregate als überhitzungsgefährdet, so dass Ladeluftkühler nachgerüstet werden mussten. Die Stratoliner-Serienfertigung endete wegen des Kriegsbeginns nach nur zehn Stück. Fünf Flugzeuge wurden vom Army Transport Command beschlagnahmt und als Stabsreiseflugzeuge C-75 eingesetzt.

Nach dem Krieg galt der Stratoliner als veraltet. TWA verkaufte 1951 ihre Stratoliner an Aigle Azur, von wo sie wiederum an Air Laos gelangten. Außerdem kaufte die Luftwaffe Haitis gebrauchte Stratoliner.

Technische Daten

Der Stratoliner bot 33 Passagieren Platz. Foto und Copyright: Boeing

Boeing 307 Stratoliner

Verwendung: viermotoriges Langstrecken-Verkehrsflugzeug mit Druckkabine
Besatzung: 7 (2 Piloten, Flugingenieur, Navigator, Funker, 2 Flugbegleiter)
Passagiere: 33
Antrieb: 4 Curtiss-Wright-GR-1820-102-Sternmotoren mit je 1100 PS/909 kW (9 Zylinder, Supercharger)
Länge: 22,66 m
Höhe: 6,34 m
Spannweite: 32,61 m
Flügelfläche: 138,05 m2
Leergewicht: 13 608 kg
Abfluggewicht: 19 050 kg
Höchstgeschw.: 396 km/h
Reisegeschw.: 354 km/h
Dienstgipfelhöhe: 7985 m
Kabinenbedruckung: 2,6 psi
Reichweite: 3846 k

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Erscheinungsdatum 22.05.2023