China Aviation Museum bei Xiatongshanzhen

Westbesucher im Wunderland
China Aviation Museum bei Xiatongshanzhen

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Zuletzt aktualisiert am 09.08.2017

Jenseits des sechsten Autobahnrings um Peking erhebt sich im Norden der chinesischen Hauptstadt ein kleiner, dicht bewaldeter Hügel, auf den ein breiter Rollweg hinführt. Dieser verbindet die Kaverne im so genannten Datangshan-Berg mit einem rund fünf Kilometer entfernten Flugplatz bei Xia Dongguocun. Seit 1989 beherbergt sie das offizielle Museum der Luftstreitkräfte der Volksbefreiungsarmee. Zu Beginn im Westen noch geheimnisumwittert, hat sich die allgemein als China Aviation Museum bekannte Sammlung inzwischen zu einem der Top-Flugzeugmuseen weltweit entwickelt. Es ist genauso wie zum Beispiel das National Museum of the USAF in Dayton ein Muss für jeden Luftahrtenthusiasten.

Im letzten November hatten die Teilnehmer der FLUG-REVUE-Leserreise die Chance, einen ganzen Tag im China Aviation Museum zu verbringen. Diese Zeit braucht man, um das gut 600 mal 700 Meter große Gelände mit seiner 14 000 Quadratmeter großen Haupthalle und der 23 200 Quadratmeter großen Kaverne zu erkunden und die weit über 100 Flugzeugmuster zu studieren, die zum Teil nirgendwo anders zu sehen sind. Die Zahl täuscht dabei etwas, denn im Gegensatz zu anderen Museen ist hier von vielen Typen auch nach einigen Aufräumaktionen mehr als eine Maschine ausgestellt.

Über die Jahre wurde das China Aviation Museum immer weiter ausgebaut und die Flugzeuge mehrfach umgestellt. Bereits erwähnt liegt der Eingang heute am Rollweg, auf den man von der Straße S321 abbiegt. Im Freigelände trifft man zunächst auf einige Transportflugzeuge wie die Lisunow Li-2, mit der Mao einst flog. Gleich daneben steht eine Vickers Viscount 843 der China United Airlines und eine Iljuschin Il-18V. Sie wird mit der Kennung „232“ als das persönliche Flugzeug Maos präsentiert und kann gegen einen zusätzlichen Obulus auch innen besichtigt werden.

Rechts lockt die bekannte Steele mit dem Leichtgewichtsjäger Nanchang J-12 aus den 1970er Jahren, die zu den Wahrzeichen des China Aviation Museum zählt. Die J-12 war eine der ersten Versuche einer Überschall-Eigenentwicklung, denn über Jahrzehnte waren die chinesischen Werke auf den Lizenzbau und die ständige Weiterentwicklung sowjetischer Kampfflugzeuge fixiert. Ein gutes Beispiel dafür findet sich gleich gegenüber der J-12, wo eine Reihe von Ableitungen der MiG-19 abgestellt ist: J-6, J-6B, J-6 II, J-6 III, J-6 IV, JT-6 und DF-102 künden von den Bemühungen des Flugzeugwerks in Shenyang, ein vorhandenes Grundmuster über viele Jahre immer weiter zu verbessern und neuen Forderungen anzupassen.

Am Ende der J-6-Reihe hat man dann den Westeingang der berühmten, 585 Meter langen und 40 Meter breiten Kaverne von Datanshang erreicht. Statt dem früher bekannten dunklen Gewölbe trifft man heute entlang eines gewundenen Gangs zunächst auf einige ausgezeichnet gemachte Präsentationen der chinesischen Luftfahrtgeschichte. An deren Beginn steht Feng Ru, der bereits 1909 in Kalifornien sein erstes selbst konstruiertes Flugzeug in die Luft brachte. Ein Nachbau seiner Nr. 2 ist zu sehen.

Es folgen zahlreiche Schautafeln, die jedoch nur für Chinesen zu entziffern sind, sowie Dioramen wie die Flugzeugparade, die zur Gründungsfeier der Volksrepublik über dem Platz des Himmlischen Friedens vorbeiflog. Ausführlich wird die Entwicklung der Luftfahrtindustrie des Landes präsentiert, untermauert mit einer interessanten Sammlung von Kolben- und Strahltriebwerken. Auch die Zivilluftfahrt wird hier nicht vergessen. Routenpläne und eine Gruppe von Schaufensterpuppen mit Stewardessen-Uniformen geben einen Einblick in die Branche, die sich in den letzten Jahren rapide entwickelt hat.

Geschichte der Industrie in der Kaverne

Im Anschluss an diese Präsentationen, die sicher nicht frei von Propaganda sind (Bilder von Besuchen der kommunistischen Politprominenz bei den Firmen dürfen nicht fehlen) stehen dann die beiden Flugzeugreihen, die man seit den Anfängen des Museums kennt. Neben den zahlreichen MiG-15-Varianten sind hier die chinesischen Trainingsflugzeuge wie Shenjang JT-1 untergebracht. Daneben gibt es zahlreiche Kolbenmotormuster wie die Tupolew Tu-2S, die Iljuschin Il-10U, eine Polikarpow I-16 „Rata“, eine Curtiss Hawk III (Replica) oder eine P-40 zu sehen. Selbst ein Mosquito-Nachbau (mit einem originalen Flügel) fehlt nicht. Dazu kommt der erste in China entwickelte Transporter C-0101, der auch als Bomber gegen die Japaner genutzt wurde.

Durch die Kontakte mit anderen Museen ist es den Chinesen inzwischen auch gelungen, einige ausländische Muster zu erwerben. Dazu zählen eine von den pakistanischen Luftstreitkräften gespendete F-86 Sabre ebenso wie zwei F-5, ein Starfighter aus Italien, eine MiG-23MS „Flogger“ aus Ägypten oder eine Canberra aus Simbabwe (das Land kaufte K-8-Trainer in China...).

Tritt man am Westende wieder aus der Kaverne findet man eine lange Reihe von Kampfjets. Diese Maschinen, darunter MiG-15, MiG-17 und MiG-21-Varianten sowie die Shenyang J-8 I gehören heute mehr zur Reservesammlung des Museums und sind nicht weiter beschildert. Trotzdem gibt es auch hier Raritäten wie die Nanchang Q-5B mit der Kennung 31124, die als Radarversuchsträger diente.

Die „offizielle“ Aufreihung der Jetfighter steht heute an der etwa 200 Meter langen Allee, die ein großes, aus Granit gemeißeltes Heldendenkmal (mit den Namen der gefallenen Piloten der chinesischen Luftstreitkräfte) mit der Haupt-Ausstellungshalle verbindet. Rund ein Dutzend Varianten von MiG-15, MiG-17, MiG-21 sowie Q-5 und J-8 sind zu sehen. Auf der anderen Seite der Allee, die mit großen propagandistischen Bronzeskulpturen geschmückt ist, stehen die Bomber und Spezialflugzeuge der Luftstreitkräfte. Den Anfang macht die Tu-2, gefolgt von der HG-5 (einer Störerversion der Il-28), der B-5 (Il-28), dem Frühwarnflugzeug KJ-1 (basierende auf der Tu-4), der Tupolew Tu-4 (basierend auf dem Boeing B-29-Bomber) und schließlich der Xian H-6A (alias Tupolew Tu-16). Die Flugboote Be-6 und SH-5 sind hier ebenfalls aufgestellt.

Riesiges Freigelände mit Transportern und Helikoptern

Transportflugzeuge bekommen im China Aviation Museum selbstverständlich auch ihren gebührenden Platz. Sie stehen östlich der Heldenallee auf einer großen Rasenfläche. Vertreten sind nicht nur bekannte Modelle wie die Iljuschin Il-62 der Fluggesellschaft CAAC und die Curtiss C-47 Commando sondern auch Muster, die man hier nicht vermuten würde, wie eine Convair 240 die vom Central Air Transport (Taiwan) erbeutet und dann von der CAAC benutzt wurde. Antonow ist mit der An-12 „Cub“ und der An-24 „Coke“ ebenso vertreten wie Iljuschin mit der Il-12, der Il-14 und der Il-18. Dazu kommt die Eigenentwicklung Y-11 aus Harbin.

Etwas in der Ecke stehen die Hubschrauber, bei denen sich China einmal mehr lange auf sowjetische Muster und deren Weiterentwicklung abstützte. Erstes Lizenzbaumuster war die Mil Mi-4, die als Z-5 bei Harbin gefertigt wurde. Dort startete 1966 auch die Entwicklung des ersten eigenen Helikopters. Die einmotorige Z-6, die 1969 zum Erstflug abhob, kam aber mangels Leistung über eine Kleinserie nicht hinaus.

Neben den Helikoptern finden sich eine ganze Reihe von mobilen Radarstationen sowie eine umfangreiche Sammlung von Luftabwehrgeschützen und Luftabwehrraketen. Ein typisches Modell hier ist die so genannte HQ-2, die auf Distanzen von bis zu 34 Kilometern auch gegen hoch fliegende Ziele eingesetzt werden konnte.

Wenn man es durchs Freigelände geschafft hat, steht noch die große Ausstellungshalle auf dem Plan. Diese wurde 2009 zum 60. Jahrestag der Gründung der Luftstreitkräfte der Volksbefreiungsarme aufwändig neu gestaltet. Zahlreiche Wandtafeln, die leider nur chinesisch betextet sind, erzählen die Geschichte der Streitkraft wie zum Beispiel den Einsatz im Koreakrieg. Auch die Rolle des Flugzeugs bei der „Befreiung“ Tibets in den 1950er Jahren wird propagandistisch gefärbt erzählt. Die USA kommen als Gegner in den Zeiten des Kalten Kriegs vor, mit einer abgestürzten Aufklärungsdrohne Lockheed D-21 als passende Trophäe.

Dominantes Flugzeug im Hauptraum ist der Bomber Xian H-6, der auch heute noch im Dienst steht. Gleiches gilt für die Jagdbomber JH-7 vom gleichen Herstellerwerk. So schafft die Ausstellung den Übergang zu den aktuellen Entwicklungen wie dem Kampfjet J-10 von Chengdu. Dieser ist in Form des ersten Prototyps „1001“ präsent, der Mitte der 1990er Jahre erstmals flog. Selbst die J-11, eine nicht genehmigte Kopie der Su-27, die im letzten Jahrzehnt in Shenyang entstand, ist bereits zu sehen. So deckt das China Aviation Museum die Geschichte der Luftstreitkräfte des Landes in einer beeindruckend kompletten Form ab.

Fluggeräte

Aero L-29
Antonow An-12, An-24
Berijew Be-6P
Canadair CL-13B Sabre
Chengdu J-7, JJ-5
Convair 240
Curtiss C-46A, P-40E
de Havilland Canada DHC-2 Beaver
Douglas DC-3, DC-8-21
Harbin H-5, HJ-5, SH-5, Y-11, Z-5
Hawker Siddeley HS.121 Trident
Iljuschin Il-2, Il-10, Il-12, Il-14,
Il-18, Il-62
Jakowlew Jak-11, Jak-17, Jak-18;
Kawasaki Ki-48
Lawotschkin La-9, La-11
Lisunow Li-2
Mikojan MiG-9, MiG-15, MiG-17,
MiG-19, MiG-21, MiG-23
Mil Mi-4, Mi-6, Mi-8, Mi-24
Nanchang CJ-5, CJ-6, J-12, Q-5, Y-5
North American P-51K
Polikarpow I-16 Ishak
Shenyang J-5, J-6, J-8, J-10, J-11,
JJ-1, JJ-6
Tachikawa Ki-36
Tupolew Tu-2, Tu-4, Tu-124
Vickers Viscount 843
Xian H-6, JH-7
u.v.m.

Klassiker der Luftfahrt Ausgabe 02/2013