Die diesjährige Auflage von "Cold Response" wurde ein Opfer der Corona-Krise. Die Virus-Pandemie macht auch vor dem Polarkreis nicht Halt, das öffentliche Leben in Norwegen und im Rest Skandinaviens ruht weitestgehend. Als Gastgeber der alle zwei Jahre abgehaltenen NATO-Großübung sahen sich die norwegischen Streitkräfte daher schon vor über einer Woche gezwungen, "Cold Response" vorzeitig abzubrechen und die teilnehmenden Soldaten auf schnellstem Weg nach Hause zu schicken.

Aus Übung wird Einsatz
Damit schlug im Norden Norwegens auch die Stunde der Deutschen Luftwaffe: Die Bundeswehr hatte für "Cold Response" neben Fernspähern und Gebirgsjägern zwei Airbus A400M des LTG 62 aus Wunstorf abkommandiert, die ihre zwischenzeitliche Heimat auf dem Luftwaffenstützpunkt Bodø bezogen und von dort aus unter anderem Tiefflüge durch Norwegens verschneite Fjorde unternahmen. Tage nach dem Abbruch der Übung waren die deutschen A400M die einzigen nennenswerten Transportflieger, die noch vor Ort waren. Es galt allerdings, noch rund 1000 internationale Soldaten aus dem Übungsgebiet, 500 Kilometer von Bodø entfernt, auszufliegen. Norwegens Regierung bat hierfür die Luftwaffe um Hilfe – und die beiden A400M waren fortan im Dauereinsatz.
Fliegen am Limit
Fast pausenlos zerbrachen sich in Bodø die Planungsoffiziere des LTG 62 die Köpfe, koordinierten die Einsatzflüge, kalkulierten Einsatzzeiten und Kapazitätsgrenzen von Flight Crews und Flugzeugen. Alle Handlungen liefen in Absprache mit dem norwegischen Verteidigungsministerium und dem norwegischen Zentrum für Luftoperationen – mit dem Ziel, möglichst viele NATO-Soldaten möglichst schnell und reibungslos nach Hause zu bringen.

100 Soldaten passen pro Flug in jeden der beiden A400M, dazu Ausrüstung und Material. Die zentralen Fragen im Planungsstab von Bodø waren deshalb immer dieselben, wie Oberleutnant Sebastian vom LTG 62 berichtet: "Wo sind die Soldaten, wie viele sind es und wo müssen sie hin?" Unabdingbar dabei auch ein ständiger Blick auf die Wetterlage, denn das arktische Klima Nordnorwegens ist schon unter normalen Einsatzbedingungen alles andere als anspruchslos. Die kleinen Flugplätze, die die A400M im Übungsgebiet ansteuerten, verfügen zudem nur im Ausnahmefall über stationäre Enteisungsanlagen. Ein Großteil der Evakuierungsflüge wurde deshalb als "Engine Running Operation" (ERO) ausgeführt: Die Piloten lassen nach der Landung die Triebwerke laufen, während die Passagiere einsteigen. Am Ende jedes Flugtags mussten die Crews darüber hinaus so lange pausieren, wie sie zuvor geflogen waren. Nach sieben Tagen Flugdienst gab es 36 Stunden Extrapause, bevor die A400M am 18.März von Bodø aus wieder in die Luft stiegen: Aus Lakselv an der norwegisch-russischen Grenze mussten deutsche Fernspäher ausgeflogen werden. Tags darauf konnte die Luftwaffe den 1000. Cold Response-Passagier an Bord willkommen heißen.
"Tusen Takk!" – "Tausend Dank!"
Für die gastgebenden Norweger sind die deutschen A400M-Crews in der aktuellen Lage Gold wert. Oberstlöytnant Eystein Skaugvoll vom norwegischen Verteidigungsministerium brachte seine Dankbarkeit in beinahe überschwänglichen Worten zum Ausdruck: "Tausend Dank für eure Hilfe! Wir sind so froh, dass ihr hier seid und uns in dieser Situation helft. Ich finde heraus woher ihr kommt – dann gibt’s Geschenke!"