Die türkische Luftwaffe hat alles aufgefahren, was sie hat: F-16C und D aus mehreren Geschwadern, Boeing E-7T zur Luftraumüberwachung, KC-135-Tanker, Drohnen – und sogar die altehrwürdige F-4E Phantom II. Die Schlachtrösser aus Eskişehir sind bei der Übung Anatolian Eagle 2023 auf dem Stützpunkt Konya gleich vierfach vertreten. Offiziell fliegen sie bei den Trainings in der Jagdbomberrolle, doch vor allem gelten die Phantoms als absolute Publikumslieblinge. Ins aktive Geschehen greifen sie daher vor allem ein, wenn Publikum vor Ort ist – also an Medien- und Spottertagen. Dann öffnet sich der sonst verschlossene Militärteil des internationalen Flughafens von Konya auf magische Weise für zivile Gäste. Und für die sind die alten "Eisenschweine" natürlich ein Hauptgrund, zu kommen.
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"Red Flag" als Vorbild
Seit nunmehr 22 Jahren hält die türkische Luftwaffe in Konya, rund 200 Kilometer südlich der Hauptstadt Ankara, ihr großes Militärmanöver ab – teils auch mehrfach im Jahr. Inspiriert von der NATO-Übung Red Flag am US-Fliegerhorst Nellis in Nevada, bietet Anatolian Eagle mit einem vielfältigen, rund 130.000 Quadratkilometer großen Übungsraum beste Bedingungen für die teilnehmenden Kampfpiloten, um ihr Können in realitätsnahen Szenarien auf die Probe zu stellen. Das Trainingsgebiet umfasst Flughöhen bis 50.000 Fuß (15.240) Meter, erstreckt sich bis weit über das Mittelmeer hinaus und lässt somit jede Menge Spielraum für Missionen aller Art. Klar, dass davon längst auch ausländische Gäste angezogen werden. So schickten in diesem Jahr die Luftstreitkräfte Aserbaidschans, Großbritanniens, Katars, Pakistans und der Vereinigten Arabischen Emirate Kampfjets nach Konya.

"Blauland" gegen "Rotland"
Die internationale Phalanx, vereint im fiktiven "Blauland", bekommt es bei Anatolian Eagle mit einer Abordnung der Hausherren zu tun: die 132 Filo aus Konya stellt mit ihren F-16 traditionell den Widerpart der Veranstaltung und verkörpert als Aggressorstaffel die Luftstreitkräfte des gegnerischen "Rotlands". In dieser Rolle müssen die "roten" F-16 im Verbund mit simulierten Luftabwehrstellungen Angriffe des "blauen" Teams abwehren – und das im Regelfall zweimal am Tag. Dabei geht es um Luftkampf ebenso wie um Luftnahunterstützung und Luft-Boden-Angriffe – die Paradedisziplin der wohl exotischsten Teilnehmer bei der diesjährigen Auflage: Aserbaidschan hat – wie schon im Vorjahr – zwei Suchoi Su-25 nach Konya entsandt, eine dritte Maschine fungiert als Backup. Außerdem fliegen britische sowie katarische Eurofighter im blauen Team mit. Ansonsten dominieren F-16 diverser Ausbaustufen die Szenerie: neben insgesamt knapp drei Dutzend türkischen Exemplaren finden sich darunter namentlich Block 52-Jets aus Pakistan und F-16E Block 60 aus den Emiraten.

"Özgür" als Aggressor
Die interessanteste F-16 auf dem Platz trägt die türkische Flagge am Heck – hebt sich mit ihrem grauen Pixeltarnkleid aber auffallend vom Rest der anatolischen Fighting Falcons ab. Die Maschine mit der Hecknummer 87-0019 dient als Testträger für das landeseigene Modernisierungsprogramm "Özgür" (deutsch: frei), mit dessen Hilfe die Türkei ihre Block 30-F-16 dank diverser Upgrades auf einen neuen Top-Standard bringen will. Bei Anatolian Eagle fliegt der "Özgür"-Prototyp in der Riege der Roten mit und lehrt die blauen Angreifer in der Luft das Fürchten.

Airshow-Atmosphäre
Währenddessen lassen am Boden Köfte vom Grill und kalte Getränke zu den Publikumstagen um die Mittagszeit beinahe Airshow-Stimmung aufkommen. Warmes Frühsommerwetter mit Sonne und Wolken im Wechsel leistet sein Übriges – ideale Bedingungen für alle Beteiligten. Und als am Nachmittag auch noch die Turkish Stars und der Solo Türk auftreten, ist das Feeling fast perfekt. Der high speed pass der türkischen F-16 in Ameisenhöhe und gefühlt eine Armlänge vom Publikum entfernt rüttelt endgültig jeden müden Krieger wach. Den Tinnitus im Ohr für den Rest des Tages nimmt man da doch gern in Kauf.