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Unternehmen Bodenplatte: Das letzte Aufgebot der Luftwaffe

Unternehmen Bodenplatte
Das letzte Aufgebot der Luftwaffe

Am Neujahrsmorgen 1945 wollte die Luftwaffe Mit der "Operation Bodenplatte" 17 feindliche Flugplätze an der Westfront zerstören. Das gelang zum Teil, doch die eigenen Verluste waren hoch.

Das letzte Aufgebot der Luftwaffe
Foto: Archiv US Air Force

Mehr als 800 Jäger aller im Reich stationierten Jagdverbände hatten am Morgen des 1. Januar 1945 eine Aufgabe: Sie sollten alliierte Flugplätze im Westen angreifen. Mit dabei waren auch die Einheiten des Jagdgeschwaders "Richthofen". In der Geschwaderchronik wird der Tag im Detail beschrieben:

Es war noch Nacht am Nordhang des Hochtaunus, wo in der Nähe von Merzhausen seit dem Spätherbst des Vorjahres der Fliegerhorst der I. Gruppe des JG 2 lag. Die Flugzeugführer aller vier Staffeln hatten ihre Quartiere in Altweilnau und Niederlauken verlassen und waren früh auf dem Weg zu ihrem Feldflugplatz. Nach einer kurzen Einsatzbesprechung – die Staffelkapitäne wussten selbst nichts Genaues – fuhren 30 Piloten zu ihren Flugzeugen. Sie ahnten, dass der Tag hart werden würde. Aber das gerade angelaufene "Unternehmen Bodenplatte" sollte alle schlimmen Vorahnungen übertreffen.

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Flakfeuer als Willkommensgruß

Der Kommandeur der III. Gruppe, Hauptmann Hrdlicka, startet mit seiner Gruppe um acht Uhr. Mit ihren Focke-Wulf Fw 190D donnern sie zum verabredeten Sammelpunkt. Dort sollen sie sich mit der II. Gruppe und dem Schlachtgeschwader 4 vereinen, um das erste Ziel anzugreifen. Die II. Gruppe, ausgestattet mit Bf 109, wird von Hauptmann Schröder angeführt. Gegen neun Uhr erreicht das Geschwader mit 90 Maschinen den Frontraum und wird von heftigem Flakfeuer begrüßt.

Archiv US Air Force
Die Luftwaffe hatte beim "Unternehmen Bodenplatte" gravierende Verluste zu verzeichnen. Diese Fw-190 wurde nach ihrer Notlandung von US-Truppen erbeutet.

Herbe Verluste

Die ersten Maschinen werden getroffen und stürzen ab. Die Piloten fallen oder werden von den Amerikanern gefangen genommen. Über dem Ziel, dem Flugplatz von St. Trond (Luftwaffen-Name für den heutigen Flughafen Limburg), beginnt der Angriff auf die am Boden abgestellten Republic P-47 Thunderbolt der 48th und 404th Fighter Groups. Es gelingt eine mäßige Zerstörung, doch die Flak am Boden war bereits gewarnt, und so gerät das JG 2 in weiteres heftiges Abwehrfeuer. Alle Staffeln haben Verluste zu verzeichnen. Die II. Gruppe verliert ihren Kommandeur Schröder. Er kann seine Messerschmitt noch verlassen und gerät in Gefangenschaft. Auf dem Rückflug sind zwei Staffeln des Geschwaders 2 "Richthofen" um die Hälfte dezimiert. Ein Verlust, von dem sich eines der kampferprobtesten und bis dahin erfolgreichsten Geschwader nicht mehr erholen wird. Der Gesamtverlust liegt bei 40 Prozent. 23 Piloten sind gefallen oder vermisst, zehn in Gefangenschaft. Erst zwei Wochen später kann das JG 2 wieder an einem größeren Einsatz teilnehmen.

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Erschreckende Zahlen, verheerende Folgen

Die Zahlen, die für diesen Tag ermittelt wurden, sind erschreckend. Innerhalb weniger Stunden verlor die Luftwaffe rund 230 Flugzeugführer. Der Großteil war gefallen, etwa 60 vermisst und einige verwundet. Darunter waren zwei Geschwaderkommodore, sechs Gruppenkommandeure, zehn Staffelkapitäne und mehr als 200 Mannschafts- und Unteroffiziersdienstgrade. Diese hohen Verluste bedeuteten das endgültige Aus für die deutsche Jagdwaffe. Einige der Verluste gingen auf das Konto der eigenen Flugabwehr. Aufgrund von Geheimhaltung, Planungsmängeln und Abweichungen von der geplanten Flugroute waren einige der deutschen Flak-Batterien nicht über die Masse an überfliegenden eigenen Maschinen informiert und schossen sie ab. Nach heutigen Informationen waren mehr als 30 Maschinen betroffen.

Auf Seiten der Alliierten wurden 305 Flugzeuge zerstört und 190 beschädigt,die meisten davon am Boden. Nur 25 gingen im Luftkampf verloren oder wurden beschädigt. Die Operation sorgte dafür, dass die Alliierten in den ersten beiden Januarwochen keine Großangriffe mehr von den getroffenen Flugplätzen durchführten. Die Ardennenoffensive am Boden war spätestens nach dem 3. Januar vollständig gescheitert, als die Alliierten den Gegenangriff starteten.

Revolte gegen Göring

Die Verlustzahlen auf beiden Seiten sind bis heute nicht verifiziert und variieren je nach Quelle sehr. Das hat verschiedene Gründe, die von Geheimhaltung und Aufzeichnungsfehlern bis hin zu falschen Informationen reichen. Die gescheiterte Operation führte dazu, dass die deutschen Jagdflieger sich unter der Leitung von Günther Lützow offen gegen die Führung und Hermann Göring auflehnten. Sie forderten die Absetzung des Reichsmarschalls. Göring selbst lud Galland und Lützow am 19. Januar ein. Das Treffen endete im Streit.

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Erscheinungsdatum 05.05.2023