USAF-Tankflugzeug Boeing KC-135A Stratotanker

Boeing KC-135A Stratotanker
Vom Tanker zum Tausendsassa

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Veröffentlicht am 01.06.2019
Vom Tanker zum Tausendsassa

Verglichen mit heutigen Tanker-Programmen lief das KC-135-Projekt, immerhin der erste Jet weltweit, der als fliegende Tankstelle genutzt wurde, erstaunlich reibungslos. Innerhalb von knapp acht Jahren baute Boeing insgesamt 820 Exemplare aller Versionen. Davon waren 732 reine KC-135A-Tanker. Die Fertigungsrate lag zwischenzeitlich bei 15 Maschinen pro Monat. In der Gesamtbetrachtung betrug der Stückpreis etwa knapp zwei Millionen Dollar. Natürlich hatte Boeing auf einen derart großen Auftrag gehofft, ging bei der Entwicklung zunächst aber ein relativ hohes finanzielles Risiko ein. 

Vorsprung für Boeing

Obwohl die Boeing KC-97 erst im Jahr 1951 in Dienst gestellt wurde, hatte sich die US Air Force schon wenig später Gedanken über einen Nachfolger mit Strahlantrieb gemacht, der für die Betankung der schnellen B-52 Stratofortress geeignet sein sollte. Im Mai 1954 forderte sie die Firmen Boeing, Convair, Douglas, Fairchild, Lockheed und Martin zur Abgabe eines entsprechenden Angebots auf. Zu diesem Zeitpunkt hatte Boeing jedoch schon auf eigene Rechnung einen Prototypen fertiggestellt, der die Bezeichnung Model 367-80 trug. Die Entwicklung hatte ursprünglich als jetgetriebene Version der C-97 Stratofreighter mit gepfeilten Tragflächen begonnen, wandelte sich aber zu einem komplett neuen Entwurf. Trotzdem blieb die Modellnummer 367 der Propellermaschine bestehen. Das Roll-out der „Dash 80“ erfolgte schon am 14. Mai 1954. Damit besaß die Konkurrenz kaum noch Chancen; die Flugzeugbauer aus dem Nordwesten der USA hatten wohl von ihren Erfahrungen und Diskussionen mit den Militärs bei den bisherigen Tankerprogrammen (KB-29, KB-50 und KC-97) profitiert. 

In zwei Jahren vom Prototypen zum Serienmuster

Nur sechs Tage nach dem Erstflug der Dash 80 führte Boeing am 22. Juli 1954 bereits eine simulierte Luftbetankung einer B-52A durch. Die Militärs zeigten sich beeindruckt: Am 5. Oktober 1954 bestellte die Air Force 29 Exemplare des nun als KC-135A Stratotanker bezeichneten Typs mit der Modellnummer 717 (nicht zu verwechseln mit der späteren 717, der ehemaligen MD-95). Einen weiteren Prototypen gab es trotz umfangreicher Änderungen wie dem längeren und um 30 Zentimeter breiteren Rumpf nicht. Das erste Exemplar mit der Seriennummer 55-3118 entsprach bereits dem Serienstand und startete am 31. August 1956 in Renton zu seinem Erstflug. Es wurde übrigens später zu einem fliegenden Kommandoposten mit der Bezeichnung EC-135K umgebaut und steht heute als Museumsstück am Tor der McConnell Air Force Base in Wichita. 

Boeing 707 als Derivat

Parallel zur KC-135 entwickelte Boeing eine Ableitung der Dash 80 als Verkehrsflugzeug. Ursprünglich plante der Flugzeugbauer, einen Großteil der Produktionsanlagen für beide Muster nutzen zu können. Diese Hoffnung machte allerdings Douglas zunichte. Da die DC-8 mehr Platz in der Kabine bot, musste Boeing reagieren und verbreiterte den Rumpf der späteren 707 erneut um rund zehn Zentimeter. Auch die Spannweite wuchs. Daher beschränkten sich die baugleichen Komponenten hauptsächlich auf das Cockpit und den Bug. Ansonsten stellen KC-135 und 707 im Wesentlichen getrennte Konstruktionen dar. 



Die KC-135A besaß 22 Tanks, davon neun im unteren beziehungsweise hinteren Rumpf und zwölf in der Tragfläche. Die Gesamtkapazität betrug 118.105 Liter. Meist diente das Kerosin aus den Rumpftanks zur Betankung der Flugzeuge, obwohl sich mit Hilfe eines Verteilersystems fast alle Tanks für diesen Zweck nutzen ließen. Die Übertragung mit einer Rate von rund 2,7 Tonnen Kraftstoff pro Minute erfolgte mit Hilfe des bei den früheren Boeing-Tankern bewährten starren Auslegersystems. Der sogenannte „Boom“ konnte während des Flugs nach unten geklappt und bis zu einer Länge von 14,3 Metern ausgefahren werden, um Kontakt mit dem zu betankenden Flugzeug herzustellen. Bedient wird er bis heute vom „Boom Operator“. In der Kabine konnten außerdem Soldaten oder eine Fracht von 37 Tonnen befördert werden. 

Schnelle Einsatzreife

Als Antrieb dienten vier Turbojets Pratt & Whitney J57 ohne Schubumkehr, die später mit Wassereinspritzung ausgestattet wurden. Dieses Verfahren diente der Schubsteigerung und sah die Einspritzung von Wasser in den Verdichter vor. So sank die Temperatur und erlaubte das Verbrennen von mehr Kraftstoff, ohne die zulässige Turbineneintrittstemperatur zu überschreiten. Allerdings kam es dabei zu einer erheblichen Rauchentwicklung. 

Da bei der Erprobung der KC-135A keine größeren Probleme auftraten, konnte das Strategic Air Command am 18. Juni 1957 den ersten Stratotanker bei der 93rd Air Refuelling Squadron auf der Castle Air Force Base in Kalifornien in Dienst stellen. Zahlreiche Verbände, meist auf Bomber-Stützpunkten, folgten. Während der Produktionszeit gab es nur zwei größere Änderungen. Um die von den Jettriebwerken erzeugten Schwingungen zu dämpfen, versahen die Ingenieure den hinteren Rumpf mit Verstärkungsstreifen. Zur Erhöhung der Seitenstabilität verlängerten sie außerdem ab dem 583. Exemplar das Seitenleitwerk um 1,02 Meter und rüsteten die längere Finne bei den bisherigen Maschinen nach. 

Mehrere Spezialversionen

Für Langstreckentransporte beschaffte der Military Air Transport Service (MATS) der USAF im Jahr 1961 insgesamt 15 C-135A, bei denen die Betankungsausrüstung wegfiel. Später folgten 30 C-135B, die mit den TF33-Turbofans von Pratt & Whitney ausgestattet waren. Beide Versionen waren auf der McGuire und der Travis AFB beheimatet. Nach der Indienststellung der Lockheed C-141A Starlifter flogen sie bei anderen Einheiten und erhielten diverse Modifikationen. Die letzte KC-135A ging am 12. Januar 1965 an die 380th ARS in Plattsburgh, New York. Später ließ die Air Force 56 Exemplare als KC-135Q zur Betankung der Lockheed SR-71 Blackbird modifizieren. Einziger Exportkunde des Stratotankers blieb Frankreich, das im Jahr 1964 zwölf C-135F für die Unterstützung der Dassault Mirage IV und deren Nuklearrolle kaufte. 

Immer noch im Dienst

Kaum ein anderes Flugzeugmuster der USA hat sich als derart langlebig und vielseitig mit zahlreichen Spezialversionen erwiesen. Am 22. Januar 1980 vergab die USAF schließlich einen Entwicklungsauftrag an Boeing, der die Nachrüstung der KC-135A mit CFM56-Triebwerken zur KC-135R umfasste. Noch heute sind rund 400 der Tanker aktiv; ihr Alter liegt bei mindestens 47 Jahren. Bis zur endgültigen Einführung des Nachfolgers in Form der Boeing KC-46A auf Basis der 767 dürften sie noch einige weitere Jahre zuverlässige Dienste leisten.

Patrick Zwerger

Technische Daten

Boeing KC-135A

Hersteller: Boeing Company, Renton, Washington, USA
Typ: Tankflugzeug
Besatzung: 4 Mann (Pilot, Copilot, Navigator, Bediener des Tankauslegers)
Treibstoffkapazität: 118105 l
Antrieb: 4 Pratt & Whitney J57-P59W
Leistung: je 61,11 kN
Länge: 41,53 m
Höhe: 12,70 m
Spannweite: 39,88 m
Flügelfläche: 226,03 m²
Leermasse: 48220 kg
max. Startmasse: 143335 kg
Höchstgeschwindigkeit: 982 km/h
Reisegeschwindigkeit: 856 km/h
Dienstgipfelhöhe: 13715 m
Reichweite: 5560 km (mit 10886 kg Treibstoff zur Betankung) oder 1854 km (mit 54432 kg Treibstoff)
Bewaffnung: keine

Stückzahlen (gesamt 820):
KC-135A: 732
KC-135B: 17
C-135A: 15
C-135B: 30
RC-135A: 4
RC-135B: 10
C-135F: 12