Diese Überraschung ist der algerischen Luftwaffe gelungen: Zumindest außerhalb Algeriens dürfte kaum jemand geahnt haben, dass das Land noch immer – oder wieder? – über flugbereite MiG-25 verfügt. Eigentlich hatten die Nordafrikaner ihre letzten "Foxbats", so der NATO-Codename für die MiG-25, Ende 2022 außer Dienst gestellt. Am 1. November rieben sich Beobachter der Militärparade zum 70. Jahrestag des algerischen Aufstands gegen die französischen Besatzer daher verwundert die Augen: Am Horizont tauchten plötzlich die Silhouetten von gleich zwei MiG-25 auf, um Sekunden später im Duett über die mit Veteranen und Politprominenz gespickte Ehrentribüne hinweg zu donnern.
Die Stars der Luftparade
Der algerische Live-Kommentator kündigte die beiden wuchtigen Sowjet-Geschosse namentlich als Vorhut an, die "der Präsidentenmaschine den Weg bahnen" sollte. Tatsächlich folgte kurz darauf der Airbus A340-500 der algerischen Regierung, umringt von vier MiG-29 als Begleitschutz. Weitere markante Teilnehmer der Luftparade waren diverse Suchoi Su-24 und Su-30, außerdem Iljuschin Il-76 und Il-78 sowie – als weitere westliche Flugzeugmuster – mehrere Lockheed C-130 Hercules. Aus der Hubschrauberfraktion blieben besonders die riesige Mil Mi-26 und diverse Mi-8 im Gedächtnis hängen.

Die Silhouette der MiG-25 mit den riesigen Lufteinlässen für die beiden Tumanski R-15-Triebwerke stach bei der Parade heraus.
"Machen Sie einen MiG-25-Spottertag!"
Für Luftfahrtbegeisterte aber hinterließ selbstredend das MiG-25-Duo den prägendsten Eindruck. Tony Osborne, Jorunalist beim britischen Magazin Aviation Week, schrieb begeistert auf X: "Wow, Algerien hat ein paar seiner MiG-25 Foxbat wieder in die Luft gebracht, um die Revolution vom 1. November zu feiern. Man dachte, sie seien ausgemustert worden, sie waren die letzten einsatzfähigen MiG-25 der Welt. Algerisches Verteidigungsministerium, bitte veranstalten Sie einen MiG-25-Spotter-Tag!" Ein weiterer X-Kanal feierte die Präsenz der MiG-25 als "kraftvolle Hommage an die Widerstandsfähigkeit und den Nationalstolz" Algeriens.
Die letzten MiG-25
Algerien war mit bis zu 48 MiG-25 einer der größten ausländischen Betreiber der in der UdSSR in knapp 1.200 Exemplaren gebauten "Foxbat". Die ersten 20 Maschinen stießen ab 1978 zur algerischen Luftwaffe. Die algerischen MiGs wurden in den 90er-Jahren modernisiert und erhielten neue Avionik und Sensoren, zeichneten sich jedoch durch anhaltend hohe Betriebskosten aus. In Afrika zählten außerdem Ägypten und Libyen zu den Nutzern der MiG-25. Libyen unternahm 2018 Anstrengungen, einzelne seiner bis dato nicht mehr einsatzbereiten MiG-25 wiederzubeleben, mutmaßlich jedoch ohne nachhaltigen Erfolg. Im Nahen Osten vermuteten einige Analysten überdies weitere zwei aktive MiG-25 in den Reihen der syrischen Luftwaffe. Über aktive Einsätze ist in den vergangenen Jahren jedoch nichts bekannt geworden, sodass die algerischen "Foxbats" bei ihrer Ausmusterung 2022 tatsächlich als die letzten ihrer Art galten. Als designiertes Nachfolgemuster wird seit Jahren die Su-57 gehandelt, doch über etwaige Lieferpläne ist weiter nichts Konkretes bekannt.
Inoffiziellen Angaben zufolge soll Algerien tatsächlich eine ungenannte Zahl MiG-25RBV weiter (oder wieder) im Betrieb haben, die vom Stützpunkt Ain Oussera aus für Aufklärung und elektronische Kampfführung eingesetzt werden. Bei einem Tag der offenen Tür im Januar 2024 auf dem Fliegerhost Laghouat war zumindest eine MiG-25 in der statischen Ausstellung zu sehen.
Mach-3-Monster "Foxbat"
Im Kurvenkampf behäbig und alles andere als wendig, trumpfte die MiG-25, die 1964 erstmals abhob, vor allem mit ihrer enormen Geschwindigkeit auf. Ziel des Entwurfs war es, einen Abfangjäger zu erschaffen, der es sowohl mit den Überschallbombern der US Air Force à la Convair B-58 als auch mit der XB-70 sowie der ebenfalls Mach 3 schnellen Lockheed A-12 aufnehmen konnte. Das Profil hierfür war klar definiert: Höhentauglichkeit bis 25 Kilometer und jede Menge Schub. Den erhielt die MiG-25 von ihren zwei Tumanski R15B-300, die dem wuchtigen Flugzeug Geschwindigkeiten jenseits der 3.000 km/h ermöglichten. Die im Einsatz zulässige Höchstgeschwindigkeit der MiG-25 betrug Mach 2.83, um die Triebwerke zu schonen. Allerdings war sie technisch zu Geschwindigkeiten bis Mach 3.2 in der Lage.