Allein aus Deutschland nehmen mehr als 60 Flugzeuge und Hubschrauber an der Übung teil. "In dem Ausmaß hat es so eine Übung tatsächlich noch nie gegeben", sagt Generalleutnant Günter Katz vom Luftwaffentruppenkommando. Die Besonderheit von Air Defender 23 ist, dass diesmal auch die Verlegung von großen Luftverbänden innerhalb kürzester Zeit geübt wird. "Wir werden mehr als 100 Flugzeuge aus Amerika haben, die über den Atlantik kommen, die wir aufnehmen werden, die wir logistisch versorgen werden und die dann entsprechend in die Übung eingebettet werden", so Katz.
Geübt wird in drei Lufträumen über Deutschland: Der eine zieht sich von der Ostseeküste hinunter durch Ostdeutschland (Montag bis Freitag 10 bis 14 Uhr), ein zweiter verläuft von Bayern bis nach Rheinland-Pfalz (13bis 17 Uhr). Der größte Luftraum erstreckt sich von Niedersachsen aus in die Nordsee herein bis hin in den holländischen Luftraum (16 bis 20 Uhr). Hauptbasen für die ausländischen Luftfahrzeuge sind Jagel und Hohn in Schleswig-Holstein, Wunstorf bei Hannover und Lechfeld in Bayern. "Wir üben während Air Defender 23 praktisch jede Einsatzart von Luftstreitkräften", sagte Katz.
Laut Luftwaffe werden in Jagel und Hohn etwa 2000 Soldaten in einem Feldlager untergebracht. Für Jagel werden laut Luftwaffe 8x F-16, 12 x A-10 (US Air Force), 5 x Gripen (Ungarn), 3 x F-16 (Türkei), 4 x Eurofighter (RAF, Großbritannien) erwartet, in Hohn 22 x F-15 (USAF), 4 x F-18 Hornet (Finnland), 1 x Falcon 20 (NATO)
In Wunstorf sind etwa 500 Personen in einer Kaserne unterzubringen. Es werden 6 x C-130, 2 x C-17, 2 x KC-46 (US Air Force), 1 x C-27 (Rumänien) wrwartet.
Lechfeld wiederum düfte etwa 340 Personen in einer Kaserne unterbringen. 6 x A- 10 + weitere Flugzeuge wie griechische F-16 werden erwartet. Darüber hinaus nutzen die Amerikaner ihre Basis Spangdahlem.
Belastungen für die zivile Luftfahrt und für die Bevölkerung sollen so weit wie möglich vermieden werden, so Generalleutnant Katz. Schließlich fällt die Übung in den Beginn der Ferienzeit. "Wir haben seit Monaten ganz eng mit der deutschen Flugsicherung, mit Eurocontrol und allen Partnern zusammengesessen. Wir haben aktiv kommuniziert, was wir vorhaben, und gemeinsam überlegt, wie wir die Einschränkungen für die Bevölkerung reduzieren können", erklärte Katz.
Laut DFS (Deutsche Flugsicherung) werden zivile Flüge, wo erforderlich, umgeleitet und erhalten feste Startzeitfenster. Übersteigt die geplante Anzahl an Flügen die aus Flugsicherungsgründen akzeptable Kapazität, können Verspätungen entstehen.
Simulationen der europäischen Flugsicherungsagentur Eurocontrol lassen erwarten, dass mit Flugannullierungen im Vorfeld nicht zu rechnen ist. Flugverspätungen sowie verlängerte Flugzeiten dagegen werden unausweichlich sein (Simulationen ergaben wohl im schlimmsten aller Fälle eine aufsummierte Verspätung an einem Tag von bis zu 50000 Minuten). Dies liegt an der zu erwartenden Dynamik dieser bislang einzigartigen Großübung und der ohnehin vorhandenen Komplexität des Systems.
Die DFS wird im Zeitraum der Übung ihr Personal in "außergewöhnlichem Umfang aufstocken", heißt es. Fluggesellschaften und Flughäfen wurden schon früh mit allen relevanten Informationen versorgt. Sie haben ihrerseits operative Planungen beziehungsweise Bodenprozesse so weit wie möglich auf diese Situation angepasst.
Die Planungen für Air Defender 23 haben schon vor rund fünf Jahren begonnen. "Die Entscheidung ist bereits 2018 getroffen worden und hat tatsächlich mit dem Russland-Ukraine-Krieg nichts zu tun." Aber natürlich wolle die NATO zeigen, dass sie verteidigungsfähig und abwehrbereit sei, so Katz.
Air Defender 2023 soll "die entschlossene alliierte Luftmacht demonstrieren. Gemeinsam mit den USA und unseren Verbündeten in Europa wird die Luftwaffe ein unübersehbares und starkes Signal der glaubwürdigen Abschreckung im Luftraum setzen", sagte Luftwaffen-Inspekteur Generalleutnant Ingo Gerhartz.