Europas letzten Su-22 Fitter geht es an den Kragen: Showdown in Polen

Sowjet-Jagdbomber im NATO-Dienst
Die letzten Einsatztage für Polens Su-22 Fitter

Veröffentlicht am 22.07.2025

Wer als angehender Kampfpilot der polnischen Luftwaffe schon als Kind den Traum hegte, einmal die Suchoi Su-22 zu fliegen, schaut seit ein paar Monaten in die Röhre: Niemand wird mehr auf dem sowjetischen "Klappdrachen" geschult, der letzte Kurs für die Su-22 endete im Mai. Die Zahl der Flüge am Fliegerhorst Mirosławiec, wo die Suchois der Polen aktuell und bis zum Ende ihrer Dienstzeit zu Hause sind, hat sich seither merklich verringert. Derzeit finden nur noch operative Einsätze und Trainingsflüge "zur Aufrechterhaltung der Personalgewohnheiten" statt, wie es im polnischen Militärjargon heißt. Es ist das nächste Kapitel eines langen Abschieds, der im vergangenen Jahr mit der letzten Depotwartung einer Su-22 im Flugzeugwerk WZL-2 seinen Anfang nahm – und der am 11. September planmäßig mit dem letzten regulären Flug einer Suchoi Su-22 Fitter in Europa seinen Endpunkt finden soll.

Etwa ein Dutzend Exemplare des sowjetischen Jagdbombers, der bei der polnischen Luftwaffe seit 1984 fliegt, sind derzeit in Mirosławiec noch flugbereit. Einst waren es bis zu 110 Maschinen – 90 Su-22M-4 (Einsitzer) und 20 Su-22UM-3K (Doppelsitzer).

Die Su-22 – ein fliegendes Sofa

Für die Piloten, die die Su-22 fliegen, und für die Techniker am Boden, ist die "Suczki" mehr als nur ein alltägliches Arbeitsgerät. "Ich kann nicht objektiv über dieses Flugzeug sprechen", gesteht Oberst Roman Stefaniak, Kommodore des letzten Fitter-Geschwaders, das formell der 21. Luftwaffenbasis in Swidwin zugeordnet ist, wo gerade jedoch Umbauarbeiten für die Ankunft der ersten F-35A von Lockheed Martin laufen. 31 Jahre lang saß Stefaniak im Cockpit der Su-22 – im September wird er zusammen mit "seinem Flugzeug" in den Ruhestand gehen. "Ich trage dieses Flugzeug als Tattoo auf meiner Haut, also kommt eine vollständige Trennung nicht infrage", so der Kommandeur gegenüber dem polnischen Magazin DlaPilota. "Aber natürlich werde ich die Su-22 vermissen."

Wie viele andere polnische Fitter-Piloten schloss Oberst Stefaniak nach der Grundausbildung auf dem Jet-Trainer TS-11 Iskra den großen, wuchtigen Jagdbomber trotz aller Eigenheiten schnell ins Herz. "Die Su-22 ist das perfekte Gegenmittel gegen die Unannehmlichkeiten des Militärdienstes", sagt er. Dennoch lehre das Muster auch Demut und könne einem in der Luft das Leben schwer machen: "Erst nach 300 oder 400 Flugstunden fühlt man sich sicher." Dafür biete die Fitter für Piloten jede Menge Platz und ein ergonomisches Cockpit: "Wer aus der Iskra ausgestiegen ist, hatte das Gefühl, in der Su-22 auf einem bequemen Sofa zu sitzen", scherzt der Kommodore. Ein anderer von DlaPilota befragter Ex-Pilot gibt zu Protokoll, die Su-22 sei schlichtweg "das Flugzeug meines Lebens."

F-35A in der Pipeline

Dass – abseits aller Emotionen – die Zeit auch für einen Kult-Kampfjet wie die Su-22 nicht stehenbleibt, ist den Polen jedoch ebenfalls bewusst. "Der König ist tot, es lebe der König", gibt Oberst Stefaniak gegenüber DlaPilota die Losung aus. "Wir müssen uns auf Neues vorbereiten, insbesondere auf die Ankunft der F-35." Das bedeute für ihn vor allem, die Modernisierung des Stützpunkts in Swidwin wie geplant voranzutreiben. "Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, werde auch ich mich erfüllt fühlen und der Uniform Lebewohl sagen", so Stefaniak.

Noch aber sind der Kommandeur und seine Kameraden auch mit der Gegenwart ihres Su-22-Arbeitsalltags beschäftigt – und der dreht sich perspektivisch vor allem darum, der altgedienten "Suczki" einen würdigen Abschied zu bereiten. Am 30. und 31. August wird die Su-22 bei der Airshow in Radom ihren finalen öffentlichen Auftritt geben und es dabei – wie schon vor zwei Jahren an selber Stätte – buchstäblich noch einmal richtig krachen lassen. Am Mittwoch, dem 10. September, lädt der Fliegerhorst Mirosławiec Medienvertreter und Fotografen schließlich zu einem allerletzten Showdown ein – bevor dann am Tag danach die Karriere der Su-22 in Europa ein für alle Mal zu Ende gehen wird.

Die letzten Suchoi Su-22 in Polen in Aktion auf dem Fliegerhorst Miroslawiec.
Patrick Zwerger

Endstation Museum?

Was danach mit den derzeit noch aktiven Flugzeugen geschieht, ist noch nicht klar. Das polnische Armeemuseum in Warschau und die Militärtechnische Universität sollen jeweils eine Fitter erhalten, heißt es. Die Zukunft der restlichen Maschinen liegt in den Händen der polnischen Agentur für Militäreigentum, in deren Eigentum die verbleibenden Su-22 zum Ende des Jahres übergehen werden.